Hamburg. Es war ein Festakt, bei dem es Superlative nur so hagelte: Einen der beiden größten deutschen Meeres-Windparks nahmen Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, sein Bremer Amtskollege Carsten Sieling und Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (alle SPD) am Mittwoch gemeinsam und offiziell in Betrieb. „Global Tech 1“ ist der größte Windpark, der 2015 im deutschen Teil der Nordsee in Betrieb geht. Seine 80 Windräder stehen knapp 140 Kilometer vor der niedersächsischen Küste in 40 Meter tiefem Wasser – und damit so weit vom Land entfernt wie kein anderes deutsches Offshore-Windkraftwerk. „So weit hat vor uns noch keiner vor der Küste gebaut“, sagte der technische Geschäftsführer Jan Podbielski. Rechnerisch kann „Global Tech 1“ knapp 450.000 Durchschnittshaushalte mit Strom versorgen.
Olaf Scholz lobte die „Hochtechnologie“ und sprach von „Teamwork der Spitzenklasse“. Sein Bremer Kollege Sieling sagte: „Dies ist ein wichtiger Tag für die Energiewende und die Industriepolitik.“ Dann drückten Landespolitiker, Investoren und Global-Tech-Geschäftsführer im Hamburger Kreuzfahrtterminal die Knöpfe zur Inbetriebnahme. Ein symbolischer Akt. Denn bereits seit Ende Juli ist die letzte der 80 Anlagen am Netz. Während Hunderte Gäste in Hamburg feierten, lieferten die 260 Kilometer Luftlinie entfernten Windräder bei kräftigem Wind etwa 340 Megawatt Strom.
„Global Tech 1“ trägt wesentlich dazu bei, dass die Kapazität der Offshore-Windkraftwerke in diesem Jahr einen großen Sprung nach vorn machen wird. Voraussichtlich etwa 3300 Megawatt Kapazität werden Ende des Jahres an das Netz angeschlossen sein. Ende Dezember 2014 waren es erst knapp 1050 Megawatt gewesen. Fast monatlich geht derzeit ein Windpark in der deutschen Nordsee in Betrieb, nur einen Tag vor „Global Tech 1“ war das halb so große Projekt „Trianel Borkum“ offiziell eingeweiht worden. Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel, bis 2020 insgesamt 6500 Megawatt Offshore-Kapazität am Netz zu haben, ist in greifbare Nähe gerückt.
Der sprunghafte Zuwachs hat seine Ursache vor allem darin, dass die Probleme und Verzögerungen bei der Landanbindung der Meeres-Windparks, über die Branche und Politik jahrelang klagten, einstweilen überwunden scheinen. „Global Tech 1“ ist an eine Konverterstation des Übertragungsnetzbetreibers Tennet angeschlossen. Deren Inbetriebnahme hatte sich immer wieder verzögert, weshalb auch die Ausbaupläne des Windparks mehrfach geändert werden mussten. Ein wesentlicher Grund dafür, dass die Investitionssumme von ursprünglich kalkulierten 1,6 Milliarden auf 1,8 Milliarden Euro stieg und „Global Tech 1“ gut zwei Jahre später Strom liefert als vorgesehen.
Detlef Schmeer, einer der Geschäftsführer der Global Tech 1 Wind GmbH, rechnet mit jährlich etwa 300 Millionen Euro Umsatz in den ersten Betriebsjahren. „Die Anlage wird in den voraussichtlich 25 Betriebslaufjahren rentabel zu betreiben sein und eine kleine Rendite bringen“, sagte er. Derzeit wird der Strom aus Offshore-Windparks noch stark subventioniert, um die Technologie marktfähig zu machen. Doch die Subventionen sollen nach und nach vonseiten des Staates zurückgefahren werden. Die Anlagenbetreiber stehen daher vor der Herausforderung, billiger zu produzieren. Derzeit müssen für eine Kilowattstunde Strom aus Offshore-Produktion durchschnittlich noch etwa 14 Cent aufgewendet werden. Windkraftanlagen an Land liefern dagegen schon zu Kosten von unter zehn Cent.
Überwacht wird der neue MeeresWindpark aus einer Leitstelle in der HafenCity, die Fünf-Megawatt-Turbinen wurden in Bremen gefertigt, ein Teil der Fundamente in Niedersachsen. Scholz, Sieling und Lies betonten denn auch, wie wichtig die Offshore-Branche für die Energiewende, aber auch für die wirtschaftliche Entwicklung im Norden sei. „,Global Tech 1‘ ist eine Leistung, die Exportqualität hat“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister – und verwies darauf, dass Siemens sein neues Werk für Offshore-Windkraftturbinen in Cuxhaven errichtet. Sieling bekräftigte, in Bremerhaven werde ein Terminal für Bau und Betrieb der Nordsee-Windparks entstehen.
Ein paar kleine Spitzen gegen Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), der den Bau neuer Stromtrassen für den Transport von Meeres-Windstrom nach Süddeutschland lange blockiert hatte, gab es auch. Bayerische Unternehmen haben da keine Berührungsängste. Neben den Energieversorgern Entega (Hessen) und Axpo (Schweiz) sind die Münchner Stadtwerke einer der drei größten Anteilseigner von „Global Tech 1“.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg