Andrea Briks, Co-Inhaberin von Saco Shipping, steuert als eine von nur wenigen Frauen die Geschicke des Hafens mit. Seit gut 25 Jahren existiert Saco Shipping bereits.

Hamburg. Alle Welthäfen unter einem Dach, wo gibt es das schon? Beim Gang durch die riesige Logistikhalle von Saco Shipping am Reiherstieg in Wilhelmsburg sieht man auf wenige Blicke, wie eng Hamburg mit allen Kontinenten verbunden ist. Die Waren werden auf Paletten an etlichen einzelnen Abstellplätzen gelagert, die jeweils mit dem Namensschild eines Hafens gekennzeichnet sind – ein großer Bereich ist für den Import reserviert, einer anderer für den Export.

Nach einer halben Stunde zu Fuß ist die Weltreise beendet, von Hamburg nach Shanghai, von Tokio nach Vancouver, von Los Angeles nach Rio de Janeiro, von New Jersey nach Bremerhaven. Zwischendurch vorbei an den Schildern Dutzender kleinerer Hafenstädte in aller Welt. Rund 170 Häfen beschickt Saco Shipping von Hamburg aus direkt.

Andrea Briks, 55, betreibt Logistik zum Anfassen, so, wie man es auf den Containerterminals nie zu sehen bekommt, die das Bild des Hamburger Hafens seit Jahrzehnten prägen. Anfang 1988 machten sich die gelernte Speditionskauffrau und ihr früherer Kollege Harald Pahl mit Saco Shipping selbstständig. Saco steht als Abkürzung für Sammelcontainer. Das Unternehmen bündelt vor allem kleinere Ladungsmengen, mit denen die Versender keine kompletten Container füllen können. Das Partnerunternehmen Packing Center Hamburg (PCH) packt und entpackt für Saco die Container, die aus Hamburg in viele Länder verschifft werden oder deren Ladung umgekehrt zur Weiterversendung in Deutschland und Europa in Hamburg ankommt. „In einem 40-Fuß-Standardcontainer können zehn bis 15 verschiedene Ladungen stecken“, sagt Briks beim Rundgang durch die Halle, auf deren Wegen unentwegt Gabelstapler umherfahren.

Bevor Container den Güterverkehr dominierten, wurde Ladung in Kisten und Kästen, in Fässern und Gebinden um die Welt transportiert. Bei Saco Shipping entsteht ein Eindruck davon, wie diese Welt des Güterverkehrs aussieht, denn in der Halle steht die Ladung ohne Container: Tausende Einzelstücke, von der kompletten Ausrüstung einer Band, die auf Auslandstournee war, über Maschinenbauteile in Holzkisten bis hin zu Fässern mit Chemikalien, die im Gefahrenbereich des Gebäudes stehen. Sogar Paketpost lagert in der Halle. Gepackt werden die Container mithilfe der Gabelstapler, die Paletten und Einzelstücke in die Stahlkisten fahren. Mitunter wird auch von Hand gestaut, um die Container anständig zu füllen. „Das hier ist Pütt und Pann, wie wir in Hamburg sagen, klassisches Stückgutgeschäft“, sagt Klaus Wachsmann, Geschäftsführer von PCH.

Hafenlogistik ist ein handfestes Gewerbe, heute nicht anders als in früheren Jahrzehnten. Frauen in Führungspositionen findet man in dieser Branche nur sehr selten. Andrea Briks ist eine von wenigen Ausnahmen im Hamburger Hafen. Ihr selbst wird das im Alltagsgeschäft selten bewusst, denn sie ist eingedeckt mit Arbeit. „Ich kümmere mich um das Personal, aber auch um die EDV im Unternehmen oder um die interne Organisation wie zum Beispiel unseren Umzug im vergangenen Jahr“, sagt sie. Nach einer Ausschreibung gewann Saco Shipping von der Hamburg Port Authority die Pacht des Geländes am Reiherstieg, ein großes Grundstück mitten im Hafen, verkehrsgünstig angebunden: „Wir sind sehr abhängig von einer guten Erreichbarkeit mit Lastwagen“, sagt Briks.

