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Alles wichtige zum neuen Überweisungssystem „Paydirekt“

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Steffen Preißler
Bei Paydirekt handelt es sich um ein neues Bezahlverfahren für Einkäufe im Internet (Symbolbild)

Bei Paydirekt handelt es sich um ein neues Bezahlverfahren für Einkäufe im Internet (Symbolbild)

Foto: Patrick Pleul / dpa

Deutsche Banken starten mit Paydirekt: Einem neuen Überweisungssystem für den Onlinehandel. Hamburger Geldinstitute auch dabei.

Hamburg.  Bereits 54 Millionen Deutsche kaufen im Internet ein. Zwei Drittel davon sogar mehrmals im Monat. Doch je nach Shop gibt es unterschiedliche Bezahlverfahren. Zudem fürchten 44 Prozent der Onlineshopper Betrug und Abzocke, wenn sie sensible Kontodaten preisgeben. Die deutschen Banken wollen jetzt einem neuen System zum Durchbruch verhelfen, nachdem sich viele Verfahren bisher nicht durchsetzen konnten. Paydirekt ist direkt an das Girokonto geknüpft. Bereits 150.000 Kunden haben sich für den Dienst angemeldet. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist Paydirekt?

Es handelt sich um ein neues Bezahlverfahren für Einkäufe im Internet, das über ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Kreditwirtschaft angeboten wird. Beteiligt sind Sparkassen, Genossenschaftsbanken und private Banken. Wer sich einmal bei Paydirekt mit einem onlinefähigen Girokonto angemeldet hat, kann im Internet schneller bezahlen. Mit zwei Mausklicks ist der Bezahlvorgang abgeschlossen, ohne dass persönliche Bankdaten oder eine Kreditkartennummer eingegeben werden muss. Der Händler kann sicher sein, dass der Kunde die Ware bezahlt, und sie sofort versenden. Kann der Versand der Waren nicht nachgewiesen werden, erhalten Kunden ihr Geld zurück. Bei Retouren wird das Geld einfach zurückgebucht.

Was passiert genau im Hintergrund?

Hat der Kunde seinen Warenkorb im Internet gefüllt, logt er sich bei Pay­direkt ein und bestätigt den zu bezahlenden Betrag mit einem Mausklick. Paydirekt fragt dann bei der Bank der Käufers an. Seine Hausbank autorisiert die Zahlung, und der Händler erhält eine Zahlungsgarantie. Alles läuft innerhalb von Sekunden ab.

Was sind die Vorteile für Verbraucher?

„Paydirekt ist direkt mit dem Girokonto des Kunden verknüpft“, sagt Amir Madani Rascado von der Comdirect. „Es ist kein Dritter in die Transaktion involviert.“ Die Kontodaten bleiben bei der Bank in einer sicheren Infrastruktur und gelangen nicht an den Händler. Jede Zahlung wird unmittelbar auf dem Kontoauszug angezeigt. „Das verbessert die Kostenkontrolle bei Online-Einkäufen“, sagt Brigitte Zabel von der HypoVereinsbank. „Der Nutzer kann sich sicher sein, dass seine persönlichen Daten nicht verkauft werden“, so Frank Neitzel von der PSD Bank Nord.

Ist der Kauf per Rechnung sicherer?

Für die Verbraucher ist der Kauf per Rechnung eine sehr sichere Methode. Erst wenn er die Waren in den Händen hält, bezahlt er den Händler – oder auch nicht oder sehr verspätet. Der Kauf per Rechnung hat einen Anteil von 35 Prozent bei den Zahlungsarten im Onlinehandel.

Längst nicht alle Händler bieten aber diese Möglichkeit an. Im Durchschnitt kann der Händler erst 15 Tage später über das Geld verfügen, und es ist die Zahlungsart mit dem höchsten Zahlungsausfall: Dieser liegt immerhin bei 4,6 Prozent.

Gibt es ähnliche Systeme wie Paydirekt?

Der US-Anbieter Paypal, eine Abspaltung von Ebay, hat bei den Zahlungs­arten am Online-Umsatz in Deutschland bereits einen Marktanteil von 25 Prozent. Das ist der zweite Rang nach dem Kauf auf Rechnung. Weltweit hat der Bezahldienst mehr als 170 Millionen Nutzer. Er agiert ähnlich wie Paydirekt. Der Nutzer muss eine Kontoverbindung in seinem Paypal-Profil hinterlegen, kann aber auch Geld auf sein Paypal-Konto überweisen, von dem dann Einkäufe bezahlt werden. Weitere Bezahlsysteme sind Sofort-Überweisung und Click & Buy der Deutschen Telekom. Sie schließt aber ihren Bezahldienst zum 30. April 2016, weil er sich nicht durchsetzen konnte.

Wer kann Paydirekt nutzen?

Voraussetzung ist ein onlinefähiges Girokonto. Davon gibt es 50 Millionen in Deutschland. Außerdem muss die eigene Hausbank das Verfahren anbieten.

