Mehr Spuren und intelligente Ampeln. Bürgerschaft beschließt 259-Millionen-Euro-Programm. GAL kritisiert SPD-Senat.

Hamburg. Till Steffen wirkt ein wenig ratlos. Gut 30 Minuten lang hat der Grünen-Verkehrsexperte und Ex-Justizsenator über Pläne des SPD-Senats zur Busbeschleunigung referiert, um dann zu dem Schluss zu kommen: "In Wahrheit dienen die Planungen keineswegs der Busbeschleunigung." Vielmehr scheine die Haltung der Genossen sich auf das Motto zu reduzieren: "Was für den Autoverkehr gut ist, ist auch für den Busverkehr gut."

Hintergrund für Steffens Kritik sind die Pläne des Senats - die Bürgerschaft segnete diese gestern am späten Abend ab -, bis zum Jahr 2020 für 259 Millionen Euro die Bedingungen für Busse des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs zu verbessern. Im Kern geht es darum, mehr Fahrbahnen zu schaffen, die ausschließlich von Bussen genutzt werden dürfen. Zudem sollen Ampeln so schalten, dass Busse nicht mehr halten müssen.

+++ Kommentar: Die Stadtbahn lebt +++

Verbesserungen für das Bussystem tun not. Nach Behördenangaben nehmen in Hamburg im Jahr rund 264 Millionen Mal Menschen den Bus. Während die Zahl der Nutzer Jahr für Jahr zwischen zwei und drei Prozent steigt, stößt das ÖPNV-System auf der Straße an seine Grenzen: Busse sind oft überfüllt und verspäten sich. Grüne, Linke und CDU plädieren daher für eine Stadtbahn. Die Sprecherin der Verkehrsbehörde, Helma Krstanoski, verspricht dagegen: Auf der Metrobus-Linie 5 wird es mit der Beschleunigung bereits in diesem Jahr losgehen.

Für Till Steffen wirft allerdings gerade die Metrobus-Linie 5 Fragen auf. "Keine Linie ist so umfassend mit Busspuren ausgestattet", sagt er und fügt hinzu: "Warum startet man nicht mit der Linie 3 oder der Linie 6?"

+++ Hamburg gibt 259 Millionen Euro für schnellere Busse +++

Nichtsdestotrotz hat sich der frühere Justizsenator die Unterlagen genauer angeschaut. An der Kreuzung Kollaustraße/Niendorfer Straße beispielsweise sei eine Linksabbiegerspur geplant, sagt er und zeigt auf den Plan. "Man holzt Bäume ab und nennt das Busbeschleunigung." Geradezu sonderbar werde es an der Kreuzung Grindelberg/Hallerstraße: Um die Linksabbiegemöglichkeit für Fahrzeuge zu verbessern, würden dann 170 Meter Busspur wegfallen. "Wenn der Verkehr stark ist, steht der Bus im Stau", spottet Steffen.

Insgesamt, so hat der Politiker nachgerechnet, würden bei den bislang bekannt gewordenen Projekten Busspuren auf einer Länge von 620 Metern wegfallen. "Kein einziger Meter kommt hinzu!", sagt Steffen, der - wie seine Partei auch - lieber eine Stadtbahn gebaut hätte. "Die autogerechte Stadt feiert fröhlich Urständ."

Auch die Christdemokraten lehnen die Senatspläne ab. "Das Programm wird nicht zu einer Beschleunigung des Gesamtverkehrs führen", sagt deren Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse. "Ich vermute eher, es wird zu einer Behinderung des Individualverkehrs an einzelnen Stellen kommen." Grund seien die "Busvorrangschaltungen".

Die Sorge, dass die anderen Verkehrsteilnehmer über Gebühr benachteiligt werden könnten, teilt auch der Verkehrsklub ADAC. Von den rund 1750 Ampeln in Hamburg ermöglichten lediglich 100 eine "grüne Welle", sagt Christian Schäfer, Leiter des Bereichs Technik und Verkehr. "500 integriert geschaltete Ampeln aber wären nötig."

Die Handelskammer mahnt bei aller Zustimmung zu dem Senatsprogramm, die Kapazität des Straßenverkehrs dürfe nicht eingeschränkt werden. Stadtverkehrsexperte Jan-Oliver Siebrand sieht in dem Beschleunigungsprogramm nur einen ersten Schritt. "Irgendwann wird die Stadt wieder darüber nachdenken müssen, ob nicht doch eine schienengebundene Lösung besser wäre." Siebrand denkt aber nicht allein an die Stadtbahn. "Auch ein Ausbau der U-Bahn ist denkbar."