Hamburg. Per Videoschalte zur „Malizia II“ unterhalten sich Kinder mit Profi-Segler Boris Herrmann. Greta schlief noch, mailte aber.

Es ist kurz nach zehn Uhr am Freitagmorgen. Die Kinder der Klasse 5d der Stadtteilschule Stellingen rutschen aufgeregt auf ihren Stühlen hin und her. Jetzt sind es nur noch wenige Minuten, bis sie live an Bord der „Malizia II“ sein werden. Ein letzter Soundcheck. Dann wird die Nummer gewählt. Es klingelt. Die Jungen und Mädchen sind in diesem Moment so leise wie sonst vermutlich selten im Schulalltag. Ein Knacken. Dann ruft eine Stimme „Hallo“. „Hallo“, kommt es aus allen Mündern begeistert zurück.

Die Schüler, die erst vor zwei Wochen auf die weiterführende Schule gewechselt sind, nehmen am Malizia Ocean Projekt teil, einem Bildungsprogramm, das der Hamburger Segler Boris Herrmann zusammen mit seinem Partner Pierre Casiraghi und seiner Freundin Birte Lorenzen, einer Lehrerin, initiiert hat.

Live bei Gretas Atlantikreise dabei

Doch wo im Fach Gesellschaft normalerweise Unterricht über das Leben an Bord, die Umwelt und den Klimawandel auf dem Plan steht, gibt es heute eben einen Anruf. Die Hamburger Kinder sind damit einige von wenigen, die live mit dabei sein können, wenn Herrmann die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg nach New York bringt. Und wollen nun die eine oder andere Frage an ihn loswerden.

Tessa traut sich als Erste an das Mi­krofon: „Wird es dir langsam langweilig?“, fragt sie den Profisegler. „Nein, es macht ganz viel Spaß. Gerade geht hier die Sonne auf“, antwortet er. Eleni will wissen: „Wie fühlt es sich an, einen Star an Bord zu haben?“ Herrmann lacht. „Es ist schon ein besonderes Gefühl, aber irgendwie wieder auch nicht. Denn Star hin oder her, jeder muss sich hier an Bord zurechtfinden. Und keiner bekommt hier eine besondere Behandlung.“ Ihm gehe es gut, erzählt er den Kindern. Er habe viel geschlafen in dieser Nacht.

„Im Laufe des Tages wird der Wind stärker, dann kann es noch mal richtig ungemütlich werden.“ Auch von seinem Bordalltag berichtet der Segler: „Wir sind beschäftigt mit den Segelmanövern.“ Dazu komme das Essen, Lesen, Unterhaltungen und natürlich das Schlafen. „Das tun wir hier auch tagsüber, weil wir nachts oft aufstehen müssen.“ Der Tag sei in viele kleine Abschnitte unterteilt; es gebe immer was zu tun.

Per Facetime mit dem Bordtelefon verbunden

Greta Thunberg mit Boris Herrmann auf dem Weg nach New York. Greta Thunbergs Vater Svante reist mit an Bord der
Greta Thunberg mit Boris Herrmann auf dem Weg nach New York. Greta Thunbergs Vater Svante reist mit an Bord der "Malizia II". Die Klasse 5 D der Stadtteilschule Stellingen in Hamburg zeigt den Videogruß. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Und dann bekommen die Jungen und Mädchen sogar noch einmal etwas Besonderes geboten. Lorenzen verbindet sich per Facetime mit dem Bordtelefon. Nun können die Kinder Herrmann auch sehen. Er zeigt ihnen das Schiff, den wunderschönen Sonnenaufgang und das ruhige Meer. Nach einer Weile müssen die Kinder die letzte Frage stellen, die Verbindung per Satellit ist extrem teuer. „Wo ist Greta?“, rufen die Kinder noch. Herrmann muss wieder lachen: „Die schläft noch“, heißt die schlichte Antwort. Schließlich sei es bei ihnen noch früh am Morgen. Und dann verschwindet das Gesicht auch schon wieder.

Doch Lorenzen hat noch eine E-Mail dabei, in der Herrmann und Greta die Fragen der Kinder beantworten, die sie bereits im Vorfeld auf den Atlantik geschickt haben. Stück für Stück tragen die Jungen und Mädchen sie vor. Die beiden Klassenlehrer Lydia Lach und Ole Natusch haben die englischen Sätze der 16-jährigen Klimaaktivistin extra übersetzt.

Greta Thunberg: "Einige Leute mögen mich nicht"

Die Kinder wollen zum Beispiel wissen, ob sie bereits ins Wasser gefallen sei und Wale und Delfine gesehen habe. „Nein, ich bin nicht ins Wasser gefallen“, schreibt Greta. „Wale habe ich auch noch nicht gesehen. Aber dafür haben wir viele Delfine gesehen.“ Und hat sie das Boot schon selbst gesteuert? „Dieses Boot hat einen Autopiloten, sodass es sich so ziemlich selbst steuert.“

Zu der Kritik an ihrer Person schreibt sie den Kindern: „Das ist mir eigentlich egal. Einige Leute mögen mich nicht. Und sie werden immer Gründe finden, mich nicht zu mögen. Deshalb gibt es nicht viel, was ich tun kann, außer es zu ignorieren.“ Auch ihre Meinung zu ihrer eigenen Popularität interessiert die Schüler. „Ich mag es, dass ich einen gewissen Einfluss haben. Und dass ich es schaffe, dass ich gehört werde. Aber ich mag es nicht, all diese Aufmerksamkeit zu bekommen.“

Ganz zum Schluss antwortet Greta noch auf die entsprechende Frage: „Ich werde nach Hamburg kommen, sobald ich kann. Ich weiß jetzt noch nicht, was ich genau in den kommenden Monaten alles machen werde. Aber bald werde ich nach Europa zurückkommen und Hamburg besuchen.“

Und dann überrascht Lorenzen alle noch einmal mit einem ganz besonderem Film: Greta und Herrmann haben an Bord eine kleine Videobotschaft aufgenommen, in der sie die Kinder der Klasse 5d grüßen. Spätestens jetzt strahlen alle Beteiligten über das ganze Gesicht.

"Eine ganze Generation sensibilisiert"

Sie haben mit der Teilnahme an dem Projekt etwas ganz Besonderes erlebt. Und die Initiatoren fördern eine Generation, die sich mit dem Thema Umweltschutz bereits von frühester Kindheit an beschäftigt. „Wir gehen weltweit in Schulen mit unserem Programm“, sagt Lorenzen zu der Idee, die im vergangenen Jahr mit einem ersten eigenen Unterrichtspaket gestartet ist.

„Das Ziel ist es dabei, nicht nur die Kinder selbst zu sensibilisieren. Sondern zu erreichen, dass sie all diese Dinge, die sie hier lernen, weitertragen. In ihre Familien, zu Freunden. Wir wollen, dass das Bewusstsein für unseren Planeten und die Umwelt weite Kreise zieht.“ Und der Direktor der Stadtteilschule Stellingen, Bernd Mader, ergänzt: „Durch Greta ist eine ganze Generation sensibilisiert worden.“