Männer sind optimistischer als Frauen, Familien hoffnungsvoller als Singles und kinderlose Paare. An dieser Stelle schreibt jeden Montag Prof. Ulrich Reinhard von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.

Noch drei Tage, dann gehört das Jahr 2014 der Vergangenheit an. Zeit, einen Blick zurück und voraus zu werfen. Vieles ist in den letzten zwölf Monaten passiert: Wir sind Fußballweltmeister geworden! Der Sieg der Nationalelf versetzte ganz Deutschland in einen Freudentaumel, sorgte für viele unvergessliche Momente und ein großes Gemeinschaftsgefühl in lauen Sommernächten. Aber nicht nur der Sommer sorgte für viele sonnige Stunden, insgesamt war das ganze Jahr geprägt durch außergewöhnlich warme und milde Temperaturen. Der Deutsche Wetterdienst vermeldete vielerorts Rekordwerte, und 2014 wird als das bisher wärmste Jahr – seit dem Beginn der Messungen im Jahr 1881 – in die Geschichtsbücher eingehen. Abkühlung brachte uns im Sommer u. a. die „ALS Ice Bucket Challenge“. Zahlreiche Bürger schütteten sich Eiswasser über den Kopf, um auf die Nervenkrankheit ALS aufmerksam zu machen. Auch viele Prominente machten mit: Popstars von Lady Gaga bis Helene Fischer, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und Microsoft-Urgestein Bill Gates waren dabei. Ob jeweils der Spaß oder der Ernst im Vordergrund standen, ist nicht entscheidend, viel wichtiger ist die erreichte Spendensumme von über 100 Millionen Dollar. 2014 war aber auch das Jahr der Ukraine-Krise, der Ebola-Epidemie, des IS-Terrors und der Flüchtlingsdramen im Mittelmeer, wobei alle vier bisher ebenso ungelöst sind, wie die anhaltenden Tragödien in Syrien oder im Gazastreifen. Auch stürzten drei große Passagiermaschinen ab, es gab Fährunglücke in Südkorea und in der Adria, einen Grubeneinsturz in der Türkei, Erdbeben, Hurrikans und Überflutungen, die viele Menschenleben kosteten. Viel zu schnell geraten all diese Katastrophen in Vergessenheit.

Doch genug vom Vergangenen, werfen wir einen Blick voraus. Was wird uns das Jahr 2015 bringen, und wie zufrieden und glücklich werden wir in 365 Tagen auf das Jahr zurückschauen. Gegenwärtig sind mehr als zwei Drittel von uns positiv gestimmt und blicken zunächst einmal mit Zuversicht in die Zukunft. Männer zeigen sich hierbei optimistischer als Frauen und Familien hoffnungsvoller als Singles oder kinderlose Paare. Betrachtet man das Alter, so gibt sich vor allem die junge Generation zuversichtlich und voller Tatendrang. Deren Zukunftsoptimismus macht nicht nur Hoffnung, sondern gilt es auch in Zukunft weiter zu unterstützen und zu fördern. Mit Sorge sind dagegen die unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der Einkommensgruppen zu sehen. Die große Mehrheit der Besserverdienenden kann es sich offensichtlich leisten, positiv auf die kommenden zwölf Monate zu blicken. Bei den Mitbürgern mit einem geringen Einkommen ist dagegen das Vertrauen in die Zukunft gering. Eine Mehrheit gibt sogar unumwunden zu, mit Angst und Sorge auf das kommende Jahr zu blicken. Die Gründe sind nachzuvollziehen. Wer nur über bescheidene finanzielle Ressourcen verfügt, kann sich weniger leisten und nicht im gewünschten Umfang seine Bedürfnisse befriedigen.

Zum Abschluss des Jahres meine Erwartungen für das kommende Jahr, die ebenso geprägt sind von Realismus wie von Optimismus. Auch 2015 wird es Kriege, Konflikte und Katastrophen geben. Die gefühlte innere und äußere Unsicherheit wird ebenso weiter zunehmen, wie die Angst vor einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in Wohlhabende und Verarmte. Doch müssen und werden die Bürger sich gegenseitig wieder mehr helfen. Die Bürger erkennen und erfahren die Chancen einer Gemeinschaft auf Gegenseitigkeit – innerhalb der Familie und des Freundeskreis, mit Nachbarn, Kollegen und Gleichgesinnten.

Einher geht hiermit auch ein zunehmendes Verantwortungsbewusstsein für sein eigenes Handeln. Insofern kann ich als Quintessenz für das kommende Jahr die Worte des englisch-österreichischen Philosophen Karl Raimund Popper zitieren: „Optimismus ist eine moralische Pflicht. Wir müssen uns nur auf die Dinge konzentrieren, die gemacht werden sollen und für die wir selber verantwortlich sind“ – dann wird 2015 ein gutes Jahr.