Mord aus Hass: Staatsanwältin fordert „lebenslänglich“ für Mutter der Dreijährigen. „Sie hat ihre Tochter über Monate gequält.“

Neustadt. Ein Leben in ständiger Angst vor der Mutter und deren Übergriffen, hilflos und wehrlos, gequält und zu jeder Zeit unter großen Schmerzen: So haben nach Überzeugung der Staatsanwältin die letzten Tage und Stunden der kleinen Yagmur ausgesehen. Zuletzt seien ihr „schwer misshandelter Körper und ihre Seele“ am Ende gewesen, sagte die Anklägerin. Das Kind starb. Jetzt soll Melek Y., die Frau, die für die Leiden der Dreijährigen und deren Tod verantwortlich sein soll, lebenslang in Haft, forderte die Vertreterin der Anklage am Dienstag in ihrem Plädoyer. Die 27-Jährige sei wegen Mordes sowie Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig.

In der ersten Zeit ihres Lebens habe Yagmur bei einer Pflegemutter gelebt und dort erfahren, „wie es ist, geliebt und umsorgt zu werden“. Bei kurzen Aufenthalten bei den Eltern indes sei sie offenbar schon misshandelt worden und habe sich „hysterisch“ dagegen gewehrt, zu Mutter und Vater zurückzukommen. Und als sie schließlich dauerhaft bei ihren leiblichen Eltern untergebracht wurde, „ging es ihr sehr schlecht“. Wegen der massiven Übergriffe durch die Mutter habe sie sich zum Schluss vor Schmerzen kaum noch bewegen können. „Und sie war allein mit ihrer Angst und ihren Schmerzen.“ Der Vater habe „sich nicht gekümmert“.

Der Grund für den Hass der Mutter und den Mord aus Grausamkeit sei unklar geblieben: „Das Motiv der Angeklagten für diese schreckliche Tat haben wir nicht erfahren“, sagte die Anklägerin, die zudem die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld für Melek Y. forderte. Der Vater von Yagmur, Hüseyin Y., soll nach dem Willen der Anklagebehörde für sechs Jahre in Haft, weil er seine Tochter nicht vor den Angriffen der Mutter geschützt habe.

Die Angeklagten verfolgten das Plädoyer der Staatsanwaltschaft ohne erkennbare Regung. Die Mutter hielt ihr Gesicht hinter ihren Händen verborgen, der Vater starrte mit gesenktem Kopf vor sich hin. Yagmur war am 18.Dezember vergangenen Jahres in der Wohnung ihrer Eltern an einer Vielzahl innerer Verletzungen gestorben. Zudem waren allein äußerlich an 83Stellen Folgen von Misshandlungen sichtbar. Ein Gerichtsmediziner hatte im Prozess ausgesagt, Yagmur habe „sehr, sehr gelitten“. Die Mutter habe eine „gefühllose und unbarmherzige Gesinnung“, sagte die Anklägerin weiter. „Sie hat ihre Tochter über Monate gequält.“ Sie habe Yagmur unter anderem geschlagen, getreten und gekniffen. Immer wieder habe sie auch in den Bauch ihrer Tochter geschlagen, unter anderem waren Herz, Leber und Nieren geschädigt.

Yagmurs Vater Hüseyin Y. habe indessen das Kind nicht vor seiner „hoch aggressiven Frau geschützt. Letztlich hilft er seiner Tochter nicht“, sagte die Staatsanwältin. Dabei sei er als Vater dazu verpflichtet gewesen. Der 26-Jährige müsse zumindest in den letzten Monaten vor dem Tod seines Kindes mitbekommen haben, dass es massiv misshandelt wurde, ist die Anklägerin überzeugt. Hüseyin Y. sei eher zurückhaltend und still, die Mutter dagegen impulsiv, aggressiv und manipulativ: „Ihre Lügen ziehen sich durch den gesamten Bestand unserer Akten.“

Die Verteidigerin der Mutter, Sultan Maden-Celik, machte in ihrem Plädoyer den Vater von Yagmur für die Verletzungen des Mädchens verantwortlich. Es gebe dagegen „keine Anhaltspunkte“, dass ihre Mandantin die Misshandlungen der Dreijährigen begangen habe. Die Anwältin bat um ein „mildes Urteil“. Der Verteidiger des Vaters sagte, Hüseyin Y. sei durch den Tod seiner Tochter ausreichend bestraft. „Er hätte Misshandlungen seiner Tochter niemals geduldet“, sagte sein Anwalt Carsten Kerschies. Und Melek Y. sei eine „notorische Lügnerin“.

Hüseyin Y. wurde unterdessen gestern ermahnt, Auseinandersetzungen zwischen den Angeklagten gehörten „in den Verhandlungssaal“. Hintergrund war ein Angriff des 26-Jährigen auf seine Noch-Ehefrau, der er zufällig vor vier Tagen in einem Treppenhaus des Untersuchungsgefängnisses begegnet war. Beide Angeklagten waren in Begleitung von Justizbeamten, der Angeklagte soll seine Frau geschlagen haben. Sie wurde in der Ambulanz untersucht.

Ein solcher Angriff sei „inakzeptabel“, machte der Vorsitzende Richter deutlich. Am vorangegangenen Verhandlungstag hatte der Angeklagte erneut gehört, dass seine Frau ihn der Misshandlungen beschuldigt und ihn als schuldig am Tod der Tochter bezeichnet hatte. Zum Abschluss ergriff Hüseyin Y. gestern das Wort: Er habe sich „nie vorstellen können“, dass seine Tochter sterben könne. „Es tut mir weh, dass ich nicht mehr Zeit mit ihr verbringen konnte.“ Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.