Auch in Discos und bei Großveranstaltungen lassen sich Blüten zu Geld machen. Risiko, entdeckt zu werden, ist gering

Hamburg. Eine Schere hatten die Mädchen im Handgepäck, dazu ein paar Bögen Papier mit falschen 50-Euro-Scheinen drauf – schlechte Kopien aus dem Fotodrucker. Bei Bedarf wollten sie das Falschgeld vor Ort ausschneiden. Ganz ungeschickt stellten sich die jungen Betrügerinnen im Alter von 15, 16 und 17 Jahren im vergangenen Oktober nicht an: Die Quittungen, die sie bei sich hatten, dokumentierten genau, was sie um welche Uhrzeit mit ihren Blüten bereits erworben hatten.

Auf die Schliche kam ihnen dann ein Zigarettenverkäufer an der Brennerstraße in St. Georg, der einen der 50er als falsch erkannt hatte – und den jungen Damen hinterherlief. Die 22 gefälschten 50-Euro-Scheine, die die Mädchen noch bei sich hatten – schon ausgeschnitten oder noch im A4-Bogen – waren nur ein Bruchteil der insgesamt 29.376 falschen 50er, die die Deutsche Bundesbank allein im vergangenen Jahr katalogisierte. Sie gehörten wahrscheinlich zu den schlechtesten Kopien, die gefunden wurden. Geht doch die Masse der Blüten auf das Konto organisierter, professioneller Fälscherbanden. Und die bedienen sich nicht eines Heimdruckers oder Fotokopierers, sondern erfahrener Druckermeister und entsprechender professioneller Druckereien. Mit steigender Tendenz.

Im Akkord hatte etwa eine rumänische Bande im vergangenen Jahr gefälschte 20-Euro-Scheine in Umlauf gebracht. Mit jeweils nur einer Blüte in der Geldbörse, um im Fall einer Kontrolle selbst den Betrogenen spielen zu können, suchten die drei mehrere Discounter auf und jubelten den Kassiererinnen die falschen Scheine unter.

In drei Stunden sollen sie so 17 falsche 20-Euro-Scheine gewaschen haben. Neben Discos und Großveranstaltungen sind Discounter die lukrativsten Orte für Fälscher, ihre Ware in echtes Geld umzutauschen, die Wertsteigerung ist enorm. Die Kassiererinnen stehen unter Druck, in kurzer Zeit viele Kunden abzufertigen. Zeit, die Banknoten ausgiebig zu prüfen, bleibt da nicht.

Das Falschgeld der Rumänen stammte von Fälscherbanden, die in und um Neapel beheimatet und die als „Napoli Group“ bei Notenbänkern gefürchtet sind. Sie werden nicht nur für mindestens die Hälfte aller Euro-Fälschungen, sondern auch für die qualitativ hochwertigsten Blüten verantwortlich gemacht. Frühere Buchdrucker, insbesondere in der Gegend um Giugliano im Hinterland von Neapel, sollen sich so ein neues Auskommen gesichert haben – unter dem Schutz der Camorra, der neapolitanischen Mafia, die dafür fleißig abkassiert. Ende November gelang der italienischen Polizei ein Schlag gegen Fälscher: 29 kamen ins Gefängnis, zehn wurden unter Hausarrest gestellt. Eine Ausnahme, denn letztlich ist das Entdeckungsrisiko für Fälscher gering. Und wird doch mal eine Druckerei geschlossen, beginnt anderswo eine neue mit der Arbeit. Viele Blüten werden auch Druckereien in Rumänien und vor allem in Bulgarien zugerechnet. Dort hoben Fahnder jetzt eine Druckerei aus, die in zwei Containern unter einem frisch geteerten Parkplatz versteckt war.

Auch in Schleswig-Holstein vermutete die Polizei schon Falschgeld-Druckereien, insbesondere nachdem 2010 in Hamburg und auf einem Autohof in Henstedt-Ulzburg Blüten sichergestellt werden konnten, die einen aufgedruckten Wert von 430.000 Euro hatten. Seitdem sind keine deutsche Blüten dieser Klassifizierung mehr aufgetaucht.

Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland mit Falschgeld in Berührung zu kommen, auch gering. Auf 10.000 Deutsche kommen nur acht falsche Banknoten. In Ländern wie Frankreich und Italien sind deutlich mehr falsche Noten im Umlauf.