Rätsel um Ausbreitung in zwei Harburger Häusern. Ermittler glauben an Heizungsdefekt. Staatsanwaltschaft ermittelt

Hamburg. Die Ursache für die Gas-Tragödie am Beckerberg im Harburger Phoenix-Viertel ist nach Abendblatt-Informationen ein technischer Defekt der Heizungsanlage. Das Landeskriminalamt prüft nun unter anderem, ob sich das geruch-, geschmack- und farblose Kohlenmonoxid (CO) durch die Wände hindurch ausgebreitet hat. Heute wird ein Sachverständiger der Handwerkskammer zu den Ermittlungen hinzugezogen, der die von den polizeilichen Brandermittlern aufgestellte These überprüfen soll.

Polizei und Feuerwehr hatten am Dienstag in zwei aneinandergebauten Mehrfamilienhäusern in verschiedenen Wohnungen drei tote Männer und 13 Verletzte im Alter von ein bis 84 Jahren gefunden. Eine Frau, 28, liegt noch auf der Intensivstation. Die Wohnungen, in denen die Toten und die Schwerstverletzte aufgefunden wurden, liegen alle im Erdgeschoss, „Wand an Wand“.

Die Ermittler gehen davon aus, dass das tödliche Gas aus einer der beiden Heizungsanlagen im Keller der zwei betroffenen Häuser kam. Auf einen Defekt deutet auch hin, dass die Anlagen nach dem Leichenfund unverzüglich abgeschaltet worden waren und sich darauf nicht erneut hohe Kohlenmonoxidkonzentrationen gebildet hatten – das haben Messungen am Mittwoch ergeben. Rätselhaft bleibt, wie sich das Gas ausbreitete. Beide Häuser sind nicht miteinander verbunden, die Heizungsanlagen und die Schornsteine sind getrennt. Ohnehin scheiden die Schornsteine inzwischen als Ursache aus. Die Polizei hat am Mittwoch sogar Kameras eingesetzt, um zu überprüfen, ob sie verstopft waren. Nicht ausgeschlossen wird auch, dass sich das Kohlenmonoxid durch die Wände sowie über Kabelschächte in beiden Gebäude ausgebreitet hat. Selbst aus den Steckdosen könnte es in die Wohnungen gelangt sein.

Offenbar waren enorme Mengen des tödlichen Gases ausgeströmt. Unmittelbar nachdem die Feuerwehr am Dienstag die Toten entdeckt hatte, ermittelte ein Schornsteinfeger, dass die Konzentration des Gases in einer der Wohnungen bei 48.000 ppm (Teilchen CO pro Million Luftteilchen) lag. Der Grenzwert für Kohlenmonoxid beträgt 1000 ppm – ab diesem Wert legen Schornsteinfeger Heizungsanlagen still. „Bei einer so extrem hohen Konzentration ist man innerhalb kürzester Zeit bewusstlos“, sagte der Chef der Schornsteinfeger-Innung, Rainer Hoppe.

Seit Mittwoch ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Es handele sich um ein Verfahren, das standardmäßig nach Hinweisen auf einen nicht natürlichen Tod eingeleitet werde, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Bei den toten Männern im Alter von 32, 56 und 72 Jahren werde deshalb eine gerichtliche Sektion durchgeführt. Es werde zudem geprüft, ob ein Fremdverschulden vorliegt.