Hamburg. Anwälte der Bankeigner erheben Vorwürfe gegen die Kölner Oberstaatsanwältin. Ausschuss erörtert Spenden an Hamburger SPD.

Die Anwälte der Miteigentümer der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank haben strafrechtliche Ermittlungen gegen die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker ins Spiel gebracht.

"Es wird (...) angeregt zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer falschen uneidlichen Aussage (...) gegeben sind", soweit Brorhilker als Zeugin im Ausschuss erklärt habe, dass sie mit dem damals ermittelnden Kölner Oberstaatsanwalt Alexander Fuchs nicht über die Beweislage im Fall der Warburg Bank gesprochen und es auch keine Meinungsverschiedenheiten gegeben habe, sagte der Anwalt Thomas Fischer am Freitag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft im Namen der Miteigentümer der Bank, Max Warburg und Christian Olearius.

Cum-Ex: Warburg-Anwälte werfen Staatsanwältin mögliche Falschaussage vor

Fuchs hatte Anfang März im Ausschuss als Zeuge erklärt, dass er die Entscheidung der Hamburger Finanzbehörde nachvollziehen könne, 2016 auf eine Steuerrückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank verzichtet zu haben. Er sei mit der Entscheidung damals "absolut d'accord" gewesen. Es hätten zwar bereits zahlreiche Indizien vorgelegen für "Cum-Ex"-Gestaltungen, von denen er schon damals überzeugt gewesen sei, dass sie strafbar seien. Das Verfahren gegen die Bank sei aber noch nicht ausermittelt gewesen.

Diese Aussage steht in klarem Widerspruch zu der von Brorhilker Anfang Dezember 2021. Sie hatte die Ermittlungen gegen die Warburg Bank im Dezember 2017 von Fuchs übernommen und das Verjährenlassen der Steuerrückforderung als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Aus ihrer Sicht wäre schon 2016 eine Rückforderung möglich gewesen, hatte sie bei ihrer Vernehmung vor dem PUA im Dezember gesagt. Und „2017 war die Beweislage noch viel besser“.

„Beide Aussagen sind unvereinbar“, sagte Fischer. Da Fuchs' Aussage durch eine weitere Zeugin sowie durch Gesprächsvermerke bestätigt werde, „spricht alles dafür, dass diese Aussage zutreffend, die Aussage Brorhilker falsch war“, sagte Fischer. Er unterstelle Brorhilker zudem, dass sie „die Sachbearbeitung aus dem Blickwinkel von persönlicher Ambition und Eiferertum betrachtet“. Ihr Verhalten könne nur als manipulative Einflussnahme auf das steuerrechtliche Verfahren bezeichnet werden.

Cum-Ex: Parteispenden der Warburg Bank rücken in den Fokus

Der Ausschuss will den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen des damaligen Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz mit den Mitinhabern der Bank in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung.

Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert. Scholz hatte die Treffen im Ausschuss eingeräumt, aber angegeben, sich an den Inhalt der Gespräche nicht erinnern zu können. Eine Einflussnahme auf das Steuerverfahren schloss er jedoch aus.

Ins Zentrum des Interesses des Untersuchungsausschusses rückten am Freitag auch Spenden der Bank und ihr verbundener Unternehmen. Die SPD hatte 2017 insgesamt 45.500 Euro angenommen, obwohl gegen das Kreditinstitut zu dieser Zeit bereits ermittelt wurde. 7500 Euro der Bank gingen an die SPD-Landesorganisation, 38.000 Euro flossen an den SPD-Kreis Mitte des früheren Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der auch Kontakte zu Olearius pflegte. Spender waren die Beteiligungsgesellschaften Atalanta und Vigor sowie die Setubal Vermögensverwaltungsgesellschaft.

SPD wusste angeblich nicht, dass Spender zur Warburg Bank gehörten

SPD-Schatzmeister Christian Bernzen sagte im Ausschuss, er habe erst Jahre später – im Frühjahr 2020 – erfahren, dass die spendenden Gesellschaften zur Warburg Bank gehörten. Das habe ein Adressabgleich ergeben, auf den ihn die SPD-Zentrale in Berlin hingewiesen habe. Generell gelte bei der SPD Hamburg, dass von Rüstungsunternehmen sowie von Personen oder Organisationen aus dem Umfeld von Senatoren, Staatsräten oder sonstigen Regierungsverantwortlichen keine Spenden angenommen werden dürfen.

Die Entscheidung über die Annahme einer Spende obliege jenen Gliederungen innerhalb der SPD, an die die Spende gehen soll, sagte Bernzen. Spenden über 2000 Euro müssten jedoch der Landesorganisation gemeldet werden. Dort prüfe sie der geschäftsführende Landesvorstand und gebe am Ende eine politische Empfehlung über die Annahme der Spenden ab. Diese sei zwar juristisch nicht bindend, werde seines Wissens aber immer befolgt, sagte Bernzen.

Unklar blieb, woher die SPD gewusst haben will, dass die Spenden in Ordnung gingen, wo ihr doch nicht einmal bekannt war, dass die Spender zur Warburg Bank gehörten. Auch machte offensichtlich niemanden in der SPD der Umstand stutzig, dass der SPD-Kreis Hamburg Mitte enorm viele Spendengelder erhielt, wie der Linken-Abgeordnete David Stoop anmerkte. Laut einem Bericht des Recherchezentrums Correctiv erhielt die SPD Hamburg-Mitte zwischen 2016 und 2019 insgesamt gut 640.000 Euro an Spenden. Das sei die mit Abstand höchste Summe unter bundesweit 850 befragten Kreisverbänden.