Welche Banken machen mit?

Die HypoVereinsbank, die Postbank, die Commerzbank und die Deutsche Bank haben Paydirekt als eine der ersten Institute für ihre Kunden freigeschaltet. Auch die Kunden der Hamburger Volksbank und der Sparda-Bank Hamburg können Paydirekt schon nutzen. Ende des Jahres will auch die Targo Bank starten, ebenso wie Comdirect. Andere Institute beginnen erst im nächsten Jahr, darunter die Santander Bank, die Hamburger Sparkasse (Haspa) und die PSD Bank Nord.

Welche Händler sind dabei?

Viele Händler bieten schon verschiedene Bezahlverfahren wie das Konkurrenzprodukt Paypal, Lastschrift, Kreditkarte oder Sofort-Überweisung an. Jedes weitere Verfahren verursacht zusätzliche Kosten. Bisher konnten nur wenige Händler für Paydirekt gewonnen werden. Dazu gehören der Möbel-Online-Shop d-living, Sport-Tiedje, Haribo, greenstars.de ein Online-Portal für umweltbewusste Technik-Nutzer. Große Händler wie die Metro-Gruppe sollen folgen: „Wir planen, Paydirekt in den Onlineshops von Media-Markt, Saturn und Redcoon einzusetzen“, sagt eine Sprecherin. „Wir führen Gespräche mit großen Anbietern“, sagt Pay­direkt-Geschäftsführer Niklas Bartelt. Die Resonanz sei sehr positiv.

Was sagen Hamburger Händler dazu?

„Unsere Kunden kaufen noch immer am liebsten auf Rechnung ein“, sagt Frank Surholt von Otto. „Wir sondieren den Markt. Wenn es ein großes Interesse der Kunden gibt, werden wir uns solchen Diensten nicht verschließen.“ Tchibo wird Paydirekt nach jetzigem Stand noch nicht anbieten. „Wir beobachten aber die weitere Entwicklung“, sagt ein Firmensprecher.

Wie ist die Position des Handels?

„Wir sehen es positiv, wenn es Wettbewerb bei den Bezahlsystemen gibt“, sagt Ulrich Binnebößel vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Entscheidend für den Erfolg werde sein, wie hoch die Kosten für die Händler ausfallen und wie Paydirekt auf Verbraucherseite akzeptiert wird. Der Experte rechnet damit, dass Paydirekt eher der Lastschrift und Sofort-Überweisung als Paypal-Nutzer abjagen wird. Es gebe auch einen großen Personenkreis, der sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt hat und dann von Sparkassen und Banken für das neue System gewonnen werden kann.

Warum ist ein solches Bezahlsystem so wichtig für die Banken?

Die Umsätze im Onlinehandel steigen kontinuierlich. In diesem Jahr werden sie auf 44 Milliarden Euro geschätzt. Gegenüber 2010 ist das fast eine Verdopplung. An jedem Bezahlvorgang lässt sich für Dienstleister etwas verdienen, und die Banken sind wegen der niedrigen Zinsen darauf angewiesen, neue Erlösquellen zu erschließen. Im Schnitt kostet die Händler ein Bezahlvorgang mit Paypal gut zwei Prozent vom Umsatz. „Paydirekt ist damit deutlich günstiger als Paypal“, sagt Heidi Melis von der Hamburger Volksbank. Händler, die Paydirekt nutzen wollen, müssen die Konditionen mit ihrer Bank verhandeln. Die Banken können sich bei Paydirekt für ein Ertrags­modell entscheiden, bei dem sie neben einer Basisvergütung einen zusätzlichen Anteil an Händlerentgelten erhalten. Im Gegenzug müssen sie sich aber an den Entwicklungskosten beteiligen. „Wir haben uns für das Ertragsmodell entschieden, da attraktive Erträge in Aussicht stehen“, sagt Melis.

Wie sieht das Konkurrenzverhältnis von Paydirekt und Paypal aus?

Paypal hat klar einen Vorsprung, aber Paydirekt hofft, viele Kunden und Händler noch von ihrem Konzept überzeugen zu können. Die Banken setzen dabei auf die direkte Anbindung an das Girokonto und deutsche Datenschutzstandards – ohne Umwege über einen Drittanbieter. Außerdem können die Geldinstitute stärker Einfluss auf Kunden wie Händler nehmen, das neue Verfahren zu nutzen. Durch die direkte Anbindung kommt auch der Händler sofort an sein Geld, während er bei Paypal drei Tage darauf warten muss. Aus Sicht der Verbraucher hat aber Paypal doch noch einige Vorteile. Das Konkurrenzprodukt kann auch auf Tablet und Smartphone sowie bei ausländischen Anbietern genutzt werden. Bei Pay­direkt stehen mobiles Bezahlen und Internationalisierung dagegen noch auf der Liste der Weiterentwicklungen.

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