Hamburger Olympiastarter erinnern sich: 1984 waren die Kanu-Zwillinge Matthias und Oliver Seack, 52, von Gold 200 Meter entfernt

Als in Los Angeles 1984 die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele startete, waren wir weit entfernt und verfolgten die Zeremonie im Trainingslager in Duisburg. Wir bedauern es nicht, zu diesem Zeitpunkt nicht in den Staaten gewesen zu sein – die Athleten mussten stundenlang vor dem Stadion auf ihren Einmarsch warten. Da die Kanusportler ihre Wettkämpfe traditionell nach den Ruderern austragen, sind wir erst zwei Wochen später angereist.

Vielleicht waren wir so entspannt, weil uns bewusst war, dass für uns kein Weg an den Olympischen Spielen vorbeiführte. Seit 1981 hatten wir die nationale Kanuszene dominiert, egal ob im Einer, Zweier oder Vierer.

Da die Kanuwettbewerbe nicht in Los Angeles, sondern im 140 Kilometer entfernten Santa Barbara stattfanden, wurden wir im Komplex der University of California untergebracht. Das Gelände war toll, es gab viel Unterhaltung und ein großes Verpflegungsangebot – wir hätten zu jeder Tages- und Nachtzeit Steaks essen können. Wir vermuten scherzhaft, dass wir deswegen keine Medaille gewonnen haben.

Angetreten sind wir bei den Spielen 1984 gemeinsam im Zweier auf den Strecken über 500 Meter sowie über 1000 Meter. Beim ersten Wettkampf über die kürzere Distanz kamen wir als siebtes Boot über die Ziellinie – ein frustrierendes Ergebnis. Vielleicht waren wir deswegen beim Finale über 1000 Meter einen Tag später übermotiviert. Als jüngste Starter im Feld hatten wir die schnellste aller Zwischenlaufzeiten erreicht. Entsprechend war die Hoffnung groß, einen Medaillenplatz zu belegen. Wir starteten gut, waren 800 Meter lang in Führung. Bis die Kraft nachließ, die anderen Kanus immer näher kamen und wir merkten, dass wir uns zum Start verausgabt hatten. Wir verkrampften, kamen als fünftes Team ins Ziel – und waren enttäuscht.

Nach unserem Wettkampf wurden wir für zwei Nächte im zentralen olympischen Dorf in Los Angeles untergebracht und verbrachten die Zeit mit den anderen Athleten, bis die Abschlussfeier die Olympischen Spiele beendete. Das war für uns allerdings kein Grund abzureisen. Mit 20 anderen Olympioniken aus dem deutschen Team traten wir eine einwöchige Reise an, die der Deutsche Olympische Sportbund angeboten hatte, um das Land und die Leute besser zu verstehen. Wir besuchten die deutschen Magiekünstler Siegfried und Roy in ihrem Haus, genossen die Zeit in Las Vegas und machten einen Rundflug durch den Grand Canyon.

Leider haben wir an keinen weiteren Olympischen Spielen aktiv teilgenommen, bis wir unsere Karriere gemeinsam Anfang der 90er-Jahre beendeten. Zu den alten Nationalmannschaftskollegen besteht noch guter Kontakt, einmal im Jahr wird ein Treffen bei einem anderen Mitglied organisiert. Auch wir Brüder untereinander haben ein sehr gutes Verhältnis, wir telefonieren täglich. Um das Finale von 1984 geht es dabei aber nicht mehr.

Oliver Seack arbeitet in der Gebrauchtwagensparte bei Volkswagen, Matthias Seack ist Chefarzt in der Helios-Klinik Mariahilf in Harburg.