Umweltunternehmen

Wie man Schadstoffe im Büro messen kann

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Wolfgang Horch
Breeze-Vorstandschef Robert Heinecke hat einen Prototypen seines Luftmessers in den Händen

Breeze-Vorstandschef Robert Heinecke hat einen Prototypen seines Luftmessers in den Händen

Foto: Roland Magunia

Hamburger Start-up will mit Hunderten kleinen Stationen schlechte Luft in Städten nachweisen. 599 Euro teure Geräte auch für Gebäude.

Hamburg. Die Container sind grün, mehrere Meter breit und tief – und prägen das Stadtbild. Aber nicht unbedingt von der schönsten Seite. Aber sie erfüllen einen wichtigen Zweck: Knapp 20 Messstationen sind in Hamburg aufgestellt, um die Qualität der Luft ständig zu überprüfen. Das Start-up Breeze mit Sitz in Hoheluft geht nun einen neuen Weg beim Sammeln der Umweltdaten. Mit einem Netz aus sehr vielen, dafür aber platzsparenden Geräten möchte es vor allem Städte – aber auch Unternehmen – als Kunden gewinnen. „Die Menschen sollen gesünder leben, besser arbeiten, insgesamt ein besseres Leben führen“, sagt Gründer und Vorstandschef Robert Heinecke: „Wir entwickeln die Zukunft der Luftqualitätsüberwachung.“

Der Prototyp seines Systems ist eine je acht Zentimeter breite und tiefe, vier Zentimeter hohe Plastikbox. „Unser Prototyp ist bis zu 50.000-mal kleiner und bis zu 500-mal billiger als die herkömmlichen, bekannten Container“, sagt der 25-Jährige. Aus einer Seite ragen zwei Gassensoren heraus, die relevante Werte wie Kohlenmonoxid, Ozon, Feinstaub, Ammoniak und Stickstoffdioxid einmal pro Minute messen. Zudem werden Temperatur und der Feuchtigkeitsgehalt ermittelt. Eine Platine und viele bunte Kabel stellen das Innenleben der Plastikschachtel dar. Über ein WLAN-Modul werden die Werte an eine Webapplikation geschickt, in der die Daten gesammelt und ausgewertet werden. Der Vorteil des dezentralen Systems: Es ermöglicht Aussagen über die Luftqualität auf sehr lokaler Ebene, weil statt ein oder zwei Dutzend Messstationen dann zwischen 500 bis 2000 Geräte in den Städten die Daten sammeln.

Heinecke ist auf die Idee für das Unternehmen im Dezember 2014 gekommen. Seine Abschlussarbeit für seinen Master in IT-Management und Consulting schrieb er in Istanbul. „Den ersten Monat dort musste ich immer husten und niesen, hatte ein Kratzen im Hals“, erinnert er sich. Von seinem Schreibtisch im Norden der Bosporus-Metropole sah er normalerweise deren Skyline. Plötzlich war sie nicht mehr zu erkennen. Smog! Maximal ein Kilometer Sicht war noch drin. Eine Situation, die er bisher nur Städten wie Peking zuschrieb. Auf einer Website sah er sich die Luftwerte an. Sie waren sehr schlecht. Heinecke: „Da habe ich erkannt, dass Luftqualität ein europaweites Problem ist.“

Es war der Anstoß, um beim Start-up-Wettbewerb SpeedUp!Europe mitzumachen. In Hamburg hatte der Rothenburgsorter mehrere Jahre lang in einer IT-Unternehmensberatung mit dem Wirtschaftsinformatiker Sascha Kuntze und Jan Rübbelke, Student der angewandten Informatik, zusammengearbeitet – und gewann beide als Mitstreiter. Nur ein paar Wochen später reichten sie ihre Unterlagen ein. Ende Januar wurde ihnen mitgeteilt, dass sie unter den Top 100 in Europa waren und mit 50.000 Euro gefördert werden. Ende April erhielten sie als eine Art Meilensteinzahlung von beantragten 20.000 Euro als eins von 20 Start-ups weitere 19.300 Euro.

„Wir haben jetzt zwei erste Kunden, die das Gerät testen werden“, sagt Heinecke. In den Büros eines Batterieherstellers und einer Beratungsfirma soll die Luftqualität gemessen werden. Die Kunden zahlen 599 Euro pro Gerät, an dessen Design noch gearbeitet werden soll, um ein Lifestylecharakter zu erzielen. Je nach den Ergebnissen verweist Breeze dann auf Firmen, die Abhilfe schaffen. Bei hoher Feinstaubbelastung können beispielsweise spezielle Filter in die Klimaanlage eingebaut, bei Trockenheit Luftbefeuchter aufgestellt werden. Es würden auch innovative Ansätze verfolgt. Beispielsweise gebe es ein Start-up, das an einer Wandbeschichtung forscht, die Schadstoffe aus der Luft bindet. Für die Firmen ergebe es einen deutlichen Mehrwert sagt Heinecke unter Verweis auf Studien: „Wenn man die Luftqualität verbessert, kann man die Krankheitsfälle um 52 Prozent reduzieren und die Leistung um 15 Prozent steigern.“

Die Umweltsensoren können auch in Werbeflächen integriert werden

Die Städte als Kunden zu gewinnen, gestaltet sich schwierig. Die Aufträge würden häufig in langwierigen Ausschreibungen vergeben oder langjährigen Partnern treu geblieben. Bei Messen knüpfte Heinecke nach eigenen Angaben aber bereits Kontakte mit insgesamt 14 Städten wie Hamburg, Berlin, Zürich, Kuala Lumpur und Singapur: „Es gibt reges Interesse von Städten, vor allem aus dem asiatischen Bereich.“ Auch mit Stadtmöbelherstellern sei er im Gespräch, um die Umweltsensoren beispielsweise in die Werbefläche zu integrieren. Für den Bau der Prototypen braucht Rübbelke, der Hardware-Entwickler, bisher in Handarbeit noch zwei bis drei Stunden für ein Exemplar. Breeze sucht nun einen Investor, der mit 250.000 Euro einsteigt, um die nächsten Entwicklungsschritte zu ermöglichen, sagt Heinecke: „Im nächsten Jahres wollen wir die Serienproduktion starten.“

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