Nachfolger als Landeschef des Vereins wird Hans-Jürgen Kamp

Rotherbaum. Unter Beifallsstürmen ist der bisherige Landeschef des Opferschutzvereins Weißer Ring, Wolfgang Sielaff, aus seinem Ehrenamt verabschiedet worden. Zahlreiche Weggefährten sowie Gäste aus Politik und Gesellschaft waren am Montag in den Spiegelsaal des Hotels Grand Elysée gekommen. Sielaff, der als Polizist eine steile Karriere bis hin zum stellvertretenden Polizeipräsidenten hingelegt hatte, führte nach seiner Pensionierung den Verein zehn Jahre lang. Seine Nachfolge tritt nun der ehemalige Vizechef des Strafvollzugs und langjährige Leiter der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, Hans-Jürgen Kamp, 66, an.

Die Laudatoren würdigten das herausragende Engagement des 71-jährigen Sielaff: Er habe der Arbeit in Landes- wie Bundesverband neue Impulse gegeben, die oftmals unterschlagene Opferperspektive in Politik und Gesellschaft etabliert und damit einen Paradigmenwechsel durchgesetzt, außerdem den Verein in der Hansestadt ausgebaut. Unter seinem Wirken habe sich die Zahl der ehrenamtlichen Opferhelfer in Hamburg verdoppelt.

1976 in Mainz gegründet, hat sich der Verein der Unterstützung von Kriminalitätsopfern verschrieben, ein in dieser Art einmaliges Hilfsangebot. 50.000 Mitglieder zählt der Weiße Ring. Im Jahr 2013 suchten 1350 Gewaltopfer die Hilfe des Hamburger Landesverbands. Mit Sielaffs Ausscheiden gehe eine „bedeutende Ära zu Ende“ sagte Innensenator Michael Neumann (SPD). „Die Stadt verliert einen mehr als engagierten Kämpfer für Kriminalitätsopfer.“ Die Bundesvorsitzende des Vereins, Roswitha Müller-Piepenkötter, betonte, Sielaff habe „Opfern eine Heimat gegeben“.

Sielaff sei es immer um die Sache gegangen, sagte auch Bischöfin Kirsten Fehrs. Für die gute Sache habe er sich selbst zurückgenommen. Er habe Opfern eine Stimme gegeben, die sonst hinter Zahlen, Daten und Statistiken verschwunden wären.

Es sei Zeit für einen Wechsel gewesen, betonte Sielaff selbst. Er sei gespannt auf das Leben nach dem Ehrenamt. Es gebe noch viel zu tun: „Wir als Gesellschaft müssen uns stärker darauf besinnen, dass es nicht angehen kann, dass das Wort ‚Opfer‘ unter Kindern und Jugendlichen ein Schimpfwort ist. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass wir keine Kultur im Umgang mit Opfern haben“, sagte Sielaff. „Und wir müssen uns stärker darauf besinnen, nicht nur das unmittelbare Tatopfer im Bewusstsein zu haben, sondern auch jene, die wir eigentlich gar nicht sehen, also Angehörige, Kinder, Eltern, die aber genauso häufig und genauso schwer betroffen sind.“

Sielaffs Nachfolger, der Verwaltungsjurist Hans-Jürgen Kamp, war in den vergangenen zwölf Monaten in die Arbeit des Vereins eingeführt worden. Seine Erfahrungen aus dem Strafvollzug halte er für nützlich, sagte der 66-Jährige, der bereits Ende April gewählt worden war. Während seiner Tätigkeit habe er ausschließlich „täterorientiert gearbeitet“. „Wenn man die Opferperspektive richtig erfassen möchte, muss man sich damit auseinandersetzen, wie es dazu kommen konnte, dass ein Täter Gewalt ausgeübt hat.“ Er sei sehr optimistisch, dass er seine Erfahrungen gut in die Arbeit einbringen könne, die sich jetzt auf die Opferperspektive konzentriere. „Das sind für mich unmittelbar miteinander zusammengehörende Komplexe. Und das finde ich ausgesprochen interessant.“