Der Rückkauf des Gebäudes durch die Stadt findet mehr Befürworter als Gegner. Die Stadt das besetzte Gebäude für 820.000 Euro von dem bisherigen Eigentümer Klausmartin Kretscher zurückgekauft.

Schanzenviertel . Gegen Mittag erwacht der „Galao-Boulevard“ zum Leben. Die Straßencafés und Restaurants entlang des Schulterblatts füllen sich zusehends mit Menschen, die den ausnehmend milden Novembersonntag im Freien verbringen wollen – mit Blick auf die Rote Flora gegenüber.

Der Rückkauf des besetzten Gebäudes durch die Lawaetz-Stiftung der Stadt Hamburg ist kein großes Thema unter den Anwohnern, Geschäftsleuten und Gastronomen im Quartier. Dafür leben sie schon zu lange mit dem umstrittenen Politikum – und einige vermutlich nicht mal schlecht. „Diese Lösung ist vernünftig“, sagt ein Wirt, „wichtig ist, dass die ,Floristen‘ wissen, dass die Rote Flora bleiben darf, und wir im Viertel hier haben eine Sorge weniger.“

So oder ganz ähnlich äußern sich praktisch alle seine Mitbewerber, auch wenn niemand zurzeit sagen kann, was aus der Flora am Ende werden soll. Wie berichtet, hat die Stadt das besetzte Gebäude für 820.000 Euro zurückgekauft. Auf diesen Preis hatten sich der Senat und die Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren gegen den bisherigen Eigentümer Klausmartin Kretschmer geeinigt. „Gut, dass nicht wieder ein Investor den Zuschlag bekommen hat, der den Wohnungsmarkt in der Schanze noch mehr aufheizt“, sagt die Barrista eines Cafés.

Doch kehrt damit wirklich mehr Ruhe ein ins quirlige Quartier? Denn die Rote Flora dürfte sich jetzt endgültig zu einem Tourismusmagneten entwickeln. Die vier jungen Leute aus dem Hunsrück beispielsweise, die für ein Samy-de-Luxe-Konzert nach Hamburg gereist waren, wollten sich das Gebäude unbedingt ansehen.

„Wir haben die Flora vorher gegoogelt“, sagt Anni, „wir fanden es ziemlich abgefahren, dass es so ein Graffiti-Gebäude in Hamburg gibt.“ Eines, das auch unbedingt erhalten werden müsse, sagt der Architekt Bernd Eichmann, der mit Frau und Tochter aus Ottensen einen Sonntagsspaziergang in der Schanze unternommen hat. „Ich würde mir wünschen, dass dieser Raum für alternative Projekte und Ideen Bestand hätte. Andernfalls würde Hamburg nämlich einen interessanten Gesichtspunkt verlieren.“

Bei den Bürgerschaftsfraktionen fielen die Reaktionen auf den Rückkauf geteilt aus. Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Die Privatisierung durch die SPD vor 14 Jahren hat nichts geändert. Dennoch zahlt die Stadt den vierfachen Preis, um das Gebäude zurückzukaufen. Die Hamburger müssen jetzt die Rechnung für falsche Entscheidungen mehrerer SPD-Senate zahlen.“

FDP-Haushaltspolitiker Robert Bläsing bezeichnete den Rückkauf als „durchsichtiges Manöver“ des SPD-Senats. „Olaf Scholz versucht das Problem so aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Tatsächlich ist aber nicht erkennbar, dass der Ankauf des Gebäudes zur Einrichtung eines Stadtteilkulturzentrums für die allgemeine Öffentlichkeit führen wird.“

Die Flora zu privatisieren, ist gründlich in die Hose gegangen

Dagegen urteilte Antje Möller von den Grünen: „Hut ab, das ist vom Senat gut verhandelt. Entscheidend ist, dass das Selbstverständnis der Flora und das Konzept der Selbstverwaltung für eine gute Zukunft unangetastet bleibt.“ Heike Sudmann von der Linken sieht es ähnlich: „Flora bleibt, und das ist auch gut so.

Der teure Versuch des rot-grünen Senats, sein politisches Problem mit der Flora zu privatisieren, ist gründlich in die Hose gegangen.“ Und Dirk Kienscherf (SPD) sagte: „Vor dem Hintergrund des Verhaltens des bisherigen Eigentümers war es notwendig, Klarheit zu schaffen. Diese aus unserer Sicht richtige Entscheidung kann langfristig zur Befriedung der Situation beitragen.“

Kretschmer-Berater Gert Baer hält den Verkauf der Flora dagegen für nicht wirksam. Die Gläubiger mit den höchsten Gesamtforderungen hätten gegen den Beschluss zum Verkauf gestimmt, so Baer. „Das Landgericht Hamburg muss jetzt entscheiden, ob der Beschluss der Gläubigerversammlung korrekt ist oder mangels falscher Stimmrechtsfestsetzung aufgehoben wird.“

Auch die „extrem schnelle Beurkundung“ des Kaufvertrags habe bei der Mehrzahl der Gläubiger zu großer Verärgerung geführt. Nach Baers Rechtsauffassung muss der Insolvenzverwalter auf die Entscheidung des Landgerichts warten. Wie ebenfalls berichtet, hatten einige Gläubiger den Kaufpreis nicht akzeptiert und waren juristisch gegen die Entscheidung vorgegangen. Die Anfechtung wurde vom Amtsgericht abgewiesen – ihnen bleibt jetzt der Gang zum Landgericht.