Gesundheit

Krankenhaus Tabea bietet neue Therapie bei Rückenschmerz an

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Cornelia Werner
Über  Elektroden werden die Nerven stimuliert, welche die tiefe Rückenmuskulatur versorgen

Über Elektroden werden die Nerven stimuliert, welche die tiefe Rückenmuskulatur versorgen

Foto: Mainstay Medical International PLC

Ein Gerät aktiviert durch Stromimpulse die tiefe Rückenmuskulatur – der erste Schritt zum Muskelaufbau bei chronischen Kreuzschmerzen.

Hamburg.  Neue Therapie für Menschen mit chronischen Rückenschmerzen: Das Hamburger Krankenhaus Tabea hat als erste Klinik in Norddeutschland eine neue Methode eingeführt, um die tiefe Rückenmuskulatur wieder zu aktivieren und so das Leiden zu lindern.

„Denn in den seltensten Fällen sind Rückenschmerzen auf einen Bandscheibenvorfall zurückzuführen“, sagt Dr. Jan Schilling, Chefarzt der Abteilung für Wirbelsäulen- und Neurochirurgie im Krankenhaus Tabea. Die Ursache ist meist ein verhängnisvolles Zusammenspiel aus Schmerzen, Fehlhaltungen und Bewegungsmangel.

Denn wer ständig unter Kreuzschmerzen leidet, neigt dazu, alle Bewegungen zu vermeiden, die den Rücken zusätzlich belasten. Der Bewegungsmangel führt dazu, dass die tiefe Rückenmuskulatur weiter abgebaut wird. Dadurch wird der Bereich der Lendenwirbelsäule weiter destabilisiert. Noch mehr Schmerzen sind die Folge.

Um diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen, wendet Schilling bei seinen Patienten jetzt einen neuen Elektrostimulator an, der von britischen und australischen Forschern entwickelt wurde. Dabei werden Elektroden außerhalb des Wirbelkanals an die Nerven gelegt, welche die tiefe Rückenmuskulatur versorgen. Diese Elektroden werden mit einem Gerät verbunden, das elektrische Impulse aussendet und – ähnlich wie ein Herzschrittmacher – in einer kleinen Operation unter die Haut implantiert wird. Es kann von außen an - und ausgeschaltet werden. Der Patient muss dann morgens und abends jeweils 30 Minuten das Gerät anschalten.

Erste Ergebnisse zeigen sich nach 30 bis 40 Tagen

Die Stromimpulse sorgen dafür, dass sich die Muskeln zusammenziehen und wieder entspannen. Der Patient bemerkt das als Kribbeln, das aber nicht unangenehm ist. „Das Gerät soll die Patienten wieder in die Lage versetzen, selbstständig zu trainieren“, sagt Schilling. Denn es gibt Patienten, die aufgrund von anderen Erkrankungen den ersten Schritt zum Wiederaufbau der Rückenmuskulatur nicht ohne Hilfe machen können.

Erste Ergebnisse zeigen sich laut Schilling nach 30 bis 40 Tagen, zum Beispiel in einer Reduktion der Schmerzmittel. Nach 12 bis 24 Wochen sollte das Gerät wieder abgeschaltet werden. Dann soll der Patienten selbstständig seine Rückenmuskeln stärken, mit Krankengymnastik, Fitnessstudio, Rückentraining. Den Stimulator kann man dann wieder in einer kleinen OP entfernen.

Im Krankenhaus Tabea gibt es die Therapie erst seit wenigen Wochen. Bisher wurden dort zwei Patienten damit behandelt. Mehr Erfahrung damit hat man in Großbritannien. Laut einer aktuellen Studie hatte sich bei 80 Prozent der Patienten, die damit behandelt wurden, nach einem Jahr die Lebensqualität verbessert. Bei 56 Prozent kam es zu einer deutlichen Reduktion der Kreuzschmerzen und bei 60 Prozent verbesserte sich die Beweglichkeit im Alter.

Das Verfahren kommt nur für bestimmte Patienten infrage

Die Krankenkassen bezahlen die neue Therapie, das Verfahren wird aber nur bei bestimmten Patienten angewandt. Voraussetzung ist, dass der Patient seit mehr als 90 Tagen ständig unter Rückenschmerzen leidet, eine normale konservative Behandlung mit Rückentraining und Medikamenten keine Verbesserung gebracht hat und keine krankhaften Veränderungen der Wirbelsäule vorliegen, wie zum Beispiel ein Bandscheibenvorfall. Ausschlusskriterien sind Schwangerschaft, das Tragen eines Herzschrittmachers, psychische Erkrankungen und d vorausgegangene Operationen an der Wirbelsäule.

Nicht zu verwechseln ist das neue Gerät mit anderen Neurostimulatoren, die schon länger auf dem Markt sind. Dabei werden Elektroden in den Wirbelkanal direkt an das Rückenmark gelegt und über elektrische Impulse die Schmerzen ausgeschaltet.

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