Mit der zweitägigen Veranstaltung am Wochenende empfiehlt sich die Stadt für Olympia. Die Organisationen plädieren für mehr Sportgroßveranstaltungen

Hamburg. Der Konferenzraum in der Zentrale von Hamburg Wasser am Billhorner Deich in Rothenburgsort ist zweckmäßig eingerichtet. Auf dem langen schwarzen Tisch stehen Kaffeetassen und immer eine Karaffe frisches Leitungswasser. Mal geben Minzblätter dem Getränk Geschmack, diesmal sind es zwei kernlose Zitronenscheiben. Michael Beckereit, der Geschäftsführer, schenkt persönlich ein.

In dem nüchternen Ambiente werden wichtige Entscheidungen getroffen, auch für den Hamburger Sport. Beckereit, 63, ein ehemaliger Segelweltmeister, ist seit drei Jahren ehrenamtlicher Vorsitzender der Zukunftskommission Sport. Diese versucht, die Dekadenstrategie des Senats umzusetzen, um dem Sport bessere Rahmenbedingungen und mehr Geltung zu verschaffen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Bahrenfelder Eventagentur Lagardère Unlimited Events Germany. Geschäftsführer Frank Bertling, 47, organisiert mit seinem Team den Marathon, die Cyclassics und den Triathlon. Dessen 13. Auflage findet diesen Sonnabend und Sonntag in der Innenstadt statt.

Falls sich Hamburg in den nächsten Jahren um die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele bewerben darf – die Entscheidung trifft der Deutsche Olympische Sportbund am 6. Dezember –, könnte der Triathlon die Vorzeigeveranstaltung sein, mit der die Stadt beim Internationalen Olympischen Komitee auf Stimmenfang ginge.

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Der Kreis würde sich dann schließen. Es war Hamburgs am Ende gescheiterte Olympiakampagne für die Spiele 2012, die zehn Jahre zuvor den Triathlon aus der Taufe hob. „Ohne die damalige Olympiabewerbung gäbe es wahrscheinlich keinen Triathlon in Hamburg. Dafür waren die Widerstände und Bedenken in den Behörden zu groß“, sagt Bertling.

Heute ist der Dreikampf aus Schwimmen, Radfahren und Laufen weder aus der Stadt noch aus der Weltserie wegzudenken. Mit mehr als 10.000 Teilnehmern ist er der größte der Welt und der beliebteste bei den Athleten. Die Staffel-Weltmeisterschaft, Sonntag (16.36 Uhr/ARD) Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung, soll deshalb bis ins Jahr 2016 hier ausgetragen werden. Bis zu 300.000 Zuschauer haben den Weltverband ITU überzeugt, dass es keinen geeigneteren Ort gibt.

„Triathlon, Marathon und Cyclassics reichen nicht“, sagen jedoch Beckereit und Bertling, „wir brauchen in den nächsten Jahren weitere Großveranstaltungen im Hamburger Format, diesem Mix aus Breiten-, Nachwuchs- und Spitzensport, aber auch internationale Meisterschaften.“ Dafür gebe es Platz und Interesse in der Stadt – unabhängig von einer Olympiabewerbung

„Die Dekadenstrategie ist das Schwarzbrot“, sagt Beckereit, die werde ohnehin umgesetzt, „Olympia wären Butter und Marmelade obendrauf.“ In keiner anderen deutschen Großstadt sei die Sportbegeisterung der Bevölkerung größer als in Hamburg. Das ist das Ergebnis einer sechs Jahre alten Studie des 2012 verstorbenen Osnabrücker Sportwissenschaftlers Christian Wopp.

„Sport ist ein Image-, Wirtschafts- und Wohlfühlfaktor“, sagt Beckereit, „deshalb ist es für Hamburg vernünftig, den Sport zu stärken.“ Wolle Hamburg wirklich Olympia, ergänzt Bertling, „müssen wir schnell lernen, mit großen Veranstaltungen umzugehen, und lernen, weitere Sportarten eventfähig zu entwickeln“.

Der Triathlon ist die Blaupause dafür, wie ein Angebot Nachfrage schafft. Vor zwölf Jahren gab es in Hamburg in dieser Sportart weder Strukturen noch nennenswerte Zahlen an Sportlern. Heute ist der 2007 gegründete Verein Triabolos mit fast 800 Mitgliedern der größte Deutschlands. In diesem Jahr waren die 10.590 Jedermann-Startplätze bereits im Januar ausverkauft. Triathlon liegt mehr denn je im Trend.

„Im Schwimmen“, sagt Beckereit, „haben wir die gegenteilige Situation. Da existiert eine breite Basis, wir haben mit den Deibler-Brüdern Spitzensportler, nur die entsprechende Großveranstaltung fehlt zum Gesamtpaket.“ Die Show-Wettkämpfe in einem mobilen Becken im Tennisstadion am Rothenbaum blieben im August 2006 ein einmaliger Versuch. Die Finanzierung war später nicht mehr zu stemmen. Und die Chance, 2013 im zweiten Anlauf eine Schwimm-WM auszurichten, wurde vertan, „weil sich Hamburg ungeschickt angestellt hat“, sagt Beckereit. Dabei hatte der Weltverband seine Forderungen bereits von 23 auf 11,5 Millionen Euro halbiert.

„Neue Events brauchen Zeit, um sich zu etablieren. Dieses Risiko geht anfangs kein Unternehmen ein. Ohne eine Anschubfinanzierung der Stadt sind neue Projekte kaum zu realisieren. Und da reden wir über mittlere sechsstellige Summen“, sagt Bertling.

Der Triathlon hätte in den Anfangsjahren ohne die Unterstützung der Olympiabewerbung nicht überlebt, die heutige Erfolgsgeschichte wäre wohl nie geschrieben worden. „Wir hatten im ersten Jahr 2400 Starter. Um unsere Kosten zu decken, allein die Absperrungen und der Rückbau von Baustellen verschlingen eine Menge Geld, benötigen wir mindestens die dreifache Teilnehmerzahl.“

Hamburg Wasser begleitet den Triathlon seit dem ersten Startsprung in die Binnenalster. Jetzt hat das städtische Unternehmen seinen Vertrag bis 2015 verlängert. Beckereit: „Auch wenn wir ein Monopolist sind, bringt uns diese Partnerschaft viele Vorteile. Wir können unsere Geschichte erzählen, wie wir es Ende der 90er-Jahre mit Investitionen von rund 500 Millionen Euro geschafft haben, dass man in der Alster wieder schwimmen kann.“ Das sorge für gutes Image und hohe Kompetenz als Umweltschützer wie für größere Identifikation der Mitarbeiter. Das langfristige Engagement habe dazu geführt, dass heute die Hälfte der Belegschaft in der Betriebssportgemeinschaft aktiv ist.

Fast 180 Mitarbeiter von Hamburg Wasser nehmen dieses Jahr wieder am Triathlon teil. Beckereit ist mit seiner Frau und einem Sohn in der Familienstaffel unterwegs.