Ehemalige Deponie in Lokstedt soll mit 350 Einheiten bebaut werden. Doch Sanierung ist so aufwendig, dass erster Investor schon abgesprungen ist

Lokstedt. Eines der größten Wohnungsbauprojekte in bester Lage im Bezirk Eimsbüttel verzögert sich weiter. Grund ist Giftmüll, der an der Süderfeldstraße in Lokstedt an der Grenze zu Eppendorf noch im Boden schlummert. Seit Jahren laufen die Planungen für das Großprojekt auf dem früheren Betriebshof.

Dort gab es früher ausgedehnte Sandgruben. Von 1935 bis 1976 wurde das Gelände als Mülldeponie genutzt. Boden, Bauschutt, Haus und Sperrmüll, aber auch Kriegstrümmer wurden in die Gruben geschüttet. Wegen der erheblichen Deponiegase (Methan und Kohlendioxid) muss das Gelände umfangreich saniert werden.

Derzeit gibt es mehrere Anlagen, über die Bodenluft abgesaugt wird. Die gingen jedoch erst Ende des vergangenen Jahres in Betrieb. Bezirksamt und Umweltbehörde rechnen jetzt mit bis zu fünf Jahren für die Sanierung. Die mit dem Projekt betraute Firma Metropolgrund will allerdings schon im kommenden Jahr mit einer Teilbebauung starten. Dagegen regt sich im Zylinderviertel Widerstand. Seit Jahren macht eine Bürgerinitiative auf die erhebliche Bodenbelastung aufmerksam.

Wenn hier über Jahre umfangreich saniert und gebaut werde, dann litten die Anwohner nicht nur durch den weiter ansteigenden Verkehr in den engen Straßen nördlich des UKE. Die Giftstoffe aus dem Boden könnten beim Ausheben und beim Abtransport zu einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung führen. Christine Dorow von der Bürgerinitiative beklagte außerdem, sie habe Unterlagen zur ehemaligen Deponie an der Süderfeldstraße in der Umweltbehörde nur „unter Bewachung“ einsehen dürfen.

Anfangs war von bis zu 600 Wohnungen die Rede, die auf dem etwa sieben Fußballfelder großen Gelände gebaut werden sollten. Die Bürgerinitiative wollte gut 200 akzeptieren. Jetzt sind 300 bis 350 im Gespräch (Bezirksamt), davon ein Drittel öffentlich gefördert, sodass nicht nur Luxuswohnungen entstehen.

Die Bürger sollen weiter an den Bebauungsplänen beteiligt werden. Für diesen Sommer ist die nächste Infoveranstaltung geplant. Die Metropolgrund will Reihenhäuser, Stadthäuser, Mietwohnungen und neuerdings auch Studentenapartments errichten. Das sagte ein Sprecher dem Abendblatt. Bodenproben haben ergeben, dass die Belastung im nordwestlichen Teil des Geländes am höchsten ist. Dort soll ein kleiner Park entstehen, außerdem eine Kita. Das Volumen des Mülls an dieser Stelle ist beträchtlich. Die Gruben wurden hier mit zwölf bis 16 Metern an Bauschutt, Gewerbe- und Hausabfällen aufgefüllt.

Auch unter dem bestehenden Sportplatz des Corvey-Gymnasiums liegen Altlasten. Eltern und Lehrer sehen das Großprojekt wegen der Sanierung und der Lärmbelastung ebenfalls kritisch. Die Straßen sind eng und fast immer zugeparkt. Wie hier Bauverkehr durchkommen soll, ist den Anwohnern schleierhaft. Allerdings: Die seit Jahren ungenutzte Fläche ist das letzte große Filetstück für Wohnungen in dieser beliebten Lage. Bei dem großen Bedarf wäre es unverantwortlich, sie nicht zu nutzen.

Die verkehrsgünstige und trotzdem ruhige Lage wird die Preise für die geplanten Wohnungen in die Höhe schnellen lassen – auch wenn der Mix aus privat und öffentlich geförderten Wohnungen gewahrt wird. Zuletzt wurden an der Süderfeldstraße in zweiter Reihe bereits komfortable Mehrfamilienhäuser errichtet („White Homes“), für die mehr als 5000 Euro pro Quadratmeter verlangt werden. Eine Eigentumswohnung mit vier Zimmern und 135 Quadratmetern schlägt mit 720.000 Euro zu Buche, ein Penthouse (188 Quadratmeter) mit 1,1 Millionen Euro. Die Wohnungspreise sind in Lokstedt in den vergangenen Jahren explodiert – im Zylinderviertel ebenso wie am Grandweg sowie rund um die Grelckstraße und den Von-Eicken-Park.

Die aufwendige Sanierung schmälert die Aussicht auf Profite für die Bauherren. Das ursprüngliche Projektunternehmen Otto Wulff ist schon abgesprungen. Im Bezirksamt Eimsbüttel geht man von einem Baustart Mitte 2015 aus. „Die Realisierung der weiteren Bauabschnitte hängt vom Sanierungsfortschritt der Fläche ab“, sagte Sprecherin Aileen Röpcke.

Metropolgrund kündigt den Baubeginn für 2016 an. Die Umweltbehörde stellt klar: Es kann erst gebaut werden, wenn kein Gift mehr im Boden liegt, denn: „Um eine gefahrlose Wohnnutzung zu gewährleisten, sind in den Gas produzierenden Bereichen Gassanierungsmaßnahmen erforderlich.“

Nach Abendblatt-Informationen aus der Umweltbehörde rechnet man mit weiteren Schwierigkeiten bei der Sanierung. Luftbilder aus früheren Jahrzehnten hätten gezeigt, wie groß das Ausmaß der Müllentsorgung gewesen ist. Nicht nur zwischen Süderfeld- und Osterfeldstraße, sondern auch nördlich Richtung Nedderfeld und Güterbahn sind jahrelang Kriegstrümmer sowie Haus- und Sperrmüll einfach in die Sandgruben gekippt worden. Das sei auch ein erhebliches Problem für die Tarpenbek Greens, ein Bauprojekt für 750 Wohnungen in Groß Borstel.