Auf den Norden ist Verlass: Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig setzt auf nachhaltige Spiele in der Metropolregion und die Dänen

Hamburg. Wenn es um die Unterstützung Hamburgs bei seiner Bewerbung um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 geht, dann kann die Hansestadt sich auf den Norden verlassen. „Olympische Spiele in der Metropolregion Hamburg sind eine große europäische Idee“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig bei einem Besuch der Redaktion des Hamburger Abendblatts. „Sie würden von einem skandinavisch-norddeutschen Lebensgefühl geprägt, das Olympischen Spielen sehr gut täte. Wir kämen weg vom Gigantismus und wendeten uns den Menschen zu.“

Der Kieler Regierungschef zeigte sich optimistisch darüber, dass Hamburg letzten Endes den Zuschlag erhält. „Gewinnen wird derjenige, der den Menschen einen wundervollen Traum einpflanzt und nicht derjenige, der ein Album mit wundervollen Bildern aus der Vergangenheit vorzeigt“, sagte Albig mit Blick auf sportliche Großereignisse in Berlin in den vergangenen Jahrzehnten. „Hamburg hat den besseren Traum.“ Zudem böten Sommerspiele in der Metropolregion Hamburg für die Reformer innerhalb des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eine einmalige Chance. „Wenn die olympische Idee eine Zukunft haben soll, muss sie den Geruch alter, korrupter Männer ablegen“, sagte Albig. „Nehmen die Menschen diesen Geruch wahr, wird es Olympische Spiele in demokratischen Staaten künftig nicht mehr geben.“

Auch Hans-Jakob Tiessen, Präsident des Landessportverbands Schleswig-Holstein, geht davon aus, dass Deutschland – international gesehen – mit Hamburg die besten Chancen hat. Abgesehen davon, dass in der Hansestadt unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen hinter der Bewerbung stünden, „passt Hamburg exzellent zu den neuen Regeln, die sich das Internationale Olympische Komitee für die Austragung der Spiele gegeben hat“.

In diesem Zusammenhang bezeichnete Ministerpräsident Albig es als klug, große Infrastrukturprojekte vorher mit den Bürgern zu besprechen. „Ansonsten werden vor so einem Ereignis nur jene aktiviert, die es ablehnen. Und die sind meist in der Minderheit.“ Durch eine breite Bürgerbeteiligung im Vorfeld von Olympischen Spielen bekäme jener große Teil der Gesellschaft eine Stimme, der die Idee unterstütze. „Wenn wir meinen, es geht automatisch, dann scheitern wir.“

Der Präsident des UV Nord, Uli Wachholtz, zeigte sich überzeugt, dass man die Menschen gewinne, wenn man erkläre, was und wie es ablaufen werde. „Die Leute haben Angst vor gigantischen Fehlinvestitionen wie im russischen Sotschi. Aber wenn sie sehen, dass sich das Land nachhaltig zum Positiven verändert, dass Arbeitsplätze entstehen, dann wächst auch die Zustimmung.“ Das können man an London erkennen. „Am Ende werden Olympische Spiele in der Metropolregion eine Investition in die Zukunft sein.“

Tiessen verwies darauf, dass die Sportvereine in Schleswig-Holstein rund eine Million Mitglieder haben. „Da existiert eine große Kraft vor Ort. Wir haben schon vor einem Dreivierteljahr begonnen, für Olympische Spiele in Hamburg zu werben.“ Zudem führten Olympische Spiele dazu, dass Menschen wahrnehmen würden, wie elementar Sport für jedes Kind sei. „Nicht zuletzt dürfen wir die Paralympics nicht vergessen, die ja auch bei uns stattfinden würden. Bei der Integration behinderter Sportler ist Deutschland weltweit Vorbild.“

Der Ministerpräsident verwies auf die positiven Effekte einer Olympiabewerbung. „Alle Planungen für Stadtentwicklung und Infrastruktur erhielten einen olympischen Hormonschub. Dann gehen plötzlich Dinge, die sonst nicht gehen.“ So eine Chance bekomme man nur ein Mal in einem Jahrhundert. „Und wir werden das schaffen, ohne, dass Mietpreise explodieren und die sozial Schwächeren aus den Städten vertrieben werden.“

Zumal Olympische Spiele im Norden Deutschlands auf ganz Nordeuropa ausstrahlen würden. „Olympia bei uns wäre ja auch eine Olympiade für Dänemark und den Süden Schwedens“, sagte Albig: „Im Jahr 2021 werden wir eine feste Fehmarnbelt-Querung haben. Von Kopenhagen und Malmö aus dauert es dann lediglich zwei Stunden und sie sind bei den Wettkämpfen.“ Mit Blick auf die Kritiker einer Olympiabewerbung, die zu hohe Kosten für die öffentliche Hand befürchten, kündigte der Kieler Regierungschef an, man werde die Zweifler mitnehmen. „Wenn Kosten explodieren, das hat der Bau der Elbphilharmonie beweisen, liegt das an der unprofessionellen Vorbereitung eines so großen Projekts. Nicht die Kosten explodieren, es explodiert eine schlecht aufgesetzte Planung.“

Gerade der Norden zeige jedes Jahr bei sportlichen Ereignissen, „dass wir auf den Punkt genau Weltveranstaltungen durchführen können: die Sportstätten sind pünktlich fertig, die Logistik stimmt, und wir bleiben finanziell im Rahmen“, sagte Albig und fügte hinzu: „Im Übrigen: Wenn die Olympischen Spiele in Hamburg beginnen, werden wir im Norden einen der besten Konzertsäle der Welt haben, und das Eröffnungskonzert wird dort stattfinden.“

Nach neuen olympischen Regeln können die Ausrichter der Spiele zwei Sportarten benennen, in denen es um olympisches Gold gehen soll. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir bei den Paralympics Segelwettkämpfe durchführen“, sagte Albig. Außerdem plädierte der SPD-Politiker für olympische Wettbewerbe beim Kitesurfen. „Das würde viele junge Menschen anziehen. Die Wettbewerbe ähneln inzwischen - was die Publikumsbegeisterung angeht - Formel-1-Veranstaltungen.“

Die Sorge, dass die Distanzen zwischen Hamburg und den schleswig-holsteinischen Olympiaorten zu groß sei, teilte Albig nicht. „Mobilität ist immer eine Frage der Zeit und keine Frage der Strecke.“ Bis zum Jahr 2024 werde das Autobahnnetz in Norden saniert oder ausgebaut sein. „Im Übrigen fahren sie durch wunderschöne Landschaften, und dabei geht ihnen die Seele auf.“

Ebenso optimistisch ist der Regierungschef, was die Zustimmung der Sportler zu Olympischen Spielen im Norden angeht. „Wer Handballflair erleben will, der muss in den Norden kommen.“ Die Handballer würden begeistert sein, wenn sie merkten, dass die Spiele von wahren Fans begleitet würden. „Ich bin überzeugt: Es gibt keinen Handballer auf der Welt, der nicht in Kiel oder Flensburg spielen möchte.“ Der THW Kiel ist der deutsche Handball-Rekordmeister, die SG Flensburg-Handewitt der aktuelle europäische Champions-League-Sieger.