Karin Pfäffle im Gespräch

Stromnetz-Chefin: „Bei den HEW zu sein, das war was“

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Karin Pfäffle ist Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg.

Karin Pfäffle ist Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg.

Foto: Hernandez

Ein Gespräch über die Sicherheit der Stromversorgung, die Liebe der Hamburger zu den HEW und das schwierige Verhältnis zu Vattenfall.

Hamburg. Sie ist die Chefin des vielleicht systemrelevantesten Unternehmens der Stadt: Karin Pfäffle führt die Stromnetz Hamburg, deren Ursprünge bis ins Jahr 1894 zurückgehen, die aber nach dem Volksentscheid 2013 noch mal neu begonnen hat. Bei „Entscheider treffen Haider“ spricht sie über die Sicherheit der Stromversorgung, die Liebe der Hamburger zu den HEW und das schwierige Verhältnis zu Vattenfall – und über Ökostrom.

Das sagt Karin Pfäffle über …

… Hackerangriffe und Bedrohungen für das Hamburger Stromnetz:

„Ein erfolgreicher Hackerangriff wäre für das Stromnetz Hamburgs eine Katastrophe, deshalb sind wir besonders und sehr gut darauf vorbereitet. Während des G-20-Gipfels vor vier Jahren sind die Angriffe von außen auf unser Stromnetz signifikant in die Höhe gestiegen, es gab eigentlich kein Land, aus dem nicht irgendwelche Maschinenattacken versucht wurden. Das war für unsere Sicherheitssysteme eine Bewährungsprobe, die sie mit Bravour bestanden haben. Tatsächlich habe ich noch nie eine Situation erlebt, in der man sich als Hamburgerin oder Hamburger um die Stromversorgung hätte Gedanken machen müssen.“

… den Volksentscheid, bei dem sich eine knappe Mehrheit der Hamburger entschied, dass die Stadt

das Stromnetz von Vattenfall zurückkauft:

„Rückblickend muss ich sagen, dass die Bürgerinnen und Bürger richtig entschieden haben. Daseinsvorsorge und Infrastruktur gehören in die öffentliche Hand. Als der Volksentscheid anstand, war ich noch bei Vattenfall und habe dagegengestimmt. Damals fand ich das richtig, heute sehe ich das anders. Es ist besser, wenn das Stromnetz einer Stadt und nicht einem Konzern im Ausland gehört – allein schon, weil die Entscheidungswege viel kürzer sind. Das Mitein­ander zwischen der Stromnetz Hamburg und ihrer Eigentümerin ist ein völlig anderes, weil wir gleiche Interessen verfolgen. Alles, was wir tun, tun wir für unsere Stadt, und alles was wir erwirtschaften, bleibt in der Stadt.“

… die Liebe der Hamburger zu den HEW und das schwierige Verhältnis zu Vattenfall:

„Ich habe für beide Unternehmen gearbeitet. Als Hamburgerin habe ich mich zunächst ganz bewusst für einen Job bei den HEW entschieden, weil ich etwas in Hamburg für Hamburg machen wollte. Ich war ganz kurz HEWistin und habe gelernt, wie stolz alle waren, die für die Firma arbeiten durften. Bei den HEW zu sein, das war was. Dann wurden wir Vattenfaller, was für viele Kolleginnen und Kollegen ein schwerer Wechsel war.

HEW war Heimat, man hat sich mit dem Unternehmen verbunden gefühlt und es geliebt. In der Vattenfallzeit wurde das anders, weil man nicht mehr den engen regionalen Bezug hatte und die Entscheider kaum noch kannte. Das diente nicht der Identifikation und Loyalität. Ich weiß von Außendienstmitarbeitern, die mit dem Vattenfall-Logo auf ihrer Dienstkleidung nicht zum Bäcker gehen mochten, weil der Konzern zeitweise eine schlechte Reputation hatte.

Aus heutiger Sicht war es sicherlich ein Fehler, sowohl nach außen Richtung Kunden und Kundinnen als auch nach innen Richtung Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Wucht und Rücksichtslosigkeit die Marke HEW durch die Marke Vattenfall zu ersetzen. So etwas kann man nicht schnell machen, da muss man die Belegschaft in einem längeren Prozess mitnehmen und immer bedenken, dass die Bindung zu einem Arbeitgeber sehr emotional ist. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass es damals nicht schwieriger war, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Vattenfall zu finden – dafür hat der Konzern zu gut bezahlt. Und viele, gerade junge Menschen fanden es auch interessant, in einem großen internationalen Unternehmen mit seinen Karrieremöglichkeiten tätig zu sein. Insofern war Vattenfall auch ein attraktiver Arbeitgeber, mit Möglichkeiten, die weit über Hamburg hinausgingen und -gehen.“

… die Frage, ob man nicht nur Ökostrom durch das Stromnetz fließen lassen könnte:

„Das ist eine demokratische Frage. Der Verbraucher kann das regeln, er ist ja frei in seiner Entscheidung, sich für einen grünen Stromversorger zu entscheiden, die Stadt macht das ja zum Beispiel so. Je mehr Hamburgerinnen und Hamburger sich für Ökostrom entscheiden, umso mehr erneuerbare Energien fließen durch das Stromnetz. Wir als Unternehmen müssen uns diskriminierungsfrei verhalten und allen Stromanbietern zur Verfügung stehen, ganz gleich, aus welcher Quelle sie ihren Strom haben.“

… ihr Motto „trau, schau, wem“:

„Trau, schau, wem zahlt auf einen Charakterzug von mir ein: Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, unendlich emotional. Ich liebe Menschen, und gebe auch im Job zentnerweise Herzblut hinein. Es geht mir immer um die Menschen, um was auch sonst? Als Chefin muss ich mir aber bewusst sein, dass ich dieses „Gefühl“ wahrscheinlich nicht gleichermaßen zurückbekomme. Deshalb hat mir einer meiner ehemaligen Chefs geraten, darauf zu achten, wen ich beglücke, weil ich sonst schnell enttäuscht werden könnte. Trau, schau, wem ist für mich deshalb auch eine Art Schutzmechanismus. Und übrigens: Weil es mir vor allem auf die Menschen ankommt, ist mir wichtig, dass das Unternehmen läuft und die Zahlen stimmen. Denn nur wenn es der Firma gut geht, kann es auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut gehen.“

… mobiles Arbeiten:

„Wir haben unsere Kolleginnen und Kollegen im letzten Jahr befragt, wie sie arbeiten möchten. Dabei ist herausgekommen, dass die große Mehrheit gern zwei bis drei Tage von zu Hause oder mobil arbeiten möchte, gleichzeitig den Kontakt zu den anderen aber nicht verlieren will. Ich glaube, dass eine moderne Arbeitswelt genau so aussehen wird. Es geht ja nicht darum, was ich für richtig halte. Es geht darum, was die Beschäftigten sich wünschen, und darum, was auch gesetzlich umsetzbar ist. Entsprechend werden wir die Regeln für das mobile Arbeiten neu mit dem Betriebsrat verhandeln. Und dabei möchte ich groß denken, den rund 1400 Kolleginnen und Kollegen ein möglichst breites Angebot machen und insgesamt ein System schaffen, das sehr flexibel ist.“

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