171 von 362 Schildern sind in der Hansestadt schon verschwunden. Gründe: neue Ampelschaltung und Unfallgefahr. Der ADAC freut sich.

Hamburg. Autofahrer in Eile freuen sich häufig beim Anblick eines grünen Pfeils: Ist das Schild an einer Ampel montiert, geht’s beim Rechtsabbiegen schneller um die Ecke. Doch der grüne Pfeil ist in Hamburg vom Aussterben bedroht. Nur noch 191 Ampeln an 140 Kreuzungen und Einmündungen sind mit den Blechschildern bestückt. Weitere 171 von einst 362 sind in den vergangenen zehn Jahren schon abgebaut worden. Für das Verschwinden des aus der ehemaligen DDR stammenden Relikts gibt es gute Gründe – einer davon ist der technische Fortschritt.

So schnell kann es gehen: Als die grünen Pfeile 2002 unter Ronald Schill , damals Innensenator, flächendeckend eingeführt wurden, galten sie selbst noch als fortschrittlich und wurden als verkehrstechnische Innovation gefeiert. Ziel war es, Wartezeiten an Ampelkreuzungen zu verringern und den Verkehr flüssiger zu machen. Autofahrer dürfen bei einem grünen Pfeil trotz Rotlichts abbiegen – solange Radfahrer oder Fußgänger, die die Kreuzung überqueren wollen, nicht behindert werden.

Durch die Pfeile, ergab auch eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST), könne der Verkehr flüssiger fließen. Zu Spitzenzeiten gab es mehr als 360 Grünpfeile in Hamburg.

Doch in der Hansestadt stehen die Zeichen für den Grünpfeil inzwischen auf Rot. Seit 2006 sind keine Ampeln mehr mit den Pfeilen bestückt, dafür aber rund 200 Schilder demontiert worden. Weniger als 13 Prozent aller Hamburger Ampelkreuzungen sind noch mit grünen Abbiegepfeilen ausgestattet – das kommt beim Allgemeinen Fahrradclub (ADFC) gut an, der die Schilder seit ihrer Einführung scharf kritisiert hat. So monierte der ADFC beispielsweise ein erhöhtes Unfallrisiko an Ampelkreuzungen mit Grünpfeilen. In einer Expertise konstatierte zudem die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Von dem Grünpfeil gehe ein „nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial“ aus.

Hauptgrund für deren Demontage ist nicht etwa, dass sich an den Grünpfeil-Kreuzungen mehr Unfälle ereignen, wie vom ADFC befürchtet, sondern dass immer mehr „einfache“ Ampeln durch intelligente Ampelschaltungen ausgetauscht werden. Kontaktschleifen im Asphalt oder Kameras in den Masten erfassen den Verkehrsfluss und passen die Schaltung per Computer den Rot- und Grünphasen entsprechend an. Von den 1700 Ampelanlagen in der Hansestadt verfügen fast 1000 über diese moderne Technik – und es werden immer mehr.

„Dadurch werden die grünen Pfeile überflüssig“, sagt Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde. „Aus Sicherheitsgründen werden Grünpfeile künftig zunehmend auch im Zuge der Inklusion bzw. der Ausrüstung von Ampelanlagen mit Signalgebern für Sehbehinderte und Blinde demontiert“, sagt Reschreiter.

Dabei wurde den Schildern, die in der ehemaligen DDR weit verbreitet waren, eine gute Funktionalität bescheinigt. Die BAST errechnete: Bei 100 Fahrzeugen pro Stunde verkürzt sich die durchschnittliche Wartezeit bei Grünpfeilen von 32 auf 19 Sekunden – ein Gewinn von 13 Sekunden. Durch die geringeren Standzeiten, so die Studie weiter, gingen auch die Schadstoffemissionen zurück. Um die Verbreitung der grünen Pfeile weiter zu fördern, hat der Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) eine Pro-Pfeil-Initiative unter der Schirmherrschaft des früheren Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) gegründet. Der Titel: „Ja zum grünen Pfeil“. Wenig überraschend: Laut ZDK hätten sich bei einer Fragebogenaktion 96 Prozent von 6000 Autofahrern für den grünen Pfeil ausgesprochen.

Warum die Pfeile abgebaut wurden, hat die Innenbehörde zuletzt vor drei Jahren erfasst. In den meisten Fällen mussten die Grünpfeile der geänderten Ampelschaltung weichen. In fast jedem fünften Fall verschwanden sie, weil sie sich an Schulwegen befanden, und wurden zum Schutz der Kinder abmontiert.

In sieben Prozent der Fälle waren mehr Unfälle an Kreuzungen mit grünen Pfeilen der Grund. Und in elf Prozent, dass „keine Regeltreue erzielbar“ gewesen sei. Das heißt: Autofahrer haben vor dem Abbiegen einfach nicht mehr wie vorgeschrieben angehalten.

Das bemängelt auch der ADFC. „Es ist zwar ein Stoppen und das Absichern erforderlich, dass keine Fußgänger oder Radfahrer queren, es führt leider aber doch immer wieder dazu, dass Autofahrer zum schnellen, unumsichtigen Abbiegen verleitet werden. Deswegen bewertet der ADFC den grünen Pfeil sehr kritisch und befürwortet den Abbau“, sagt Merja Spott, Sprecherin des ADFC Hamburg. Ähnlich sieht das auch der ADAC Hansa. „Mit der intelligenten Ampelschaltung ist das Verkehrsgeschehen für alle Beteiligten sicherer geworden“, sagt ADAC-Verkehrsexperte Carsten Willms. „Wir weinen dem grünen Pfeil jedenfalls keine Träne nach.“