Ex-Dozent der Uni Hamburg soll Doktoranden gegen Geld an Doktorväter vermittelt haben. Prozessbeginn ist am 27. Mai in Bergisch Gladbach

Hamburg. Ein ehemaliger Hamburger Hochschuldozent muss sich ab 27. Mai vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach verantworten: Heiko Meinhardt, der seit Januar 2013 Honorarkonsul der afrikanischen Republik Malawi ist, steht wegen gewerbsmäßiger Bestechung, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung vor Gericht.

Das hat Johanna Saul-Krickeberg, Direktorin des Amtsgerichts Bergisch Gladbach, auf Abendblatt-Anfrage gesagt und damit einen Bericht des Radiosenders NDR 90,3 bestätigt. Es geht um neun Fälle im Zeitraum zwischen Mai 2003 und Mai 2009. In seiner Zeit als Lehrkraft an der Universität Hamburg soll Heiko Meinhardt Doktoranden gegen Geld an Doktorväter vermittelt haben. Es sollen insgesamt etwa 80.000Euro geflossen sein. Gegenstand der Ermittlungen sollen Vorgänge an den Fakultäten Rechts-, Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften sein. Das geht aus einer Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Christel Oldenburg hervor, die sie bereits 2009 an den schwarz-grünen Senat gestellt hatte.

Die Promotionsverfahren selbst sollen die Fakultäten Wirtschafts- und Sozialwissenschaften betreffen. Der Uni Hamburg sind die Vorwürfe spätestens seit Sommer 2009 bekannt. Damals waren die Räume der Beschuldigten durchsucht und Beweismaterial sichergestellt worden. In einer Stellungnahme auf Abendblatt-Anfrage teilte die Universität Hamburg mit: „Herr Meinhardt hatte zuletzt für das Sommersemester 2009 einen Lehrauftrag für das Seminar ‚Neopatrimonialismus und Korruption in Afrika‘.“

Dieser Lehrauftrag sei abgeschlossen worden. Weiter hieß es: „Ein für das Wintersemester 2009/2010 angedachter Lehrauftrag im Magisterstudiengang Politikwissenschaft wurde wegen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens aus wichtigem Grund widerrufen. Seitdem wurden keine Lehraufträge an Herrn Meinhardt vergeben.“

Aber warum muss sich Meinhardt in Bergisch Gladbach und nicht in Hamburg vor Gericht verantworten?

Das Verfahren steht in Zusammenhang mit den Vorkommnissen um das Institut für Wissenschaftsberatung (IfW). Dieses Unternehmen ist auf Promotionsberatung spezialisiert und hat seinen Sitz in Bergisch Gladbach. Im Jahr 2009 war öffentlich geworden, dass das IfW mit mehr als 90 Dozenten und Professoren in Deutschland zusammengearbeitet hat. Vielen von ihnen konnte die Staatsanwaltschaft ein Fehlverhalten nachweisen.

Auf Abendblatt-Anfrage ließ Meinhardt über seinen Rechtsanwalt Heiko Granzin ausrichten: „Unser Mandant ergeht sich in der Annahme, sich vollkommen rechtstreu verhalten zu haben.“ Weiter heißt es: „Im Rahmen von Promotionsvorhaben Dritter hat der Mandant umfangreich für diese Dritten Literaturrecherchen vorgenommen und seltene antiquarische Literatur gleichermaßen veräußert wie auch erworben, so dass es insoweit zu in den Augen der Ermittlungsbehörden offenbar ‚anrüchigen‘ Zahlungsflüssen gekommen ist“, so der Rechtsanwalt.

Dass Meinhardt sich in Bergisch Gladbach vor dem Amtsgericht verantworten muss, hat er offensichtlich geheim gehalten: „Der Senatskanzlei waren diese Vorwürfe bislang nicht bekannt. Wir haben nun aber das Auswärtige Amt um eine Prüfung gebeten“, sagte Vize-Senatssprecher Jörg Schmoll. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, werde in enger Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt gehandelt, so Schmoll weiter. Honorarkonsul Meinhardt würde dann die Aberkennung seines diplomatischen Status drohen.

Fragen tauchen auf, wie Meinhardt trotz laufender Ermittlungen Konsul wurde

Weshalb Meinhardt trotz des Ermittlungsverfahrens im Januar 2013 zum Honorarkonsul Malawi ernannt wurde und die förmliche Zulassung mit der Erteilung des Exequaturs erfolgte, wirft Fragen auf. Die Stadt holt vorher umfassende Informationen ein, ob ein Honorarkonsul für dieses Amt geeignet ist. Dazu zählt unter anderem ein polizeiliches Führungszeugnis. Außerdem werden Institutionen wie die Handelskammer oder – falls vorhanden – die Ländervereine um die Einschätzung des Kandidaten gebeten. Nur wenn es keine Bedenken gibt, erteilt die Hansestadt ihre Zustimmung.

Ein Honorarkonsul erhält keine Vergütung, nimmt aber eine besondere Stellung in der Gesellschaft ein. Das Konsularische Korps erhält regelmäßig Einladungen zu hochkarätigen Veranstaltungen. Die Stadt Hamburg lädt sie zum Beispiel traditionell zum Neujahrsempfang ins Rathaus ein.

Auch beim Matthiae-Mahl der Stadt ist das Konsularische Korps vertreten. Nach wie vor gehört Hamburg zu den weltweit größten Konsular-Standorten, etwa 100 Vertretungen sind in der Hansestadt präsent.

Auch der argentinische Generalkonsul Manuel A. Fernández Salorio, der Doyen des Konsularkorps der Hansestadt ist, reagierte am Dienstag auf Abendblatt-Anfrage überrascht. Er habe keine Informationen über einen anstehenden Prozess, so Fernández Solario. Sein Geld verdient Heiko Meinhardt heute offensichtlich als „internationaler Berater“ – so steht es auf seiner Internetseite. Er hat auch noch ein weiteres Ehrenamt als zweiter Vorsitzender der 2009 gegründeten Deutsch-Malawischen Gesellschaft.

Die Vorsitzende Christine Bertels-Heering sagte am Dienstag: „Ich hatte bisher keine Kenntnisse von den Anschuldigungen. Wir werden den Ausgang des Prozesses aber aufmerksam verfolgen, schon um Schaden vom Verein abzuwenden.“