Hamburg. Der Vorschlag von Hamburgs CDU-Fraktionschef Dennis Thering, vollständig Geimpften von September an zusätzliche Freiheiten zu gewähren, um den Anreiz zur Impfung zu steigern, ist am Sonntag bei anderen Parteien in Hamburg auf Ablehnung gestoßen. Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg sagte auf Abendblatt-Anfrage, doppelt Geimpfte seien schon weitgehend frei von Einschränkungen.
„Im Zuge der Pandemieeindämmung werden jenen, von denen keine Gefährdung mehr ausgeht, in großem Umfang ihre Freiheiten bereits angemessen wieder zugestanden. Niemand bekommt Privilegien, sondern man ist von Einschränkungen weniger betroffen“, sagte Jasberg. Davon abgesehen sei die Impfbereitschaft im Norden noch immer hoch.
Geimpfte könnten Coronavirus noch übertragen
Sie plädierte dafür, weiterhin vorsichtig sein. „Zum Ende der Sommerferien wird nicht mal die Hälfte aller Hamburger*innen einen vollständigen Impfschutz haben; einige warten dann noch auf ihren Termin und andere, vor allem Jüngere, werden noch gar kein Angebot bekommen haben können“, erklärte Jasberg.
„Auch die Ausbreitung unter Geimpften könnte einen Nährboden bieten möglicherweise auch für weitere Varianten, deren Auswirkungen wir noch nicht absehen können.“ Da vollständig Geimpfte nicht als Überträger des Virus ausgeschlossen werden könnten, sei es „weniger eine politische Frage, sondern eine der Solidarität, weiterhin Rücksicht zu nehmen und auf Abstand und Masketragen zu achten“, sagte Jasberg.
Ähnlich äußerte sich der Linken-Abgeordnete Deniz Celik. „Schon heute sind Geimpfte in vielen Bereichen von einem Testnachweis ausgenommen, wenn wir beispielsweise an den Friseurbesuch oder die Gastronomie denken“, sagte Celik.
„Von der Debatte über die Rücknahme von Infektionsschutzmaßnahmen für Geimpfte, wie etwa die Aufhebung der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen, halte ich nichts. Je ausdifferenzierter und unübersichtlicher die Regeln, je mehr bröckelt die Akzeptanz für den Infektionsschutz.“ Das sei nicht hilfreich im Kampf gegen Corona, insbesondere angesichts der Ausbreitung ansteckenderer Virusvarianten.
Sozialsenatorin skeptisch gegenüber Impfanreizen
Auch die AfD-Fraktion lehnt zusätzliche Freiheiten für Geimpfte ab. „Das sollte es nicht geben, denn das führt zwangsläufig zu großem Druck auf gesunde nichtgeimpfte Bürger und somit indirekt zu einer Impfpflicht durch die Hintertür“, sagte der AfD-Abgeordnete Thomas Reich. „Privilegien erwecken den Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in Privilegierte, also Geimpfte, und Benachteiligte, also Nichtgeimpfte. Das ist ungerecht und spaltet die Gesellschaft. Wir fordern die Freiheitsrechte für alle Bürger gleichermaßen.“
CDU-Fraktionschef Thering hatte einen Zeitpunkt von etwa Mitte September für zusätzliche Freiheiten genannt. Auch wenn sich die CDU eine Aufhebung der Maskenpflicht etwa in Diskotheken vorstellen kann, soll an der Vorschrift in Bussen und Bahnen wohl nicht gerüttelt werden. Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hatte sich zuletzt skeptisch gegenüber Impfanreizen wie Gutscheinen, aber grundsätzlich offen dafür gezeigt, dass der Eintritt zu bestimmten Veranstaltungen künftig allein Geimpften vorbehalten sein könnte.
Impfung auch ohne vorherige Anmeldung?
Für ein geteiltes Echo sorgte am Sonntag die Frage, ob angesichts des derzeitigen Überangebots an Impfstoff die Terminvergabe für das Impfzentrum eingestellt und Impfungen ohne vorherige Anmeldung möglich sein sollten. „Impfstoff ist derzeit ausreichend vorhanden – es spricht also nichts dagegen eine Impfung auch ohne vorherige Anmeldung zu ermöglichen“, sagte Thomas Reich von der AfD. „Der Bürokratieaufwand nimmt ab und entlastet das Impfzentrum.“
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Der Linken-Abgeordnete Deniz Celik hält eine Einstellung der Terminvergabe zumindest für „denkbar“. Allerdings: „Zunächst einmal sollte das Vergabesystem so gestaltet werden, dass Personen, die im Zuge einer Kreuzimpfung nur einen Termin für eine Zweitimpfung benötigen, diesen auch problemlos bekommen.“
Mehr dezentrale Impfangebote gefordert
Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg hält es für „begrüßenswert zu prüfen, ob flexiblere Terminplanungen mit vorheriger Absprache am Standort möglich sind, sollte sich die Situation verschlechtern“. Zusätzliche Angebote durch mobile Impfteams in Stadtteilen, in denen bisher ein erhöhtes Infektionsgeschehen dokumentiert wurde und es vergleichsweise wenige Hausärzte gebe, seien „mit Blick auf die Schließung des Impfzentrums eine wichtige Option für die Impfkampagne“, sagte die Grüne.
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Der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator forderte zwar, dass „mehr Anstrengungen unternommen werden, diejenigen zu erreichen, die sich grundsätzlich impfen lassen wollen, es aber bisher noch nicht in Angriff genommen haben“. Dafür seien „mehr niedrigschwellige und dezentrale Impfangebote, auch ohne Terminvereinbarung“ nötig. Die Terminvergabe im Impfzentrum sei aber grundsätzlich sinnvoll, sagte Gladiator.
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