Junger Präses gesucht: Die Hamburger Handelskammer muss neue Wege bei der Kandidatenkür gehen

Ausgerechnet die Handelskammer, eine der mächtigsten Institutionen der Stadt, gerät in Schwierigkeiten. Die Kandidatensuche für den künftigen Präses wurde zum Trauerspiel. Nachdem die Amtsperiode vom jetzigen Präses Fritz Horst Melsheimer im Mai ausläuft, hat sich kein Kandidat gefunden, der diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen will. Hochrangige Unternehmer und Manager wurden gefragt. Doch alle winkten ab.

Die Gründe dafür sind zwar unterschiedlich, aber viele eint, dass sie einfach keine Zeit für das Ehrenamt haben. Denn die Angesprochenen stehen noch voll im Beruf. Ein so anspruchsvolles Nebenamt können sie sich offenbar zeitlich nicht leisten.

Der Job des Präses hat sich auch wegen der zunehmenden Komplexität in der Wirtschaft zu einer tagesfüllenden Aufgabe entwickelt. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich für das Ehrenamt in Zukunft wieder Persönlichkeiten finden werden, die diese Belastung auf sich nehmen. Es sieht nicht zwingend danach aus. Schon 2008 hatte die Kammer Probleme. Weil sich kein anderer Kandidat fand, konnte sie 2008 Frank Horch, den jetzigen Wirtschaftssenator, überreden, das Ehrenamt zu übernehmen. Doch damit stand der Industrieverband in Hamburg, dessen Vorsitzender Horch war, ohne Chef da. Eine Lücke wurde gestopft, indem man eine neue schuf.

In Zukunft werden sich wohl wieder Interessenten für die Präses-Wahl finden. Aber möglicherweise auch mal keine, weil sie, wie die jetzt Angesprochenen, nicht die Zeit für das anspruchsvolle Amt haben. Deshalb sollte die Kammer dafür sorgen, dass bei Bedarf auch hochrangige Persönlichkeiten einspringen können, die sich zwar nicht mehr im Berufsleben befinden, aber der Institution eng verbunden sind.

Dafür müsste die Satzung geändert werden. Im Gegenzug würde die Kandidatensuche einfacher. Nachdem die Kammer bislang gern einen der Vize-Präsides als Nachfolger genommen hat, sollte man zudem künftig den Kreis der möglichen Kandidaten weit über Präsidium und Plenum hinaus ausweiten.

Es kann doch nicht sein, dass sich unter den 165.000 Mitgliedsunternehmen, darunter auch zahlreiche Konzerne, kein geeigneter Kandidat findet, der dieses Amt übernehmen will und kann. Möglicherweise würde sich auf diesem Weg sogar ein jüngerer Präses finden oder – erstmals in der Geschichte der Institution – eine Frau. In Lübeck ist dies schon gelungen.

Die Kammer leistet gute Arbeit. Doch darum allein geht es nicht. Gerade weil im neuen Plenum zwölf der insgesamt 56 Mitglieder der Initiative „Die Kammer sind wir!“ angehören, einer Gruppe, die die Institution reformieren will, tun sich neue Chancen auf. Daraus könnte sich auch eine Verjüngung der Institution ergeben. Gerade in der Hansestadt gibt es in der IT-Branche und in anderen Firmen zahlreiche junge Unternehmer und Manager, die durchaus in die Lage versetzt werden könnten, Präses zu werden. Das würde den Altersdurchschnitt der Präsides deutlich nach unten drücken.

Kurzfristig aber wird sich das Problem der Handelskammer nicht lösen lassen. Weil sie keinen Nachfolger für ihn findet, soll es jetzt Melsheimer noch einmal richten. Der Manager ist gebeten worden, erneut anzutreten – zum dritten Mal. Ein Dilemma, weil auch dafür schnell die Satzung der Kammer geändert werden muss. Bislang sind nur zwei Wahlperioden erlaubt. Nicht alle Mitglieder des Plenums der Institution werden vermutlich dafür sein, obwohl Melsheimer die Kammer gut geführt hat.

Doch wenn es Stimmen gegen die Satzungsänderung gibt, könnte nicht nur die Person Melsheimer geschädigt werden, sondern auch die Kammer insgesamt. Das wäre kein guter Anfang der nächsten Wahlperiode.