Ralf Meyer folgt überraschend auf Wolfgang Kopitzsch. Auch der Verfassungsschutz bekommt einen neuen Chef

Winterhude. Diese Personalie ist selbst in Polizeikreisen eine echte Überraschung. Ralf Meyer, der Leiter der Polizeiakademie, wird neuer Polizeipräsident. Der 53-Jährige übernimmt das Amt von Wolfgang Kopitzsch, der Ende April in den Ruhestand geht.

Auch das Landesamt für Verfassungsschutz bekommt einen neuen Mann an der Spitze. Torsten Voß, 49, bislang Stellvertreter von Manfred Murck, wird dessen Nachfolger. Murck geht ebenfalls in den Ruhestand. Damit hat Innensenator Michael Neumann (SPD) die beiden wichtigen Amtsleiterstellen in seiner Behörde mit ausgewiesenen Fachleuten besetzt.

Vor viereinhalb Wochen war Ralf Meyer zum Gespräch in die Innenbehörde bestellt worden. Auch für ihn war es eine Überraschung, dass er Polizeipräsident werden soll. Zwei Wochen ließ sich Meyer Zeit mit der Zusage. Denn: „Es ist ein anderes Amt im Vergleich zu den Aufgaben, die ich bislang hatte. Man fragt sich schon, was das für einen bedeutet. Schließlich übernimmt man damit deutlich mehr Verantwortung.“

Freudig überrascht – so könnte man die Stimmung bei der Polizei beschreiben, denn mit einer „internen Lösung“ hatten selbst die Spitzen im Landeskriminalamt nicht gerechnet. Viele ranghohe Beamte hatten eine „parteipolitische Lösung“ erwartet, einen Chef mit SPD-Parteibuch. Meyer, der nach dem Abitur 1979 in den Polizeidienst kam und zunächst Streife lief, war jahrelang als Pressesprecher das „Gesicht“ der Polizei.

Der ehemalige Leiter des Landeskriminalamtes, Reinhard Chedor, suchte sich Meyer dann als Nachfolger aus. Der wurde gezielt auf diese Position vorbereitet, dann aber unmittelbar nach der Amtseinführung von Wolfgang Kopitzsch „kaltgestellt“. Stattdessen wurde der als SPD-nah geltende Thomas Menzel, der bis dahin die Abteilung gegen organisierte Kriminalität geleitet hatte, neuer LKA-Chef. Meyer übernahm stattdessen das Projekt „Aus- und Fortbildung“ und wurde im Oktober des vergangenen Jahres dann Leiter der neuen Akademie der Polizei. Das galt intern als Abstieg, auch Meyer selbst soll das so empfunden haben, heißt es aus Kreisen der Polizei. Jetzt wird Meyer den Mann „beerben“, der ihn „abschieben“ wollte.

Von Kopitzsch heißt es, er habe damit gerechnet, über die Altersgrenze hinaus Polizeipräsident bleiben zu können. Diesen Job hatte der ehemalige Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Nord einmal als die Krönung seiner Laufbahn bezeichnet. Dass er mit 65 Jahren gehen müsse, habe er „völlig ausgeblendet“, sagt ein Beamter aus seinem Umfeld. Die jetzige Entscheidung habe Kopitzsch sehr enttäuscht.

Nachdem Innensenator Neumann die Personalentscheidung aus dem Urlaub heraus verkündet hatte, sei Wolfgang Kopitzsch in die Innenbehörde gefahren. Offiziell hieß es, es gebe keine Stellungnahme von ihm. Intern ließ Kopitzsch die „Information Nr. 4“ herausgeben, in der kurz und knapp der Wechsel an der Spitze verkündet wird. „Nach 30 Jahren bei der Hamburger Polizei fällt mir der Abschied nicht leicht", heißt es in der darin enthaltenen persönlichen Bewertung des Polizeipräsidenten. Innensenator Neumann erwartet, dass Meyer die von Kopitzsch eingeleiteten Strukturveränderungen fortsetzt. Unter dessen Ägide seien in der Behörde schlankere Strukturen entstanden und mehr Polizeibeamte auf der Straße erfolgreich eingesetzt worden, ergänzte der Senator. Er hatte vor zwei Jahren den damaligen langjährigen Präsidenten Werner Jantosch in den vorzeitigen Ruhestand geschickt und durch Kopitzsch ersetzt.

Dass der parteilose Ralf Meyer Polizeipräsident wird, stieß außerhalb des Apparates auf ein überwiegend positives Echo. „Für uns war es eine Überraschung“, sagt Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). „Aus Sicht des BDK ist Ralf Meyer eine absolut gute Wahl. Die gesamte Hamburger Polizei hat auf diese Entscheidung gewartet und sie auch gebraucht.“

„Ich war von der Entscheidung völlig überrascht“, sagt auch Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Die Personalie halten wir für absolut richtig und wird von uns unterstützt. Mit Ralf Meyer bekommt die Polizei einen Mann an die Spitze, der menschlich und fachlich diese Position im besten Sinne ausfüllen wird.“ Das ist auch ein Grund, warum Innensenator Neumann auf Meyer setzt.

„Ralf Meyer kennt die Hamburger Polizei in all ihren Facetten. Als Leiter des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) und der Polizeiakademie weiß er genau, was Führungsverantwortung im Hamburger Polizeidienst bedeutet“, sagte Neumann zu seiner Entscheidung. „Ich war froh, als er zusagte, das Amt zu übernehmen.“

„Diese Ablösung ist richtig und lässt die Polizistinnen und Polizisten aufatmen. Die dauerhaften Unstimmigkeiten zwischen Innensenator Neumann und Polizeipräsident Kopitzsch waren eine starke Belastung für Hamburgs Polizei“, sagt Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Verhaltener ist die Reaktion der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Mit Personalien löst man nicht die Probleme der Polizei“, sagt Gerhard Kirsch, Landesvorsitzender der GdP. „Ich kenne Herrn Meyer zu wenig, um ihn beurteilen zu können. Wir als GdP werden ihn nach dem beurteilen, was er zur Lösung der Probleme beiträgt.“

Die gleichzeitige Verkündung, dass Torsten Voß Anfang August neuer Chef des Verfassungsschutzes wird, wurde ebenfalls positiv aufgenommen. Der Familienvater und CDU-Mann kommt aus der Polizei. Wie Meyer war auch Voß Leiter des Mobilen Einsatzkommandos gewesen, bevor er in die Innenbehörde wechselte, wo er Büroleiter des Innensenators wurde.

Seit Oktober 2011 ist Torsten Voß stellvertretender Amtsleiter beim Landesamt für Verfassungsschutz. Der Chef der Behörde, Manfred Murck, scheidet am 31. Juli aus dem Amt, ebenfalls nach Erreichen der regulären gesetzlichen Altersgrenze von 65 Jahren und drei Monaten. Neumann verwies auf Murcks Wirken als „weitsichtiger Analytiker der Sicherheitsarchitektur in Deutschland“.

Bei der Polizei stehen derweil weitere Personalentscheidungen in der Spitze an. Die Stelle des Leiters der Akademie wird neu ausgeschrieben werden. Nachbesetzt werden müssen in nächster Zeit auch die Posten des Gesamteinsatzleiters der Hamburger Polizei und des Personalchefs.