Plastische Chirurgie

Manager gehen für ihre Schönheit unters Messer

| Lesedauer: 5 Minuten
Daniela Stürmlinger
Jan Nebendahl, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie im Hamburger Dermatologikum, operiert nicht nur Frauen, sondern zunehmend auch Männer

Jan Nebendahl, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie im Hamburger Dermatologikum, operiert nicht nur Frauen, sondern zunehmend auch Männer

Foto: Roland Magunia / HA

Für viele ist es noch ein Tabu: Ein Fünftel der Kunden von Plastischen Chirurgen sind heute Männer.

Hamburg.  Er hatte bereits mehrere Hundert Männer auf seinem OP-Tisch. In die Jahre gekommene DAX- und MDAX-Vorstände, die mit ihrem Aussehen nicht mehr zufrieden waren, Schauspieler, Moderatoren und Leute, die sich extra Geld für eine Schönheits-OP angespart haben, gehören zu den Klienten von Jan Nebendahl.

Der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie ist Leiter der entsprechenden Abteilung am Hamburger Dermatologikum. „Meine Klienten wollen frisch aussehen. Fatal ist, dass man von einem Manager erwartet, dass er 20 Stunden am Tag arbeitet und aussieht, als wäre er gerade aus dem Urlaub gekommen“, sagt er.

Namen seiner hochkarätigen männlichen Kundschaft aus der Wirtschaft – auch in Hamburg – will und darf er nicht nennen. Schließlich wollen die meisten Männer nicht zugeben, dass sie sich bei der Schönheit auf die Hilfe von Profis verlassen. Die Frauen geben sich in dieser Frage gelassener.

Im Jahr 2013 wurden weltweit rund 11,6 Millionen Schönheitsoperationen durchgeführt. Dabei war die Brustvergrößerung mit rund 1,77 Millionen Eingriffen die weltweit beliebteste Schönheitskorrektur. In keinem Land wurde dem Äußeren so häufig chirurgisch nachgeholfen wie in Brasilien, das den Spitzenplatz im Jahr 2013 von den USA übernommen hat. Auf beide Länder entfiel ein gutes Drittel der weltweit durchgeführten Schönheitsoperationen. In Deutschland zählte die Deutsche Gesellschaft der Plastischen und Ästhetischen Chirurgen im Jahr 2014 rund 130.000 Eingriffe.

Rund ein Fünftel davon wurde an Männern vollzogen. „Vor allem Schlupflider werden bei Männern operiert, das kostet rund 2000 Euro für beide Augen“, sagt der Fachmann. Doch das größere Problem für viele Männer ist das Schwitzen. Wenn Vorstände zum Beispiel Vorträge halten und mit ihren Arm auf eine Tafel zeigen, kann es sein, dass sich auf dem Hemd viele unerwünschte Schweißflecken zeigen. Schwitzen ist zwar gesund, gilt aber nicht als schön.

Nebendahl empfiehlt seinen Kunden in solchen Fällen ein Medikament, das gespritzt wird. Es gibt für sechs bis acht Monate Sicherheit. Wenn das Mittel nicht hilft, muss eine Schweißdrüsenkürettage gemacht werden. Die Drüsen werden dabei nach einen Mini-Schnitt unter der Haut entfernt. Die 1500 Euro pro Arm bezahlt der Betroffene gern. Auch die Verkleinerung der männlichen Brust ist ein großes Thema bei Männern, die eine Verweiblichung ihres Körpers fürchten.

Über Facelifting, Fett absaugen oder Botox gegen die Zornesfalte im Gesicht möchten Führungskräfte nicht sprechen. Sie wollen nicht zugeben, dass man bei der Schönheit etwas nachgeholfen hat. Sich ohne Not unter das Messer eines Chirurgen zu legen, könnte womöglich die Chance eines Managers, einmal den Chefsessel einer Firma zu erklimmen, vereiteln, fürchten viele.

Genau wegen dieser Problematik ist das Dermatologikum auch am Sonnabend geöffnet. „Wir haben sogar unauffällige Eingänge, durch die Manager oder Schauspieler, die einen Eingriff vor sich haben, ungesehen zu uns kommen können“, sagt Nebendahl. Er hofft, dass das Tabu bei den Schönheits-OPs bald fällt. „Wer sich neue Zähne machen lässt, ist gesellschaftlich etabliert. Wer zum Schönheitschirurgen geht, verheimlicht dies immer noch. Diese Einstellung wird sich nicht mehr lange halten“, meint der Klinik-Chef.

„Früher war ein stattlicher Mann das Sinnbild für Wohlstand und Macht. Heute hingegen steht der Zeitgeist auf Fitness und gute Ernährung.“ Der Wandel sei bereits zu spüren. „Ein kleines Bäuchlein können wir behandeln, aber ab drei Kilogramm Fett wird es problematisch“, sagt Nebendahl. Vor allem bei Männern, die Sport treiben und auf ihre Ernährung achten, könne das Absaugen einer kleinen Fleischrolle helfen.

„Jürgen Klopp, der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, hat mit seinem Bekenntnis zu einer Haartransplantation den Männern einen großen Gefallen getan. Endlich sagte mal einer die Wahrheit“, so Nebendahl. Der 45-Jährige ließ sich Haare vom Hinterkopf auf die Stirn verpflanzen, um seine Geheimratsecken zu füllen. Auch FDP-Chef Christian Lindner bekennt, beim Haarwachstum auf fremde Hilfe gesetzt zu haben. Das Thema Haartransplantation ist für den Experten für Plastische und Ästhetische Chirurgie ein ganz spezielles.

Wer sich neue Haare einpflanzen lässt, bezahlt oft mehr als 20.000 Euro

„Jahrelang wurde nicht auf dem Gebiet geforscht, wer sich in den 70er- und 80er-Jahren neue Haare einpflanzen ließ, musste leiden. Und nicht nur das: Meist konnten selbst Laien erkennen, dass die Haarpracht nicht richtig saß.“ Inzwischen ist das Verfahren humaner, aber auch teuer. Drei bis vier Euro kostet ein einzelnes Haar. Wer 5000 bis 6000 neue Haare braucht, muss 20.000 Euro und mehr auf den Tisch legen.

Der Chirurg, der pro Jahr rund 6000 Eingriffe an seinen Kunden vornimmt, betreut neben Frauen, die sich mit Botox Falten wegspritzen lassen (bis zu 650 Euro), auch Patienten, die tatsächlich die Hilfe der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie benötigen. „Wir verkleinern zum Beispiel zu große Brüste und helfen auch bei abstehenden Ohren von Kindern.“ Diese Leistungen werden sogar von einigen Krankenkassen übernommen. Künftig wird Nebendahl vermutlich noch mehr Klienten haben. „Immer mehr Menschen mit Tattoos wollen diese wieder entfernen lassen“, sagt er. Das kostet nicht nur Geld, sondern tut manchmal auch richtig weh.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg