Alles neu am Baumwall. Bis zum Hafengeburtstag im Mai soll auch der Bereich bis zum Rundbunker fertig sein

Neustadt. „L 124“ dümpelt etwas abseits des City-Sporthafens auf einem Ponton vor sich hin. Das 19 Meter lange und 40 Tonnen schwere Teilstück der Überseebrücke soll wieder an seinen Platz gesetzt werden. Weil die neue Hochwasserschutzanlage, die gerade zwischen Baumwall und Landungsbrücken entsteht, fünf Meter weiter vorspringt als die frühere, musste es gekürzt werden. Doch bevor es mit dem Schwimmkran in die Höhe gehievt und dann eingepasst wird, sind Vorarbeiten notwendig. Stahlbauer in Schutzanzügen, die auf einer vom Kran gehaltenen Arbeitsplattform schweben, müssen den Podest der Behelfsbrücke entfernen, über die man in den letzten beiden Jahren zum hinteren Teil der Überseebrücke gelangt ist. Ein Anblick, der viele Passanten zum Stehenbleiben und Zuschauen animiert.

Seit 2011 wird die 625 Meter lange Hafenkante zur Uferpromenade umgebaut

Eigentlich ist das Einsetzen des Brückenstücks nur eine Nebenbaustelle; die maßgeblichen Arbeiten betreffen den Umbau der 625 Meter langen neuen Uferpromenade. Sie wird derzeit nach Plänen der Londoner Stararchitektin Zaha Hadid umgestaltet – zu einer Flaniermeile in fast neun Meter Höhe mit Treppenanlagen, auf denen man verweilen kann. Doch Baustelle bleibt Baustelle, und da läuft nicht immer alles glatt. Eigentlich sollte „L 124“ am Vormittag eingesetzt werden. Doch am Rosshafen, wo es morgens auf einen Transport-Ponton verladen wurde, gab es technische Schwierigkeiten mit dem Befestigungsmaterial. Deshalb verzögert sich der Einbau um viele Stunden.

Projektleiter Clais von Mirbach vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) bleibt gelassen. „Solange das Brückenstück heute Abend drin ist, läuft alles planmäßig“, sagt er. Seine Unaufgeregtheit erklärt sich beim Blick auf die Großbaustelle, die sich seit 2011 vom Baumwall Richtung Landungsbrücken bewegt. Ein erstes Bauvorhaben, das BV Binnenhafen Schaartor, ist mittlerweile so gut wie abgeschlossen. Der erste Bauabschnitt des BV Niederhafen, bei dem aktuell die Hafenkante zwischen U-Bahnhof Baumwall und Rundbunker umgestaltet wird, soll bis zum Hafengeburtstag beendet sein. Auch hier wurde zunächst wasserseitig eine Spundwand eingebracht, die mit schrägen Verpresspfählen verankert wurde – kein leichtes Unterfangen bei einem durchschnittlichen Tidenhub von 3,60 Meter und der starken Strömung.

Die größte Herausforderung aber war die sogenannte Tiefgründung, bei der Betonpfähle zwischen 19 und 35 Meter Länge in den Boden eingebracht wurden. „Wir sind immer wieder auf alte Pfähle und auf Betonteile gestoßen, die nicht in unseren Plänen verzeichnet waren“, sagt von Mirbach. Ein Düker, eine unter der Elbe verlaufende Rohrleitung mit zwei Meter Durchmesser, machte sogar Umplanungen erforderlich. Wegen des zum Ufer hin aufsteigenden Astes musste der Bauablauf geändert werden. „Das hat uns ein halbes Jahr Zeit gekostet“, schätzt der Projektleiter.

In einem zweiten Bauabschnitt wird ab 2015 der Bereich bis zu den Landungsbrücken umgebaut. Hier liegt auch das Restaurant Überseebrücke, das 1966 auf städtischem Grund erbaut wurde. Jetzt soll es abgerissen und durch einen Neubau in Form einer weißen Schiffsbrücke ersetzt werden. Geräumt ist es schon, doch der frühere Besitzer hat einen Rechtsstreit begonnen, dessen Ergebnis noch aussteht.

Insgesamt kostet die neue Uferpromenade 115 Millionen Euro. Anlass, sie zu bauen, war die geplante Erhöhung des Hochwasserschutzes von 7,20 Meter auf bis zu 8,90 Meter; außerdem hatten Voruntersuchungen ergeben, dass wesentliche tragende Elemente der bestehenden Anlage überlastet waren. Doch dieser Teil der Hafenkante ist auch ein exponierter touristischer Standort: Er verbindet die Landungsbrücken mit der historischen Speicherstadt und der HafenCity – und bietet dabei einen spektakulären Ausblick auf die Elbphilharmonie.

Ab Donnerstag soll die Überseebrücke wieder zu begehen sein

Um 17 Uhr hat der Schwimmkran „L 124“ von seinem Warteplatz abgeholt. Er manövriert sich an der Überseebrücke in Position und hebt das Brückenstück langsam in die Höhe. An Land werden Kameras gezückt, auch Projektleiter von Mirbach macht mit seinem Handy Aufnahmen. Stück für Stück wird „L 124“ in die richtige Lage gebracht und dann langsam eingepasst.

Bis die Überseebrücke ab Donnerstag wieder betreten werden kann, fährt ein Barkassen-Shuttle Besucher zur „Cap San Diego“. Die Behelfsbrücke muss so schnell wie möglich abgebaut werden, damit in diesem Bereich die Arbeiten an der Uferpromenade weitergehen können. Vorher aber müssen noch die Versorgungsleitungen wieder über die Überseebrücke geführt werden.

An „L 124“ müssen noch die Außenverkleidungen angebracht werden. Auch das Dach wurde beim Transport leicht beschädigt. „Nur eine kleine Schönheitsreparatur“, sagt Clais von Mirbach. Nicht weiter relevant auf einer Großbaustelle.