Senator Michael Neumann will vor möglicher Bewerbung um Sommerspiele die Stimmung in der Stadt ausloten. Treffen mit DOSB am Wochenende.

Hamburg. Michael Neumann (SPD) lässt gerade seinen Terminkalender für diese Woche überarbeiten. Der Grund: Seit Freitagnachmittag steht ein neues Thema auf der Agenda des Hamburger Innen- und Sportsenators: eine mögliche Olympiabewerbung der Stadt für die Sommerspiele 2024 oder 2028.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte nach seiner Klausurtag in St. Johann bei Mainz angekündigt, in den nächsten Monaten mit Berlin und Hamburg intensive Gespräche über eine neue deutsche Olympiakampagne führen zu wollen. Mitte Dezember 2014 will der DOSB auf seiner Mitgliederversammlung entscheiden, ob eine Kandidatur international chancenreich und national gewollt ist. Eine Bewerbung für 2024 muss bis Ende November 2015 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vorliegen.

Neumann wird sich vor der Kontaktaufnahme mit dem DOSB in den nächsten Tagen mit den Fraktionsvorsitzenden der fünf Bürgerschaftsparteien treffen, dann mit Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen. Schon am nächsten Wochenende könnte es anlässlich der Pokalendrunde der Handballer in der O2 World einen Termin mit dem neuen DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, 53, geben, der sich für das Final Four angesagt hat.

Vor den ersten konkreten Schritten, der Bildung eines Olympia-Kompetenzteams und der Einrichtung von Arbeitsgruppen, möchte der SPD-Politiker die Stimmung in der Stadt ausloten, „weil ein solches Großprojekt nur zu stemmen ist, wenn alle Hamburger von ihm überzeugt sind und mit Begeisterung dahinterstehen“. Welchen Nutzen die Stadt und ihre Menschen von Olympia haben könnten, „das gelte es nun zu kommunizieren”. Nicht zuletzt der Volksentscheid vergangenen November in München und Umgebung gegen Winterspiele 2022 in der Region haben Politik und Sportbund im höchsten Maße sensibilisiert, die Argumente der Olympiagegner sehr ernst zu nehmen.

„Die Ausrichtung Olympischer Spiele böte Hamburg die einmalige Chance, sich weltweit noch stärker zu positionieren, bekannter für die Ansiedlung von Unternehmen zu werden und die Stadtentwicklung voranzutreiben mit Geldern auch aus Bundesmitteln, die uns ansonsten in den nächsten zehn Jahren nicht zur Verfügung stünden“, sagte Neumann dem Abendblatt. Nicht zuletzt würde der Sport in der Stadt und im Land von Olympischen Spielen jahrzehntelang profitieren.

Die olympischen Vorstellungen der Stadtplaner könnten Hamburg zusammenwachsen lassen: Auf dem Kleinen Grasbrook gegenüber der HafenCity, dem angedachten Olympiagelände, entstünde ein neuer Stadtteil mit bezahlbarem Wohnraum, der geplante Brückenschlag über die Elbe und der Bau einer U-Bahn nach Harburg würden beschleunigt. Neumann: „Unsere Aufgabe wird es aber auch sein, den Menschen zu erklären, welche Risiken Olympia birgt.“ Da stünde wohl die Befürchtung an erster Stelle, „wir bezahlen die Party und die anderen feiern sie“.

Dass IOC-Präsident Thomas Bach, 60, Olympia neu denken und das Format der Spiele überarbeiten will, Nachhaltigkeit, Glaubwürdigkeit und Jugend künftig als zentrale Aufgaben sieht, „begrüßen wir außerordentlich“, sagt Neumann. Am 6./7. Dezember soll das IOC auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Monte Carlo Bachs Reformprogramm beschließen, damit Olympia auch in Bürgergesellschaften vermittelbar bleibt. Die Zustimmung gilt als wahrscheinlich. „Für das alte Olympia würden wir uns nicht bewerben, auf das neue haben wir richtig Lust“, sagt Neumann. „Der Bau weißer Elefanten kommt für uns nicht infrage, Nachhaltigkeit hat oberste Priorität. Auf dem Konzept für 2012 können wir aufbauen, doch wir brauchen viele neue Ideen. Die müssen wir uns jetzt erarbeiten.“ Die Zeit dränge, aber die Stadt sei bereit für diese Herausforderung.

Dass Hamburg neben Berlin im Fokus des DOSB als Olympiaausrichter steht, „ist ein riesiger Fortschritt gegenüber der Situation von vor 13 Jahren, als die meisten Sportfunktionäre von Hamburgs Bewerbung für 2012 überrascht wurden“, sagt der Senator. Das zeige, was die Stadt in der Zwischenzeit parteiübergreifend für den Sport geleistet habe. Meine es das IOC wirklich ernst mit seiner Absage an den Gigantismus vergangener Jahrzehnte, könnte Hamburg Olympia wahrscheinlich ein hoch attraktives Angebot machen.

Ganz unvorbereitet trifft die Stadt der aktuelle Vorstoß des DOSB nicht. Anfang des Jahres prüfte Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter bereits, welche Flächen zur Verfügung ständen. Das Ergebnis: Für Olympische Spiele hat Hamburg noch reichlich Platz.

Beifall für die Olympiainitiative des Senats kommt bereits vom Hamburger Wirtschaftsrat. „Die angestrebte Bewerbung um die Sommerspiele 2024 oder 2028 könnte der Stadt die nötige Dynamik verleihen, um den voranschreitenden Bedeutungsverlust Hamburgs im Vergleich der Metropolen aufzuhalten“, sagte der Landesvorsitzende Prof. Jörg F. Debatin.