Eltern, Schüler und Lehrer sollen sagen, ob es wieder neun Jahre Gymnasium geben soll

Hamburg. Die Hamburger SPD will den Zeitdruck aus den Verhandlungen mit der Volksinitiative „G9-Jetzt-HH“ über die Länge bis zum Abitur am Gymnasium nehmen. Schulsenator Ties Rabe (SPD), der am gestrigen Mittwoch erstmals an den Gesprächen teilnahm, will vor einer Entscheidung zunächst ein Meinungsbild an allen 60 Gymnasien erstellen lassen. Die Schulkonferenzen, in denen Eltern, Schüler, Lehrer und die Schulleitung vertreten sind, sollen sagen, ob sie für eine Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang G9 sind oder am bestehenden G8 festhalten wollen.

Während die SPD für ihren Vorstoß in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft Zustimmung von CDU und Grünen erhielt, zeigte sich die Initiative „G9-Jetzt-HH“ verärgert. „Wir haben diesem Vorschlag ausdrücklich nicht zugestimmt“, sagte „G9-Jetzt-HH“-Sprecherin Mareile Kirsch. Die Initiative will zuerst ihre Mitstreiter befragen und sich voraussichtlich am Freitag festlegen. Kirsch befürchtet, dass die SPD so Fakten schaffen will. „Es äußern sich dann doch all diejenigen, die G9 jetzt schon abgelehnt haben“, sagte Kirsch. „Das Vorgehen der SPD ist nicht vertrauensfördernd.“

Die Volksinitiative „G9-Jetzt-HH“ fordert die Rückkehr zu G9 an allen Gymnasien. Außerdem soll parallel an allen 60 Standorten G8 angeboten werden, damit Eltern die Wahl haben. Alle fünf Fraktionen der Bürgerschaft lehnen diese Vorschläge ab.

„Die Lage ist in Hamburg nicht so eindeutig wie in anderen Bundesländern“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Zwar habe ihn zum Beispiel die Abendblatt-Umfrage mit 70 Prozent Zustimmung zu G9 „nicht unbeeindruckt“ gelassen. „Wir brauchen aber ein klares Bild aus den Schulen. Wir wollen nicht über die Köpfe der Basis hinweg eine Entscheidung treffen“, sagte Rabe. Sechs bis acht Wochen sollen die Betroffenen Zeit bekommen, um das Meinungsbild zu erstellen.

Was aus den Ergebnissen folgen soll, ließ die SPD offen. „Ich sage aber ganz klar: Wir machen das nicht, um es anschließend in die Schublade zu legen“, sagte Rabe. Die Politik setze sich damit „auch ein Stück weit unter Druck“. Rabe wies auf die seiner Ansicht nach immensen Probleme der Umsetzung einer solchen Reform hin. „Ich sage ganz offen, die Aufgabe ist zu bewältigen, aber sie ist sehr schwierig.“ Der Senator – einer der härtesten Gegner einer Rückkehr zu G9 an Gymnasien – fügte hinzu, er sei „bereit, über meinen Schatten zu springen“.

Nach der Vereinigung der Leiter Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS) hat sich nun auch die Elternkammer fast einstimmig und klar gegen eine Rückkehr zu G9 am Gymnasium ausgesprochen. „Der Vorschlag der Initiative ist irreführend, weil er kein Jota mehr an Bildung bringt, und er ist inhaltlich unausgegoren“, sagte der Kammervorsitzende Gerrit Petrich. „Ein erfolgreiches neunjähriges Abitur gibt es in Hamburg schon an den Stadtteilschulen“, so Petrich.

„Der schwer erkämpfte Schulfrieden ist bedroht. Erneute Reformen sind nicht nur unnötig, sondern sogar gefährlich für das gesamte Bildungssystem in Hamburg“, sagte Hans Fabian Kruse, Präsident des AGA Unternehmensverbands, der die Rückkehr zu G9 als „Irrweg“ bezeichnete.