Seit gut 25 Jahren existiert Saco Shipping bereits. Der Chefin fällt beim Rückblick auf, wie gering die Fluktuation der Mitarbeiter ist: „Etliche unserer Leute sind seit zehn, 20 oder mehr Jahren dabei, einer stieg vom Lehrling zum Prokuristen auf“, sagt sie in einem Konferenzraum. Dort stehen auch eine Bar und ein schweres Tischfußballgerät mit Digitalanzeige. Das weltweite Transportgeschäft basiert auch heutzutage noch immer stark auf persönlichen Verbindungen und auf Vertrauen. Dazu zählt durchaus auch mal, mit Geschäftspartnern in der Firmenzentrale zünftig einen Abschluss zu feiern. Insgesamt 280 Mitarbeiter arbeiten inzwischen für Saco Shipping, davon 60 in Hamburg, 40 in Bremen, viele andere auch in den Auslandsvertretungen des Unternehmens.

Im Geschäft mit Sammelcontainern ist Saco Shipping nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland. Das Unternehmen firmiert bei der Verschiffung von Gütern im weltweiten Verkehr als sogenannter NVOCC-Dienstleister, als Reederei ohne eigene Schiffe, wie Briks erläutert. Gut 90 Millionen Euro Umsatz verbuchte Saco Shipping im vergangenen Jahr, mit steigender Tendenz. Die Umzüge des Unternehmens in den vergangenen Jahrzehnten waren stets getrieben vom wachsenden Bedarf an Flächen.

Kürzlich besuchte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) das Unternehmen und war voll des Lobes: „Die Steigerung der Umschlagzahlen verdanken wir auch innovativen Unternehmen wie Saco Shipping, die mit Mut und kreativen Ideen zur Qualität den Hamburger Hafens beitragen“, sagte er nach einem Rundgang durch die nagelneue Halle. „Ich bin beeindruckt, was Sie hier geschaffen haben.“

Unter anderem engagiert sich Andrea Briks auch im Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH). Nicht ganz ohne Eigennutz stritt sie dort auch gegen die Aufgabe der Freihafenzone zu Ende 2012, innerhalb derer die Güter nicht verzollt werden mussten. Für Logistikunternehmen wie Saco Shipping, die viele Transfergüter aus einem anderen Land im Hafen nur zum Weitertransport in ein Drittland umpacken, war der Freihafen eine große Erleichterung. Aber die Gegner der Abschaffung konnten sich gegen den allgemeinen Trend zum Ende von Freizonen in der EU nicht durchsetzen. So ist die Halle von Saco Shipping nun zugleich auch ein Zolllager für grenzüberschreitende Waren: „Das bringt uns deutlich mehr Aufwand als früher, aber Hamburg hat sich nun einmal für die Abschaffung der Freizone entschieden.“

In harter Arbeit hat Andrea Briks ein florierendes Unternehmen mit aufgebaut, und zugleich auch ihre eigene Familie. Mit ihrem Mann ist sie seit 1978 verheiratet, ihr Sohn studiert Wirtschaftspsychologie. Daraus ergibt sich eine individuelle Antwort auf die zeitgemäße Frage, ob Familie und Karriere vereinbar sind. Briks hält nichts von Quoten für Frauen in Führungspositionen. Sie glaubt vielmehr, dass viele Frauen im Management von Unternehmen „gar nicht unbedingt in die höchsten Führungspositionen drängen, weil sie wissen, dass das auch mit gravierenden Einschränkungen der Lebensqualität verbunden sein kann“.

Bei ihr selbst hat die Verbindung von Privat- und Berufsleben funktioniert. Vielleicht auch deshalb, weil sie ihre Mitarbeiter in gewisser Weise familiär behandelt: „Wir haben das Unternehmen damals zu zweit mit viel Spaß und Enthusiasmus aufgebaut“, sagt sie zum Abschied. „Und wir sind heute noch quasi Chefs zum Anfassen.“