Vorbild: Hamburgs Schulfrieden. Grüne und CDU dafür. Metrozüge als Kompromiss?

Hamburg. Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer hat die Rathausparteien zum Jahreswechsel aufgefordert, zu einem breiten Konsens im Streit über den Ausbau des Hamburger Schnellbahnnetzes zu finden. Während die allein regierende SPD auf die Erweiterung des U-Bahn-Netzes setzt, halten CDU und Grüne die Schaffung einer Stadtbahn für den richtigen Weg.

Vorbild eines überparteilichen Paktes ist für den Handelskammer-Präses die Einigung von CDU, SPD und Grünen auf den sogenannten Schulfrieden 2010, der die Schulstruktur auf zehn Jahre festschreibt. „Um beim Ausbau des schienengebundenen Personennahverkehrs nachhaltig voranzukommen, benötigen wir endlich einen Bahnfrieden“, sagte Melsheimer bei der traditionellen Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg am Silvestertag im Börsensaal der Handelskammer.

Der Präses pries den Vorschlag der Kammer, eine Metrobahn zu bauen, die ebenerdig als Stadtbahn und unterirdisch als U-Bahn fahren kann, als „gute Kompromisslösung“. Die Metrobahn vereinige die Vorzüge von U-Bahn und Stadtbahn. „Setzen Sie sich also an einen Tisch und einigen Sie sich“, rief Melsheimer den Politikern zu.

Der Vorstoß des Kammer-Präses ist insofern brisant, als Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bislang kategorisch ausschließt, dass die Stadtbahn in Hamburg kommen wird, unter anderem weil die Einführung eines neuen Schienensystems zu teuer sei. „Unsere U-Bahn-Planungen sind gut durchdacht, ihre Umsetzung ist auf die nächsten Legislaturperioden angelegt“, sagte Senatssprecher Christoph Holstein. „Wir sind sicher, dass wir auch in dieser Frage einen breiten gesellschaftlichen Konsens erzielen werden.“ Von einer Einigung der Parteien ist nicht die Rede.

CDU-Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich freute sich dagegen über den Melsheimer-Vorstoß. „Das ist Wasser auf unsere Mühlen und passt nicht zur Basta-Politik von Olaf Scholz“, sagte Wersich. „Wie kluge Hamburger Kaufleute sollten wir in Alternativen denken, alles prüfen und die beste Lösung realisieren.“ Die Union sei nicht generell gegen die U-Bahn, sondern habe die Verbindung vom Jungfernstieg in die HafenCity einst durchgesetzt.

„Ich stehe der Idee eines Bahnfriedens positiv gegenüber“, sagte auch Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank. Langfristige Infrastrukturprojekte brauchten Verlässlichkeit über Wahltermine hinweg. „Da ist es recht charmant, wenn sich alle an einen Tisch setzen und nach einer Lösung suchen“, sagte Fegebank.

„Heute oder morgen einen Bahnfrieden zu vereinbaren ist nicht wirklich realistisch“, sagte SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Andreas Dressel. Noch sei die Faktengrundlage, die Voraussetzung für eine Entscheidung sein müsse, nicht erarbeitet. Voraussichtlich 2016 sollen Machbarkeitsstudien der Hochbahn zu den geplanten U-Bahn-Streckenführungen vorliegen. „Dann werden wir uns um einen möglichst breiten Konsens bemühen“, so Dressel.

Der Handelskammer-Präses beleuchtet in seiner Jahresabschlussrede traditionell die wirtschaftliche Gesamtlage und zieht eine politische Bilanz des abgelaufenen Jahres. Diesmal kamen rund 2200 Kaufleute sowie Vertreter aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften und den Behörden.