Hamburg ist Schlusslicht bei der Mülltrennung. Behörde setzt weiter auf Freiwilligkeit

Hamburg. 54.300 Tonnen Biomüll haben die Hamburger im vergangenen Jahr in die grünen Tonnen geworfen – das sind gerade einmal 400 Tonnen mehr als im Jahr zuvor. Wie schlecht die Hansestadt im Vergleich dasteht, wird deutlich, wenn man die Menge in Relation zur Bevölkerung setzt. Auf rund 31 Kilogramm pro Einwohner und Jahr kommt Hamburg. In Schleswig-Holstein etwa sind es 77 Kilogramm pro Einwohner, im eher vergleichbaren Stadtstaat Bremen 39,6 Kilogramm. Dort sind die Behälter für Bioabfall und Papier kostenfrei.

Der Mieterverein fordert jetzt Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Recycling-Verordnung. Siegmund Chychla, stellvertretender Vorsitzender, schlägt vor, dass alle Haushalte automatisch Bio- und Papiertonnen erhalten – Ausnahmen müssten beantragt werden. Zur Durchsetzung seien Zwangsgelder angemessen. Mietern dürfe nicht gegen ihren Willen die Möglichkeit genommen werden, Müll zu trennen und Gebühren zu sparen. Chychla: „Andere Städte, etwa Kiel, haben es ja vorgemacht. Dort gibt es keine Probleme.“

Die großen Wohnungsunternehmen würden Strafzahlungen mittragen

Auf den Grundstücken, auf denen es keinen Platz für zusätzliche Tonnen gibt, könnten im Boden versenkbare Anlagen gebaut werden. „Wenn es auf dem Grundstück keinen Raum dafür gibt, dann müsste dies auf öffentlichem Grund gemacht werden“, so Chychla. Die Investitionen würden sich langfristig rentieren.

Manfred Braasch vom BUND möchte ebenfalls, dass künftig alle Haushalte zwangsweise die Recyclingtonnen bekommen. „In begründeten Ausnahmefällen kann dann ein Antrag gestellt werden.“ Die Wohnungswirtschaft würde ein solches Vorgehen sogar mittragen. „Wir hätten damit kein Problem“, sagte Peter Hitpaß, Sprecher des Verbands der norddeutschen Wohnungswirtschaft (VNW), dem Abendblatt. Der Verband vertritt 90 Unternehmen mit rund 280.000 Wohnungen in Hamburg.

Der VNW hatte mit anderen Verbänden im Mai 2012 mit der Umweltbehörde ein „Bündnis für Recycling“ geschlossen. „Die darin eingegangene Selbstverpflichtung haben wir erfüllt“, so Hitpaß. Er glaubt, dass es vor allem kleine Unternehmen und Wohnungsverwalter seien, die die Richtlinie nicht umsetzen. Eine härtere Gangart mit Bußgeldern würde möglicherweise helfen, so Hitpaß.

Insgesamt sind die Ziele des Bündnisses aber klar verfehlt worden. Gegenüber den Vorgaben fehlten zum Stichtag 31.Dezember 2013 rund 73.000 Bio- und 103.000 Papiertonnen. Die Umweltbehörde betont, dass es auch Erfolge gebe. So seien in den gelben Wertstofftonnen (für Verpackungen, Plastik usw.) im vergangenen Jahr 1500 Tonnen mehr gesammelt worden als 2012. Die Restmüllmenge sei um 30.000 Tonnen stärker gesunken als geplant. Und der Papieranteil am Restmüll sei auf 16,7 Prozent zurückgegangen. „Hamburg trennt seinen Müll also viel besser als noch vor einigen Jahren“, sagt Behördensprecher Magnus-Sebastian Kutz.

Im Restmüll ist ein Drittel Biomasse, aus der sich Gas gewinnen lässt

Die Stadtreinigung verweist darauf, dass es 2015 ohnehin einen bundeseinheitlich geregelten „Anschlusszwang“ geben werde, weil Deutschland eine EU-Verordnung umsetzen werde. Allerdings besteht in Hamburg schon seit 2011 eine Verpflichtung. Sprecher Reinhard Fiedler sagt, dass es durchaus begründete Ausnahmen gebe. „In rund 10.000 Haushalten gibt es nicht einmal Platz für Restmülltonnen“, sagt er. Auch eine Unterbringung in Kellern falle aus, da die besonders schweren Papiertonnen von dort nicht nach oben gewuchtet werden könnten. Dennoch blieben viele Haushalte, die ausreichend Platz hätten, aber trotzdem keine blauen und grünen Tonnen aufstellten. In der großen Mehrzahl sind das Mehrfamilienhäuser.

Dabei sparen die Haushalte Geld mit der Mülltrennung: Gelbe und blaue Tonnen für Verpackungen und Papier kosten gar nichts, die Biotonne nur ein Fünftel der Restmüllbehälter, die wiederum deutlich kleiner und billiger wird, weil ja vieles in die anderen Behälter gelangt (siehe nebenstehender Text). Zurzeit besteht der Restmüll in Hamburg zu rund einem Drittel aus Biomasse. Das Geld sparen aber die Mieter, denn Müllgebühren werden komplett auf die Nebenkosten umgelegt – Mieter aber können keine Tonnen beantragen, das muss der Eigentümer tun. Fiedler: „Für den Vermieter ergäben sich aber eben keine finanziellen Vorteile.“