Hamburg. Die Handelskammer Hamburg fordert die Stadt dazu auf, mehr Parkplätze zu schaffen. „Die Zahl der verfügbaren Stellplätze hält mit der wachsenden Zahl der Kraftfahrzeuge auf Hamburgs Straßen nicht Schritt, sondern nimmt durch Umbaumaßnahmen und Radverkehrsplanung eher ab“, heißt es in einem Positionspapier, in dem die Kammer die Arbeit des Senats einer kritischen Zwischenbilanz unterzieht.
So beklagt die Kammer eine Zunahme des „Parksuchverkehrs“ und fordert eine Initiative des Senats zur Überwachung der Zweite-Reihe-Parker. „Das ist ein großes Problem. Der Senat muss hier tätig werden“, sagte der Vize-Präses der Handelskammer, Johann Killinger. Zudem regte er an, den Fahrradverkehr stärker in die Tempo-30-Zonen zu verlegen, anstatt neue Fahrradstraßen zu bauen. Das sei kostengünstiger und mit weniger Planung verbunden.
Kammerrebellen beurteilen Hamburger Regierung
Bei der Zwischenbilanz, die Kammer-Präses Tobias Bergmann am Donnerstag vorstellte, handelt es sich um die erste Beurteilung der Hamburger Regierung durch die Kammerrebellen, die vor einem Jahr mit großer Mehrheit ins Amt gewählt worden sind. Insgesamt lobt die Kammerführung die Arbeit des Senats in dieser Legislaturperiode, von der drei Jahre bereits vergangen sind und noch zwei folgen.
Allerdings übt die Kammer in einigen Punkten auch Kritik: „Der Senat hat sich das Ziel gesetzt, ordentlich zu regieren. Das ist ihm gelungen. Allerdings reicht das nicht“, sagte Bergmann. Der Wirtschaftsstandort stehe vor der Herausforderung, mehr Dynamik zu entfalten. „Die Wirtschaft in unserer Stadt wächst seit Jahren langsamer als die von konkurrierenden Standorten und auch langsamer als der Durchschnitt in Deutschland“, wiederholte Bergmann seine Kritik, die er bereits vor der Versammlung des Ehrbaren Kaufmanns zum Jahreswechsel geäußert hatte.
Zwischenbilanz mit knapper Mehrheit verabschiedet
Leitfaden bei der Beurteilung der Arbeit des Senats war ein Forderungspapier der Hamburger Wirtschaft zur letzten Bürgerschaftswahl, das noch das alte Plenum erstellt hat. Herausgekommen ist eine 37 Seiten starke Tabelle, die mit verschiedenen farbigen Smileys die Leistungen des Senats zu verschiedenen Themen bewertet. Diese Zwischenbilanz, die dem Senat zugeleitet werden soll, wurde am Nachmittag vom Plenum nach intensiver Diskussion und einigen Meinungsverschiedenheiten mit knapper Mehrheit verabschiedet.
Einer der Hauptpunkte in dem Papier ist die Infrastruktur, zu der neben den angesprochenen Problemen des Straßenverkehrs und eines Ausbaus des Schienenverkehrs auch die Schaffung von Industrie- und Gewerbeflächen gehört. Diese sieht die Wirtschaft als nicht ausreichend an. Im Gegenteil: Im Zuge des Wohnungsbauprogramms des Senats würden immer mehr Gewerbeflächen in Wohngebiete umgewandelt. „Ein Ausgleich durch neu ausgewiesene Industrie- und Gewerbeflächen erfolgt nicht im erforderlichen Umfang“, heißt es in dem Papier.
Auch bei der Digitalisierung sieht die Wirtschaft Nachbesserungsbedarf. Neben dem Ausbau der Glasfasertechnologie sollte der Senat noch mehr unternehmen, um Hamburgs Schülern digitale Kompetenzen zu vermitteln, die sie für Beruf und Selbstständigkeit dringend brauchen werden. „Die Ausstattung mit Endgeräten in den Schulen kommt voran, was aber fehlt, sind die Kompetenzen, die die Schüler benötigen, um sich in der digitalen Welt zurechtzufinden“, sagte die Hauptgeschäftsführerin der Handelskammer, Christi Degen. Hier sehe die Kammer erheblichen Nachholbedarf etwa in der Lehrerfortbildung, so Degen. Positiv bewertet die Kammer aber die Anstrengungen des Senats, die Ausbildungsreife der Schulabgänger insgesamt zu verbessern. „Die flächendeckende Berufs- und Studienorientierung ist an Stadtteilschulen umgesetzt und zeigt erste Wirkungen“, sagte Degen. „An den gymnasialen Oberstufen wurde sie jüngst eingeführt.“
Fehlende Kommunikation im Hafen bemängelt
Kritisch äußert sich die Kammerführung zur Bürokratie. Aus ihrer Sicht müsse die Politik deutlich mehr Bürokratie abbauen. Die Bezirksämter seien überlastet, sodass es immer wieder zu Verzögerungen bei Investitionsvorhaben komme. Der Senat kümmere sich nicht um das Thema.
Für seine Hafenpolitik hat die Handelskammer den Senat allerdings mit einem grünen Smiley belohnt: der Kapazitätsausbau sowie die Verbesserungen bei den Hinterlandanbindungen werden positiv beurteilt. Allerdings bemängelte Killinger, der als Chef der Firma Buss selbst Hafenunternehmer ist, die schlechte Kommunikation. „Es kommt kein vernünftiger Dialog des Unternehmensverbands Hafen Hamburg mit der Hamburg Port Authority zustande“, sagte Killinger. „Und die Wirtschaftsbehörde hat dann auch noch ihre eigenen Vorstellungen. So können nicht alle an einem Strang ziehen“, sagte er. Das behindere die Weiterentwicklung dieses für Hamburg wichtigen Bereichs.
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