Hamburg. Der Fußball-Zweitligist ist am Sonntag in die Vorbereitung auf die neue Saison eingestiegen. Trennung von Sportpsychologin.

Es war 11.02 Uhr und damit 32 Minuten später als geplant, als die Fußballprofis des FC St. Pauli am Sonntag zu ihrer ersten Trainingseinheit auf den Platz an der Kollaustraße wanderten. Alle eingeplanten Spieler waren dabei, keiner hatte eigenmächtig seinen Urlaub verlängert und auch keiner hatte offenkundig mit Übergewicht zu kämpfen. Und die beiden Kreuzbandpatienten Henk Veerman und Philipp Ziereis waren nach ihren im Winter erlittenen, schweren Verletzungen erstmals wieder mit Fußballschuhen auf dem Rasen, konnten die Aufwärm- und Stabilisationsübungen mit dem Team sowie danach ein individuelles Programm absolvieren. „Meinen Knie geht es bestens, es ist nicht dick, nur mein Oberschenkel ist noch etwas dünn. Es läuft alles nach Plan, so darf es gern weitergehen“, sagte Innenverteidiger Ziereis.

Diverse Fragen offen

So weit die guten Nachrichten rund fünf Wochen vor dem ersten Punktspiel in der Zweiten Liga. Ansonsten sind rund um das Team noch diverse Fragen offen und werden voraussichtlich auch so schnell nicht beantwortet werden. So überwog unter den rund 100 St.-Pauli-Anhängern, die bei schönstem Wetter zum Trainingsauftakt erschienen waren, Skepsis und Unzufriedenheit darüber, dass ihr Club mit Mittelfeldspieler Rico Benatelli und Stürmer Boris Tashchy weiterhin erst zwei neue Spieler verpflichtet hat, wobei der ablösefreie Transfer Benatellis von Dynamo Dresden noch ein Erbe des Anfang April beurlaubten Sportchefs Uwe Stöver ist.

Verletzte fangen allmählich wieder an

„Auch mir wäre es lieber, wenn die komplette Gruppe die Vorbereitung durchläuft. Im Moment muss ich aber um Verständnis und Geduld bitten.“, sagte später St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann. Der Transfermarkt sei derzeit ständig in Bewegung. Dazu müssten die jetzt kommenden Trainingseinheiten zeigen, welche der zuletzt angeschlagenen Spieler wie schnell wieder voll ins Training einsteigen können. So hörten am Sonntag etwa Christopher Buchtmann, Waldemar Sobota und Jan-Philipp Kalla früher auf. Zudem konnte Luca Zander auch Wochen nach seiner Schulteroperation nur einen längeren Lauf absolvieren.

„Wir haben uns klar darauf verständigt, wo wir Handlungsbedarf sehen“, sagte Sportchef Bornemann weiter, ohne dies allerdings auf Nachfrage zu konkretisieren. Offenkundig ist allerdings, dass St. Pauli im Angriff Alexander Meier, Sami Allagui und Jan-Marc Schneider verloren und bisher nur Boris Tashchy hinzu geholt hat. Einzig Verbliebener in diesem Mannschaftsteil ist der Grieche Dimitrios Diamantakos, der am Sonntag im Trainingsspiel auch das erste Tor der neuen Saison erzielte.

Was ist das Saisonziel?

Offen ist auch noch die Frage nach einem konkreten Saisonziel. Immerhin sagte Bornemann dazu: „Wenn es noch eine höhere Liga gibt, dann willst du da auch hin. Jos und ich wissen beide, was es dazu braucht, um aufzusteigen. Wir müssen die Rahmenbedingungen realistisch einschätzen und in allen Bereichen zeigen, dass alle bereit sind, Leistung zu bringen. Dann kann man auch forscher und klarer Ziele formulieren.“

Für Trainer Luhukay hat Priorität, die zuletzt hohe Verletztenquote künftig deutlich zu reduzieren. In der Schlussphase der vergangenen Saison hatte er bis zu 14 nicht einsatzfähige Spieler zu beklagen. „Das ist katastrophal“, sagte er. „Es ist schwer, konkrete Ziele auszugeben, wenn die meisten Spieler nicht mehr als 15 bis 16 Spiele gemacht haben.“

Noch längere Zeit offen wird auch die Frage bleiben, wer der Kapitän des Team sein wird. Klar ist immerhin, dass Trainer Luhukay nicht wie seine Vorgänger den „Primus inter pares“ von der Mannschaft wählen lässt. „Ich werde den Kapitän bestimmen. Ich möchte die ersten vier Wochen der Vorbereitung abwarten und schauen, wie sich die Spieler entwickeln. In diesem Zeitraum wird sich ein Kapitän herauskristallisieren“, sagte er dazu. Das bedeutet, dass diese Entscheidung auch noch nicht, wie sonst häufig üblich, im Trainingslager in Mayrhofen (3. bis 12. Juli), sondern erst rund eine Woche vor dem Zweitligaauftakt fällt. Bis dann wird sich zum Beispiel herausgestellt haben, wie groß die Chancen des bisherigen Amtsinhabers Johannes Flum auf einen Stammplatz sein werden.

Sportpsychologin gehört nicht mehr zum Trainerteam

Bei allen offenen Fragen gab es am Ende des ersten Trainingstages immerhin noch eine klare Antwort. Die erst im Januar verpflichtete Sportpsychologin Frauke Wilhelm gehört jetzt nicht mehr zum Trainerteam und wird bei den Übungseinheiten nicht mehr anwesend sein. Den Spielern stehe es allerdings frei, so Sportchef Bornemann, sie weiterhin bei Bedarf anzusprechen. Angesichts der knapp fünfmonatigen Tätigkeit ist ihre grundsätzlich langfristig angelegte Arbeit praktisch nicht zu bewerten. Dass der dramatische Einbruch des Teams in sportlicher und auch mentaler Hinsicht genau in den Zeitraum ihrer Anwesenheit fiel, war zumindest sehr unglücklich.

Unterdessen zeigte sich der vom Zweitligaabsteiger MSV Duisburg Boris Tashchy nach dem ersten Training mit seinen neuen Kollegen bestens gelaunt und sehr aufgeräumt. Der aus Odessa stammende und mit einem ukrainischen und bulgarischen Pass ausgestattete Stürmer nannte Trainer Luhukay, den er aus einer kurzen gemeinsamen Zeit beim VfB Stuttgart kannte, als Grund, zu St. Pauli zu gehen. „Als ich das Angebot bekam, war ich sicher, das ich das machen will“, sagte er in sehr gutem Deutsch, das er, wie er sagte, nie gezielt, sondern nur durch Gespräche gelernt habe.