Orkan „Elon“ sorgt für Sturmflut und Feuerwehreinsätze. Ast verletzt Zwölfjährige. Flughafen-S-Bahn evakuiert. Fernzüge fallen aus, Friedhöfe gesperrt

Hamburg. Der erste Sturm des Jahres hat in Norddeutschland schwere Schäden angerichtet. Stellenweise wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 115 Kilometern pro Stunde gemessen. Seit dem Orkan „Christian“ im Oktober 2013 wurden nicht mehr so hohe Windstärken in der Hansestadt erreicht. In Bahrenfeld wurden mehrere Schüler verletzt, als auf dem Schulhof ein Teil eines Baumes plötzlich auf sie stürzte. Andere Bäume fielen auf Autos und Häuser. Starker Regen setzte viele Straßen unter Wasser. Die Hamburger Feuerwehr musste allein bis 15.30 Uhr mehr als 400 Einsätze bewältigen.

Am Sonntag besteht an der Nordseeküste die Gefahr von zwei Sturmfluten, wobei die Sturmflut am Sonntagmorgen auf St. Pauli um 7.54 Uhr ihren Höhepunkt erreicht. „Der Fischmarkt in Hamburg könnte erstmals seit Jahren betroffen sein. Er musste aber noch nie wegen einer Sturmflut abgesagt werden. Möglicherweise findet er am Sonntag nur eingeschränkt statt“, sagt Frank Böttcher, Direktor des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation.

Der Marktplatz steht nach den Berechnungen des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ausgerechnet am Sonntag zwischen 6und 9 Uhr zum Teil unter Wasser. Aktuelle Informationen finden Sie bei www.abendblatt.de

Sturmtief „Elon“ war am Freitag um kurz nach 11Uhr über Hamburg hereingebrochen. „Wir hatten innerhalb kürzester Zeit Dutzende von Einsatzstellen“, sagt ein Feuerwehrmann. „Elon“ tobte bereits fast eine Stunde, als gegen 12Uhr an der Stadtteilschule Bahrenfeld an der Regerstraße ein Teil eines Baumes auf mehrere Schüler stürzte. Eine Zwölfjährige erlitt dabei Knochenbrüche. Zwei weitere Schülerinnen mussten wegen eines Schocks ebenfalls ins Krankenhaus gebracht werden. Auch mehrere Schüler und Lehrer, die Erste Hilfe geleistet hatten, mussten betreut werden. An der Georg-Wilhelm-Straße in Wilhelmsburg stürzte vor einem Kiosk ein Baum auf zwei geparkte Autos. „Erst 2014 ist hier bei Sturm ein Baum umgefallen“, sagt der Kioskbesitzer. Er wollte die zweite Buche auch entfernen lassen, weil er fürchtete, dass die Wurzeln morsch sind. „Das Bezirksamt hatte einen Sachverständigen geschickt. Der sagte, dass der Baum noch in 100 Jahren steht“, so der Kioskbetreiber.

In der HafenCity fielen reihenweise Bauzäune um. Bei der Feuerwehr herrschte Ausnahmezustand. In dem Fall werden Einsätze nicht mehr unbedingt sofort erledigt, sondern nach Prioritäten abgearbeitet. „Elon“ hat auch den Trainingsplan beim HSV durcheinandergewirbelt. Die Einheit musste vorzeitig abgebrochen werden, weil ein Tor umgeweht worden war.

Am Abend blieb ein Zug der Linie S1 etwa einen halben Kilometer vor dem Bahnhof Friedrichsberg unter einem 25 Meter hohen Baum stecken, der durch den Sturm in Schieflage geraten war. Der Zugführer hatte noch eine Notbremsung gemacht. Fahrgäste hörten ein Krachen. Laut Feuerwehr lag der Baum in Höhe des fünften Waggons auf dem „Airport-Express“. Die Beamten evakuierten den S-Bahn-Zug. Mehr als 200 Fahrgäste wurden über Steckleitern aus den Waggons geholt und zur S-Bahn-Haltestelle geführt.

In ganz Norddeutschland waren die Feuerwehren im Dauereinsatz. Der Sturm bremste auch den Fernzugverkehr aus. Unterbrochen waren die Strecken von Hamburg nach Berlin, Bremen und Hannover. Deshalb konnte auch ein Teil der Züge aus dem Süden und Westen der Republik vorübergehend nicht weiterfahren. Gegen 17.30 Uhr war die Strecke Hamburg–Bremen wieder frei. Zwischen Hamburg und Hannover sowie zwischen Berlin und Hamburg war am Abend wieder eines von zwei Gleisen befahrbar. Auch in Lüneburg und Stade kam es zu Behinderungen im Zugverkehr. Strecken wurden teilweise voll gesperrt. In Hörnum auf Sylt wurden Böen mit einer Spitzengeschwindigkeit von 163 km/h gemessen, sagte Daniel Wünsch, Diplom-Meteorologe beim Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Tonndorf.

In Hamburg sperrten die Behörden sogar mehrere Friedhöfe für den Verkehr. Die Gefahr, von umstürzenden Bäumen oder herabfallenden Ästen getroffen zu werden, ist zu groß. „Wegen der Wetterlage bleiben die Friedhöfe Ohlsdorf und Öjendorf am Wochenende für jeglichen Verkehr, dazu gehört auch der öffentliche Nahverkehr, gesperrt“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren. In Ohlsdorf sind für Sonnabend zwei Bestattungen abgesagt worden. Die Umweltbehörde warnte davor, Friedhöfe oder Wälder zu betreten.

An diesem Sonnabend wird der Wind noch einmal kräftig aufdrehen. Nach Prognosen des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation werden in Hamburg teilweise Orkanböen erreicht. Im Verlauf des Tages und der Nacht zum Sonntag sinken die Temperaturen auf null Grad. „Es kann sogar sein, dass am Sonntagmorgen etwas Schnee in Hamburg liegt“, sagt Meteorologe Daniel Wünsch. Vor allem im Norden bleibe es auch in der nächsten Woche stürmisch.