Wie die fernöstliche Religion den Berufsalltag von drei Hamburger Unternehmerinnen prägt

Rotherbaum. „Wo, bitte schön, gibt es das schon“, sagt die Goldschmiedin Ulla Bettmer. „Sonst gehen die Schüler zum Meister. Doch jetzt kommt der Meister zu uns.“ Die Inhaberin von Bettmer Gold in Eimsbüttel ist Buddhistin und freut sich auf den Besuch Seiner Heiligkeit. Der 14. Dalai Lama wird am Wochenende zum 6. Mal in Hamburg sein und im Congress Center Hamburg CCH Vorträge über Ethik halten und alte buddhistische Texte auslegen.

Für Unternehmerinnen wie Ulla Bettmer, 58, sind die Vorträge ihres großen religiösen Vorbilds ein Pflichttermin. Längst hat die fernöstliche Religion ihr Herz erobert. Doch nicht nur das: Der Buddhismus prägt auch das berufliche Handeln anderer Hamburger: Eine Ärztin entdeckt die Heilkraft der buddhistischen Achtsamkeit, eine Verlegerin begeistert sich für globales Denken. Und die Goldschmiedin bestellt ihre Mineralien bewusst auf der Basis fairen internationalen Handels.

Die drei Buddhistinnen treffen sich im Stadtteil Rotherbaum, um über ihre Erwartungen an den Besuch des Dalai Lama zu sprechen. An einem Tisch mit bunten Gladiolen sitzen neben Ulla Bettmer die Inhaberin einer Kommunikationsagentur und Verlegerin, Beate Ludwig, 60, und die Ärztin Martina Aßmann, 53. Sie alle verbindet der Buddhismus als Lebensform und tägliche Meditationspraxis. Und die Vorfreude auf den Weisheitslehrer und Religionsführer aus dem fernen Tibet.

Seit Jahren widmet sich die Medizinerin Martina Aßmann mit eigener Praxis jenen Menschen, die etwas gegen Stress und Burn-out tun wollen. Die Fachärztin für Arbeitsmedizin setzt dabei auf das buddhistische Prinzip der Achtsamkeit. Es hilft, den Augenblick wahrzunehmen und zu erleben. „Achtsamkeit“, sagt die Medizinerin, „bedeutet, sich dem zuzuwenden, was wir gerade fühlen, denken und tun. Und zwar ohne in Grübeleien, Erinnerungen und Zukunftsplanungen gefangen zu sein.“ Auf Yogamatten sitzend treten die Klienten meditierend den Weg zur inneren Heilung und zu mehr Wohlbefinden an. Goldschmiedin Ulla Bettmer hat dadurch gelernt, konzentrierter zu arbeiten und in kürzester Zeit mehr zu schaffen. „Außerdem helfen mir die täglichen Meditationen, mich in meine Kunden hineinzuversetzen und sie auf besondere Weise wertzuschätzen.“

Auch die Kommunikationschefin Beate Ludwig ist von der Ethik des Mitgefühls begeistert. Einst katholisch sozialisiert, lebt sie heute als Buddhistin. Ihre Agentur legt Wert auf Werte wie Gerechtigkeit, Glaubwürdigkeit und Sorgfalt. Deshalb unterstützt Beate Ludwig ausdrücklich die Werbung von Produkten, die aus fairem Handel stammen und sozialen Standards entsprechen. „Zum Beispiel Seife aus Nigeria oder ein Wohnprojekt in Neugraben“, sagt sie. Vor einiger Zeit gründete sie die Edition Blumenau. Der Schwerpunkt: buddhistische Literatur.