Ausstand trifft Flughafen, Kitas und Müllabfuhr. Viele Staus in der Innenstadt

Hamburg. Viel los ist nicht an diesem Donnerstagvormittag am Terminal2 des Hamburger Flughafens. Und wer die Abflughalle betritt, steuert direkt auf die große Anzeigetafel zu. „Wir sind sehr froh, dass unser Flug wie geplant startet“, sagt Tanja van Zadel. Gemeinsam mit einer Kollegin ist sie auf dem Weg nach Zürich. Weniger Glück hatte Paula Oviedo, die nach einem Besuch in Hamburg zurück nach Caracas fliegen wollte. Wegen der Warnstreiks im öffentlichen Dienst war ihr Zubringerflug nach Frankfurt gestrichen worden. Jetzt steht sie vor dem Lufthansa-Schalter, an dem Gutscheine für die Bahn ausgegeben werden. „Ich wurde über den Ausfall informiert, konnte aber niemanden erreichen, um mich über meine Reisemöglichkeiten zu erkundigen“, sagt die junge Frau aus Venezuela und guckt ratlos.

Bis zum Nachmittag fielen mehr als 30 Flüge aus, ausschließlich im Inlandsverkehr. „Die meisten Passagiere haben sich im Internet informiert und umgebucht“, sagt Fluggastbetreuer Jan Sänger, der etwas verloren in der großen Halle steht. Entsprechend ruhig blieb es, auch weil anders als in Frankfurt oder München das Boden- und Abfertigungspersonal nicht im Ausstand war. Sie haben eigene Haustarifverträge. Nur etwa 60 Flughafentechniker aus den Bereichen Wartung und Instandhaltung beteiligten sich an den Arbeitsniederlegungen.

Dramatischer waren die Auswirkungen für die Autofahrer. Ein Demonstrationszug legte am Vormittag den Verkehr in der Innenstadt lahm. Betroffen waren alle Hauptverkehrsrouten, vor allem auf den Straßen rund um die Alster, Sievekingsallee bis zur Kennedybrücke, Schröderstiftstraße und die Einfallstraßen aus Richtung Westen. Zusätzlich verschärft wurde die Lage, weil Autofahrer auf die ohnehin verstopften Kreuzungen fuhren. Busse hatten bis zu 45 Minuten Verspätung.

Schon um 7Uhr waren die Müllwerker mit großen Wagen vor dem Sitz der Arbeitsrechtlichen Vereinigung, die in der Hansestadt die Arbeitgeberinteressen im öffentlichen Dienst vertritt, in der Altstadt vorgefahren. Insgesamt folgten mehr als 3000 Menschen dem Aufruf der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di zum zweiten Warnstreik innerhalb von einer guten Woche, darunter wieder viele Erzieher der städtischen Elbkinder-Kitas, Hafenarbeiter, Beschäftigte der Bücherhallen, des Zolls und der Arbeitsagentur.

Mit Trillerpfeifen, Rasseln und Transparenten machten sie für höhere Löhne mobil. „Wer unsere Forderungen als üppig diffamiert, gehört nicht in diese Gesellschaft“, sagte Wolfgang Abel, Ver.di-Vorsitzender in Hamburg. Auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen legten Tausende Beschäftigte die Arbeit nieder. Die Gewerkschaft fordert für die 2,1 Millionen Angestellten von Bund und Kommunen neben einem Sockelbetrag von 100 Euro pro Monat eine Lohnerhöhung um 3,5 Prozent. Die Kosten werden bundesweit auf bis zu acht Milliarden Euro beziffert, in Hamburg sind es 70 Millionen Euro. Am Wochenanfang startet die dritte Verhandlungsrunde.

Schon jetzt haben die Gewerkschaften angekündigt, die Streikmaßnahmen zu verschärfen, sollte es zu keiner Einigung kommen. Viele Beschäftigte geben sich entschlossen. „Ich arbeite hart und finde es angemessen, dass ich besser bezahlt werde“, sagt Müllwerker Rüdiger Timm. Er verdient 1700 Euro netto im Monat. Andrea Ullrich und Taisija Sholina sind zum ersten Mal dabei. „Man muss was tun, sonst geht nichts voran“, sagen die Erzieherinnen, die in der Ganztagsbetreuung der Gorch-Fock-Schule in Blankenese arbeiten. Dort wurde wie an vielen Schulen und Kindertagesstätten nur eine Notbetreuung angeboten.

Erneut waren die Folgen der Arbeitsniederlegungen für Eltern, deren Kinder in einer der städtischen Elbkinder-Kitas betreut werden, besonders hart. 36 Kitas waren komplett geschlossen, in 113 der 178 Einrichtungen wurde nur ein Teil der Kinder betreut.

Viele Betroffene zeigen Verständnis für die Forderungen der Beschäftigten, aber es gibt auch kritische Stimmen. „Ich finde es fragwürdig, dass in so einem frühen Stadium der Verhandlungen schon so massive Warnstreiks stattfinden. Das ist eine Frage des Stils“, sagt Thomas Assmann. Der Arzt war mit dem Flugzeug aus Köln in Hamburg angekommen, ohne Probleme.