Sexting, Cybermobbing, Ehekrise der Eltern: Probleme gibt es viele. Nächste „Massenbeichte“ im Advent.

Hamburg. Cybermobbing, Eifersucht und Neid – mit diesen Problemen wenden sich Hamburger Schüler an den katholischen Schulpfarrer Johannes Pricker. Weil der Gesprächsbedarf bei den Mädchen und Jungen an den 21 katholischen Schulen in Hamburg so groß ist, bietet der 57Jahre alte Geistliche seit Kurzem regelmäßig individuelle Beichten und Feiern zur Versöhnung an. Auf diese Weise setzt er alte kirchliche Traditionen in den Schulen fort.

„Rund zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler nehmen solche Angebote wahr“, sagt Hamburgs erster katholischer Schulpfarrer. „Bislang haben rund 400 Mädchen und Jungen von der Sophie-Barat-Schule und dem Niels-Stensen-Gymnasium an der individuellen Beichte teilgenommen“, sagt der katholische Priester, der 19 Jahre lang in der Winterhuder Antonius-Gemeinde gewirkt hat und seit wenigen Monaten als Schulpfarrer arbeitet.

Das große Interesse habe ihn selbst überrascht, fügt er hinzu. „Es gibt bei den Jugendlichen offenbar eine neue Suche nach authentischem Leben und christlichem Glauben.“ Nach der großen Resonanz der bisherigen Seelsorgeangebote sind weitere Beichtangebote in der Adventszeit geplant, die seit Jahrhunderten als Fastenzeit gilt.

Neben Mobbing und Persönlichkeitsentwicklungen geht es in solchen Beichtgesprächen nach Angaben des Geistlichen auch um Leistungsethik sowie um Konflikte mit den Eltern und um Ehescheidungen. „Auch Versagensängste, Einsamkeit und fragwürdige Praktiken beim Umgang mit digitalen Medien sind ein Thema bei den Schülern“, betont der Pfarrer mit Hinweis auf das Phänomen des Sexting, bei dem private sexuelle Inhalte über die Netzwerke verbreitet werden. Zudem spiele die wachsende Unsicherheit durch die Pluralisierung und Individualisierung eine zunehmend wichtige Rolle.

Die Beichte unterscheidet sich von psychologischen Beratungen und geht über seelsorgerliche Gespräche hinaus. „Im Mittelpunkt steht, dass Gott es ist, der barmherzig handeln will“, sagt der Priester. Am Ende sagt der katholische Geistliche im Auftrag der Kirche diese Worte: „So spreche ich dich los von allen deinen Sünden.“

Bei den Schülern, die von der fünften bis zu den Abiturklassen das neue Beichtangebot nutzen, löst das Ritual eine nachhaltige Wirkung aus. „Sie spüren, dass die Versöhnungsfeier eine befreiende Kraft hat“, sagt Schulpfarrer Pricker. In hohem Maße seien die jungen Menschen daran interessiert, vor Gott bestehen zu können. Weitere Einzelheiten wollte Pricker mit Rücksicht auf das Beichtgeheimnis nicht nennen.

Zu den Aufgaben als Schulpfarrer gehören Gespräche mit Lehrern, Gottesdienste in den Schulen und Kontakte zu den Eltern. Pricker ist gern für den katholischen Schulverband tätig: „Wir realisieren in unseren 21 Schulen den christlichen Erziehungsauftrag. Die jungen Menschen werden in ihrer Ganzheit wahrgenommen. Wir kümmern uns um jeden Einzelnen.“ Der Verband ist der größte freie Schulträger in der Hansestadt. In den 21 Schulen lernen 9400 Mädchen und Jungen. Nach Angaben der Kirche sind die Zahlen in diesem Schuljahr erneut gestiegen. „Die guten Anmeldezahlen bestätigen uns auf unserem Weg der Konzentration, Investition und Profilierung“, sagt Schuldezernent Erhard Porten, Geschäftsführer des Schulverbands.