Noch mehr Volksentscheide. Parlament soll nicht mehr allein die Verfassung ändern dürfen. Das Ende des Stadtstaates?

Hamburg. Der Verein Mehr Demokratie will die direkte Demokratie in Hamburg weiter stärken und die Bürgerschaft damit zugleich ein Stück weiter entmachten. Das geht aus dem Entwurf für eine neue Volksinitiative hervor, die jetzt an die Vereinsmitglieder verschickt wurde und die dem Abendblatt vorliegt. Danach soll die Bürgerschaft die Hamburgische Verfassung künftig nicht mehr wie bisher im Alleingang mit einer Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten ändern können. Damit eine Verfassungsreform tatsächlich wirksam wird, muss sie nach dem Mehr-Demokratie-Entwurf von den Bürgern künftig in einem Referendum bestätigt werden. Eine solche Regelung gibt es bereits in den Bundesländern Bayern und Hessen.

Als Auslöser für das Vorhaben wird in dem Entwurf der Beschluss der Bürgerschaft vom Dezember 2013 genannt, eine Dreiprozenthürde für Bezirksversammlungswahlen in die Verfassung aufzunehmen. „Dadurch wurde ein Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts ausgehebelt, das diese einfachgesetzliche Sperrklausel für unzulässig erklärt hatte“, heißt es im federführend von Vereinsvorstand Manfred Brandt verfassten Papier. „Der Fall ist nicht nur bedenklich, weil er eine Missachtung des obersten Hamburgischen Gerichts darstellt. Schwer wiegt auch, dass die Entscheidung von Parlamentsparteien getroffen wurde, um konkurrierende Gruppierungen von den Bezirksversammlungen möglichst fernzuhalten.“

Unter dem Arbeitstitel „Starke Bürgerrechte – Starke Bürgerschaft – Mehr Demokratie“ macht der Verein in dem Reformentwurf auch andere Vorschläge. So soll die Bürgerschaft in Referenden künftig von sich aus das Volk befragen können, außerdem sollen die Zustimmungshürden für Volksentscheide sinken. Zudem soll das Volk in Zukunft über alle politischen Fragen entscheiden können. Bisher waren etwa Haushaltspläne ausgeschlossen.

Das Vorhaben gilt als Vorstufe für einen weitaus revolutionäreren Plan: In rund drei Wochen will Mehr Demokratie einen weiteren Reformentwurf vorlegen, wonach die Bezirke zu echten Kommunalparlamenten werden sollen – mit dem Recht, Gewerbesteuern zu erheben. Das wäre das Ende des Stadtstaates. Ziel ist es, beide Initiativen 2017 am Tag der Bundestagswahl in zwei Volksentscheiden abstimmen zu lassen. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel kritisierte die Vorhaben. Allerdings arbeitet die Bürgerschaft selbst an der Einführung von Referenden.