Hamburg. Vertreter der Bauwirtschaft haben den rot-grünen Senat für die aus ihrer Sicht mangelhafte Koordinierung von Straßenbaustellen kritisiert – und Vorschläge der CDU zur Beschleunigung von Baustellen in Hamburg als unrealistisch zurückgewiesen. Diese hatte unter anderem die Einführung von Mehrschichtbetrieb auf Baustellen gefordert. Den gibt es bisher nur in Ausnahmefällen. Zuletzt hatte auch SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher die nicht ausreichende Koordinierung der Baustellen kritisiert.
„Aus unserer Sicht gibt es vor allem zwei Stellschrauben zur Verbesserung der Situation“, sagte Michael Seitz, Geschäftsführer der Bau-Innung und Sprecher der Bau- und Ausbauwirtschaft, dem Abendblatt. „Erstens ist bei der Koordination deutlich Luft nach oben. So können zum Beispiel Arbeiten zwischen Straßenbau und Kabelverlegung, etwa durch die Telekom, besser abgestimmt werden. Auch müssen Baustellen auf Bundesstraßen und auf Bezirksstraßen, die oft als Ausweichstrecken dienen, besser miteinander in Einklang gebracht werden. Lange Zeit war die Stadt dazu nicht in der Lage, weil Planer der großen Straßen keinen Überblick über Baustellen auf Nebenstrecken hatten. So gab es oft Baustellen zeitgleich auf Haupt- und Umleitungsstrecken. Das muss besser werden“, so Seitz.
Bei nur rund 30 Prozent der Baustellen gehe es um die Sanierung der Straßen selbst, in allen anderen Fällen würde im Untergrund gearbeitet, also meist Kabel oder Rohre verlegt oder erneuert, so Seitz. "Leider werden diese Arbeiten oft nicht gut miteinander abgestimmt, weil etwa die Telekom ihre Arbeiten nicht lange vorab anmelden muss." Ein zweiter Punkt aus Sicht der Unternehmen sei „die Verstetigung der Aufträge“, so Seitz. „Die Stadt muss über längere Zeiträume planen, so dass Baufirmen auf stabile Auftragslagen rechnen können. Nur dann ist es ihnen möglich, zusätzliches Personal einzustellen.“
"Kaum möglich, neues Personal zu finden"
Allerdings sei es ohnedies schwierig, Mitarbeiter zu bekommen, daher würden an vielen Baustellen massiv Überstunden gemacht, so Frank Schulz, Geschäftsführer der Straßenbaufirma Max Wiede. „Unsere Mitarbeiter machen im Durchschnitt 0,6 Überstunden pro Tag. Das bedeutet in der Praxis, dass viele Mitarbeiter bis zu zehn Überstunden pro Woche leisten“, so Wiede. „Es ist derzeit kaum möglich, neues Personal zu finden. Wenn Mitarbeiter bis 23 Uhr arbeiten sollen, wird das noch schwieriger. Wir setzen bereits Geflüchtete als Hilfskräfte ein. Es gibt auf dem Arbeitsmarkt auch deutlich zu wenig LKW-Fahrer.“
Daher sei auch die Forderung nach Schichten bis in die Nacht kaum umsetzbar. „Der Ruf nach Mehrschichtbetrieb ist populär“, so Innungssprecher Seitz. „Allerdings lässt sich das nur in wenigen Fällen umsetzen. In der Stadt müssen Lärm- und Emissionsschutzvorschriften beachtet werden, die Anwohner vor Belastungen schützen. Mehrschichtbetrieb bis in die Nacht ist daher meist nicht möglich. Hinzu kommt, dass Baustellen im Winter für Schichtbetrieb stundenlang teuer beleuchtet werden müssten. Insgesamt würde die Umsetzung solcher Forderungen die Baustellen um zehn bis 20 Prozent teurer machen.“
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg