Hamburg. Meinungsforscher sehen SPD in Umfragen vorn. Der Unionskanzlerkandidat übt Kritik an eigener Wahlkampagne. Die Hintergründe.

Eine Woche vor der Bundestagswahl sehen alle relevanten Meinungsforschungsinstitute die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz in ihren Umfragen vorn, in der Spitze mit bis zu 26 Prozent und sechs Prozentpunkten Vorsprung auf die CDU/CSU. Mitte Juli hatte die Union noch Werte, die doppelt so hoch waren wie die der Sozialdemokraten, das Verhältnis lag zum Beispiel in Umfragen von Forsa bei 30 zu 15 Prozent.

Offensichtlich hat die CDU/CSU in der Zeit dazwischen Fehler gemacht, die zu diesem dramatischen Absturz geführt haben: „Da kommt eine Menge zusammen, auch Fehler in der Wahlkampagne“, sagte Spitzenkandidat Armin Laschet auf dem Europaabend des AGA in Hamburg, der seit Freitag als Video im Internet zu sehen ist.

Armin Laschet kritisiert eigene Auftritte

Laschet weiter: „Meine Auftritte waren auch nicht nur glücklich in dieser Zeit.“ Damit dürfte er unter anderem seinen Lacher gemeint haben, während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu den Opfern der Flutkatastrophe in Erftstadt sprach.

Aber Laschet geht in seiner Analyse des für die CDU/CSU unglücklich verlaufenden Wahlkampfs noch weiter. Normalerweise würde man den anderthalb Jahre lang vorbereiten, das sei seiner Partei angesichts der Corona-Pandemie und der Suche nach einem neuen Vorsitzenden nicht möglich gewesen. „Wir hatten bis Januar dieses Jahres nicht einmal eine Führung. Dann musste der Kanzlerkandidat gefunden werden, was auch nicht ein ganz so flüssiger Prozess war“, sagte Laschet zu seinem internen Duell mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder.

Laschet setzte den Wahlkampf im Juni aus

Außerdem habe er im Juli den Wahlkampf aussetzen müssen: „Ich konnte nicht im Schwarzwald einen Waldwipfelpfad besuchen und in Heidelberg das Schloss, wenn in Nordrhein-Westfalen die Menschen vor dem Nichts stehen. Also musste der Wahlkampf zurückstehen. Das waren Momente, die nicht einfach waren.“

Christian Lindner, Vorsitzender der FDP, sieht noch andere Gründe für die schlechte Entwicklung der CDU/CSU: Er sei sehr überrascht über deren „inhaltliche Unschärfe“ gewesen, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Außerdem würde die Partei von Armin Laschet die Wirkung von Plakaten im Wahlkampf unterschätzen: „Die CDU/CSU hat immer etwas ältliche Plakate. Wenn man eher auf eine Ästhetik der 90er-Jahre setzt, geht es um das Bewahren und die Ansprache beziehungsweise Mobilisierung der Kernwähler, da würde mir die Union wahrscheinlich nicht widersprechen.“

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Armin Lascht findet eigene Wahlplakate „supercool“

Was die Qualität der eigenen Plakate angeht, macht Laschet das schon: „Ich finde unsere Plakate nicht mittelmäßig, ich finde die supercool.“

Auf die Frage, ob 16 Jahre Angela Merkel als Bundeskanzlerin der CDU am Ende nicht auch geschadet hätten, sagte Laschet: „Bin ich nicht sicher.“ Lindner hat dazu eine andere Meinung: „Vielleicht sind 16 Jahre einfach zu viel, wir sollten dazu übergehen, die Legislaturperiode des Bundestags auf fünf Jahre zu verlängern, und den Kanzlern nur eine Wiederwahl zu erlauben.“