Abendblatt-Umfrage: 40 Prozent der Bürger geht der Einfluss nicht weit genug. BUND kündigt weitere Aktionen an

Hamburg. Die Umweltverbände regieren in Hamburg längst mit, obwohl sie nicht am Kabinettstisch sitzen: BUND und Nabu klagen gegen die Elbvertiefung, sie haben 2013 per Volksentscheid den Rückkauf der Energienetze durchgesetzt, und jüngst setzten sie durch, dass Hamburg mehr Maßnahmen für die Luftreinhaltung ergreifen muss – die Klage eines Bürgers gegen die Stadt hatte der BUND unterstützt.

Eine Mehrheit der Hamburger findet den Einfluss der Umweltverbände auf die Tagespolitik richtig. Mehr noch: Vielen Bürgern geht die Macht von BUND, Nabu, Greenpeace oder Robin Wood noch nicht weit genug. Das ist das Ergebnis der Umfrage des Abendblatts, bei der das Meinungsforschungsinstitut GESS Phone & Field 1002 wahlberechtigte Hamburger befragt hat. Danach sagen 40 Prozent der Befragten, dass die Umweltverbände zu wenig Einfluss haben. 18 Prozent finden, dass der Umfang des Einwirkens genau richtig ist. Dagegen sagt eine Minderheit von nur 29 Prozent, dass BUND, Nabu und Co. schon jetzt zu viel Macht haben. 13 Prozent machten keine Angabe.

Die hartnäckigsten Kritiker der Verbände sitzen im Lager der CDU-Wähler: Von ihnen sagt eine Mehrheit von 53 Prozent, dass der Einfluss schon jetzt zu groß ist, während sich 27 Prozent mehr Macht wünschen. Bei allen anderen Parteien ist das Verhältnis umgekehrt. An der Spitze liegen die Grünen-Wähler, von denen sich 73 Prozent mehr Macht für die Umweltorganisationen wünschen.

„Die Umfrage bestätigt die große Bedeutung der Umweltverbände für die Meinungsbildung in der Stadt – angesichts der aktuellen Diskussion ist das kein Wunder“, sagte SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Andreas Dressel. „Ich würde mir gleichwohl wünschen, dass die Umweltverbände neben den Umweltbelangen auch immer das große Ganze im Blick behalten.“

BUND-Chef Manfred Braasch sieht das Ergebnis dagegen als „klare Bestätigung, dass wir uns in Hamburg auch weiterhin kräftig einmischen“. Die Abendblatt-Umfrage zeige, „dass das Vertrauen in die Umweltverbände trotz der polemischen Attacken von Handelskammer, Hafenwirtschaft und einigen Gewerkschaften weiterhin hoch ist“. Für den Nabu-Vorsitzenden Alexander Porschke ist die Zustimmung der Befragten „Ausdruck davon, dass viele Menschen im tiefsten Innern überzeugt sind, dass etwas falsch läuft im Umweltschutz“. Das Thema komme nur in Sonntagsreden des SPD-Senats vor. „Immer wenn es konkret wird, ist etwas anderes wichtiger“, so Porschke.

„Die Umfrage zeigt das hohe gesellschaftliche Ansehen der Umweltverbände. Aber deren Engagement darf letztlich nicht politische Entscheidungen der demokratisch legitimierten Parlamente ersetzen“, sagte CDU-Spitzenkandidat Dietrich Wersich.