Hamburg

Streit um Ein-Euro-Jobber in der Pflege

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Klaus Wicher,
Vorsitzender des
Sozialverbands
Hamburg

Klaus Wicher, Vorsitzender des Sozialverbands Hamburg

Foto: SoVD/Rahlfs

Härtere Regeln für Langzeit-Arbeitslose als Seniorenbegleiter. Hamburger Senat fordert reguläre Beschäftigung.

Hamburg.  Für Klaus Wicher, Vorsitzender des Sozialverbands Hamburg, ist die Entscheidung ein Unding: „Mal wieder werden Senioren, die an der Armutsgrenze leben, im wahrsten Sinne des Wortes allein gelassen.“

Hintergrund seines Unmuts: Seit dem 1. Juli hat sich die Situation für viele ältere Pflegebedürftige geändert. 280 Langzeit-Arbeitslose betreuten bis dahin im Wege sogenannter „Arbeitsgelegenheiten“ kranke Senioren, kauften für sie ein, begleiteten sie zu Ärzten oder in die Kirche. Im Gegenzug konnten sie ihren Hartz-IV-Satz um 1,60 Euro für jede Stunde aufstocken. Für Wicher ein Erfolgsmodell, auch für die Ein-Euro-Jobber: „Sie konnten oftmals seit Langem wieder Verantwortung übernehmen und eine sinnvolle Tätigkeit ausüben.“

Positive Neuerung hat einen Haken

Jetzt können diese Leistungen nur Senioren in Anspruch nehmen, die noch nicht in einen Pflegegrad (früher Pflegestufe) eingestuft sind. Die Reform der Pflegeversicherung hat dafür gesorgt, dass Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad eins einen sogenannten Entlastungsbetrag von 125 Euro erhalten. Diese können sie für Hilfen in ihrem Alltag, etwa beim Einkaufen einsetzen.

Diese eigentlich positive Neuerung hat für viele Senioren, die bis zum 1. Juli von einem Langzeitarbeitslosen betreut wurden, einen großen Haken. Sie dürfen für diesen Entlastungsbetrag keine Ein-Euro-Jobber einsetzen. Der Gesetzgeber möchte, dass damit reguläre Arbeitsverhältnisse gefördert werden, also zum Beispiel zusätzliche Angebote von ambulanten Pflegediensten. Dies hat auch juristische Gründe: Ein-Euro-Jobber sollen nur dort arbeiten, wo sie regulär Beschäftigte nicht verdrängen.

Behörden prüfen andere Lösungen

„Es ist die Intention der Behörden, dass die Arbeitslosen möglichst aus den Arbeitsgelegenheiten heraus in reguläre Beschäftigung bei Pflegediensten oder anerkannten niedrigschwelligen Angeboten gebracht werden sollen und von dort aus die Hilfen für Pflegebedürftige anbieten“, sagt die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Die Träger dieser Arbeitsgelegenheiten wie etwa KoALA (Kooperation Arbeiten, Lernen und Ausbildung) sehen das anders. Wer Leistungen wie Vorlesen bei Pflegediensten einkaufe, könne sich nur noch eine Stunde in der Woche leisten. Zu wenig, um den sozialen Kontakt aufrechtzuerhalten. „Aus eigenen Mitteln können arme Senioren die deutlich teureren Angebote der Pflegedienste nicht bezahlen“, kritisiert Wicher.

Inzwischen prüfen Behörden und die Träger der Ein-Euro-Jobber andere Lösungen. Denkbar wäre, dass die Träger reguläre Stellen schaffen, dafür vom Arbeitsamt mit 75 Prozent bezuschusst werden. Doch die Träger halten dieses Modell für nicht finanzierbar.

( pw )

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