450 Feuerwehreinsätze nach Orkan am Wochenende. Fischmarkt fiel aus, Zug der U1 entgleist, Fernverkehr eingestellt

Hamburg. Mit der morgendlichen Sturmflut war auch der traditionelle Hamburger Fischmarkt am frühen Sonntag ins Wasser gefallen. Wo sich sonst Besucher drängen, schwappten am Sonntag hohe Wellen über den Platz und durch die Fischauktionshalle. Die meisten Händler waren ohnehin zu Hause geblieben. Zu schlecht waren die Prognosen bei einem erwarteten Wasserstand von 3,30 Meter über dem mittleren Hochwasser. Selbst hartgesottene Fluttouristen hielt es nicht lange im von Windböen durchtriebenen Wettermix aus Hagel, feuchtem Schnee und dicken Regentropfen.

Denn das Orkantief „Elon“ hatte die Stadtgrenzen gerade erst verlassen, da war am Sonnabend auch schon das nicht weniger mächtige Tief „Felix“ herangestürmt und hatte der Hamburger Feuerwehr bei Windböen von knapp 100 Kilometern pro Stunde ein arbeitsreiches Wochenende beschert. Zu mehr als 400 Einsätzen mussten die Berufs- und die Freiwilligen Feuerwehren allein am Sonnabend ausrücken, am gestrigen Sonntag kamen noch einmal etwa 50Einsätze hinzu.

Besonders heftig wütete „Felix“ am Sonnabend zwischen 14 und 15 Uhr. Allein in dieser einen Stunde fielen etwa 100 Einsätze an. „Das war zum Glück aber alles nicht ganz so dramatisch“, sagte ein Feuerwehrsprecher dem Hamburger Abendblatt. „Denn der Orkan hat uns Feuerwehrleute nicht überrascht.“

Größere Schäden blieben aus. Ernsthaft verletzt wurde – im Gegensatz zu Freitag, als ein Baum in Bahrenfeld auf Schulkinder gefallen war – niemand. In Fuhlsbüttel kamen 150 Fahrgäste einer U-Bahn der Linie U1 mit dem Schrecken davon, als die Bahn auf einen auf die Gleise gestürzten Baum auffuhr und entgleiste. Nachdem der Strom auf der Strecke abgestellt worden war, wurde die Bahn evakuiert und die Passagiere von Polizisten und Feuerwehrleuten zur in Sichtweite liegenden U-Bahn-Station Fuhlsbüttel Nord geführt. Wegen des heftigen Winds durften U-Bahnen oberirdisch nur mit Tempo 40 fahren, was im gesamten Streckennetz zu Verspätungen führte.

In Neugraben-Fischbek deckte eine Windböe das Wellblechdach einer Reihenhauszeile ab. Ungläubig sahen die Bewohner des Ohrnsweg kurz vor 14.30Uhr, wie sich das Blechdach erhob und, getragen durch den starken Wind, auf die Straße geschleudert wurde. Die Feuerwehr sperrte die Straße ab und sicherte die mehrere Quadratmeter großen, scharfkantigen Dachstücke, die mehrere geparkte Autos getroffen hatten. Menschen waren zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise nicht auf der Straße.

Am Kaiserkai in der HafenCity drohten gegen 15.30 Uhr Dachteile des Messmer Momentum-Teehauses abzustürzen, nachdem diese sich gelöst hatten. In einem Nachbarhaus riss die Dachkante, einige Teile fielen zu Boden. Der Kaiserkai wurde gesperrt. Das Technische Hilfswerk (THW) war vor Ort, Fußgänger durften nur mit Polizeibegleitung zu ihren Wohnhäusern gehen. Knapp drei Stunden später lösten sich Dachziegel von einem Nachbargebäude der Staatsoper an der Großen Theaterstraße in der Neustadt. Einige Ziegel fielen auf den Gehweg. Die Feuerwehr sperrte den Bereich um das Konzerthaus, Höhenretter sicherten die losen Dachteile. Die laufende Vorstellung lief jedoch weiter.

Besonders hart traf der Orkan die Bahn: Der Fernverkehr von und nach Hamburg kam am Sonnabendnachmittag für mehrere Stunden zum Erliegen. „Hamburg ist vom Fernverkehr weitgehend abgeschnitten”, sagte eine Bahnsprecherin am Sonnabend. Bäume stürzten auf die Gleise oder rissen Oberleitungen ab. Erst am Abend kam der Zugverkehr schrittweise wieder in Gang. Im Hauptbahnhof bildeten sich daraufhin riesige Schlangen von gestrandeten Reisenden vor den Schaltern. Einige stiegen auf Fernbusse oder auf Sammeltaxis um.

Der Sylt-Shuttle wurde eingestellt, es herrschte teils Windstärke 12

Auch Regionalzüge fuhren zum Teil nicht, der Sylt-Shuttle wurde eingestellt. An der Südspitze der Insel waren auf einer Länge von 500 Metern die Randdünen abgebrochen. Bis zu 19 Meter seien beim Nachthochwasser verloren gegangen, hieß es beim Landesbetrieb für Küstenschutz.

Deutlich ruhiger als in Hamburg blieb es am Wochenende an Schleswig-Holsteins Nordseeküste. Dort brausten die Böen zwar mit Macht über die Waterkant, führten aber nicht zu größeren Auswirkungen. Der Sturm wütete hauptsächlich in den mittleren und südlichen Regionen Schleswig-Holsteins. Bei Sturmböen von bis zu Windstärke 12 mussten entwurzelte Bäume, abgerissene Straßenschilder sowie heruntergewehte Dachziegel beseitigt werden. War der Sonntag insgesamt schon deutlich ruhiger als noch der Vortag, wurde für das Abendhochwasser dann nur noch ein Pegel von zwei Meter über dem mittleren Hochwasser erwartet. Doch Entwarnung gibt es damit nicht. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes reißt die Sturmserie auch in der kommenden Woche nicht ab. Bis Freitag rechnen Meteorologen weiter mit heftigem Wind. An den Küsten und im Bergland seien orkanartige Böen möglich.