Hamburg. Behörde prüft Hintergründe von Ausbruch in Schule auf der Veddel mit 94 Infizierten. Poliklinik: „Ärmere Menschen haben höheres Risiko.“

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am Mittwoch für deutlich mehr Corona-Tests an den Schulen plädiert.

Hamburgs Schulsenator für mehr Corona-Tests an Schulen

„Ich würde mir sehr wünschen, dass wir zur Absicherung des Schulbetriebes die Testungen deutlich ausweiten, allerdings stehen dafür zurzeit noch nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung“, sagte Rabe dem Abendblatt. „Hier hoffe ich sehr auf den medizinischen Fortschritt und mehr Rückenwind von der Bundesregierung.“

Die für die Schulen zuständige Kultusministerkonferenz (KMK) habe Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hamburg beauftragt, für das Treffen am Mittwoch einen Entwurf für künftige Regeln des Schulbetriebes vorzulegen, so Rabe. „Dieser Entwurf wurde am Freitag zwischen allen Kultusministern diskutiert. Hamburg hat sich in dieser Diskussion vor allem für sehr klare und transparente Regeln eingesetzt.“

Antigen-Schnelltests zur Aufdeckung von Infektionsketten

In der hier von Hamburg federführend mit erarbeiteten Beschlussvorlage der Länder heißt es dazu: „Zur Aufdeckung von Infektionsketten sollen in den Schulen verstärkt Antigen-Schnelltests eingesetzt werden (Reihentestungen).“ Diese sollen auch zur Verkürzung der Quarantäne eingesetzt werden.

„Nach der Positivtestung eines Schülers erfolgt eine sofortige Quarantäne aller Klassenmitglieder zu Hause für zunächst fünf Tage ab dem Diagnosetag des Indexfalls“, so der letzte Stand des vorbereiteten Beschlusstextes.

„Nach fünf Tagen Verdachtsquarantäne erfolgt eine Entscheidungstestung per Antigen-Schnelltest, nach deren Ergebnis die negativ getesteten Schüler wieder zum Unterricht zugelassen werden. Der Unterricht der Klasse kann also ab Tag fünf fortgesetzt werden.“ Da dazu auch das Wochenende zähle, könne die Quarantäne in manchen Fällen sogar auf nur drei Schultage verkürzt werden.

47 Corona-Neuinfektionen an 43 Hamburger Schulen

Die Schulbehörde meldete am Dienstag 47 Neuinfektionen an 43 Schulen. Betroffen waren 40 Schülerinnen und Schüler und sieben Schulbeschäftigte. An der Beruflichen Schule Burgstraße (BS 12) und der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik Fröbelseminar (BS 30) und der Stadtteilschule Bramfeld habe es je zwei betroffene Schüler gegeben, so die Behörde.

Es seien für vier Klassen Quarantänemaßnahmen veranlasst. Insgesamt lägen aktuell 481 Corona-Infektionen von Menschen aus dem schulischen Kontext an 173 Schulen vor, sagte Schulbehördensprecher Peter Albrecht. Betroffen seien 407 Schülerinnen und Schüler sowie 74 Schulbeschäftigte. Aktuell befänden sich 101 der insgesamt rund 9500 Hamburger Schulkassen in Quarantäne, außerdem 268 Schulbeschäftigte.

Seit Schuljahresbeginn seien der Behörde 2554 Infektionen von den Schulen gemeldet worden, allein 2019 davon seit Ende der Herbstferien Mitte Oktober.

Veddel: Grund für Ausbruch an Schule unklar

Nach wie vor unklar sind die Hintergründe des Corona-Ausbruchs an der Schule auf der Veddel, bei dem es zu 94 Infektionen kam und wo sich 32 der 74 Lehrer ansteckten. Die Schulbehörde führe „jetzt zügig Gespräche mit dem zuständigen Gesundheitsamt Hamburg-Mitte und weiteren Stellen, um den Sachverhalt wirksam aufzuklären“, so der Behördensprecher.

Die Poliklink Veddel verwies auf mögliche soziale Hintergründe des Ausbruchs. „Es war absolut naheliegend, dass in Stadtteilen, in denen enge Wohnungen überbelegt sind, es nur einen Supermarkt für das gesamte Viertel gibt, in denen die Bewohner auf den überfüllten ÖPNV angewiesen sind und die prekären Arbeitsverhältnisse kein Homeoffice zulassen, ein höheres Risiko für eine SARS-Cov-2 Infektion besteht,“ so Milli Schröder, Mitarbeiterin des Stadtteilgesundheitszentrums.

"Brennglas auf eklatante soziale Ungerechtigkeit"

Die Pandemie wirke „wie ein Brennglas auf die bestehenden eklatanten sozialen Ungleichheiten“. Wer privilegiert sei, könne sich besser schützen. „Ärmere Menschen sind dagegen häufiger Risikofaktoren für eine Infektion ausgesetzt und zeigen bei einer Infektion häufiger schwere Verläufe.“

Irritationen hatte es zuletzt über die Qualität der neuen Masken gegeben, die die Behörde nun an den Schulen verteilt hat. „Diese CPA-Masken sind eigens für den Infektionsschutz entwickelt und vom Institut für Arbeitsschutz der DGUV zertifiziert“, sagte Behördensprecher Albrecht am Dienstag. „Bei der Auslieferung handelt es sich nicht um FFP2-Masken, sondern um eigens für den Corona-Infektionsschutz zertifizierte CPA-Masken (Corona-Pandemie-Atemschutz).“

Diese sähen anders aus „und wirken aufgrund des außenliegenden Stoffes löchrig, sind es aber nicht“, so Albrecht. Die Masken stammten von zwei Produzenten aus Deutschland.

Linke warnt vor Aktivitäten der Corona-Leugner

Die Linke warnte derweil vor angeblich wachsenden Aktivitäten von Corona-Leugnern an Schulen. Hintergrund ist die Nutzung eines Behörden-Mailverteilers durch eine solche Gruppe, über die kürzlich berichtet wurde, und eine aktuelle Antwort des Senates auf eine Linken-Anfrage.

Sie sei „entsetzt“ über das „Eindringen der Covidioten in den geschützten Bereich der Schulen“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeedinghaus. „Der Senat muss alle Anstrengungen unternehmen, deren rücksichtslose Aktionen in und um Schulen herum zu unterbinden.“