Freude bei den Bauherren: Das letzte Element der Elbphilharmonie-Fassade ist eingesetzt. Auch ansonsten geht der Bau des Konzerthauses jetzt endlich gut voran.

Hamburg. Der 31. Januar 2014, um 13 Uhr 21. Auf der endlos langen To-do-Liste zum Thema Elbphilharmonie kann die Stadt Hamburg nun hinter diese Datums- und Uhrzeitangabe ein Häkchen machen. Bei eisigen Temperaturen wurde das letzte noch fehlende Fassadenelement der gläsernen Elbphilharmonie-Ummantelung per Kran in Position gebracht und montiert.

Das letzte noch fehlende Element stimmt nur bedingt, denn ganz genau genommen – genauer, als es die Festredner im 24. Stock damit nehmen mochten – fehlen noch einige Glaselemente im Lichtschacht. Auch dort, wo Kräne direkt an die Gebäudeseiten gesichert wurden, müssen nach deren Entfernung einige der etwa 1100 Fassadenteile wieder zurückmontiert werden.

Mit solchen Petitessen jedoch, die ihre frohe Botschaft geschmälert hätten, mochten sich weder Kultursenatorin Barbara Kisseler noch die Vertreter des Baukonzerns Hochtief und der Architekten Herzog & de Meuron unnötig lang aufhalten. „Der Rohbau ist fertig, der Stahlbau ist fertig. Das Dach ist weitgehend geschlossen, die Montage der für die Akustik zuständigen Weißen Haut im Großen Saal hat begonnen, die weiteren Zwischentermine werden gehalten“, zählte Kisseler in diesem „mehr oder weniger historischen Moment“ ihre Aktivposten auf. „Daran ist abzulesen, wie gut die Zusammenarbeit inzwischen funktioniert.“

Auch für Stefan Deußer war der 31. Januar ein besonders glücklicher Tag. Der verantwortliche Hochtief-Ingenieur war schon dabei, als 2009 das erste Fensterelement eingesetzt worden war. Fast fünf Jahre später konnte nun die Vollendung verkündet werden.

In Zahlen bedeutet das: Auf einer Gesamtfläche von 16.000 Quadratmetern – das entspricht ungefähr zweieinhalb Fußballfeldern – sind 1100 gläserne Elemente angebracht worden. Jedes einzelne besteht aus zwei bis drei Scheiben und wiegt bis zu 1,8 Tonnen. Die größten sind 4,30 breit und fünf Meter hoch. „Wir haben bis zu sechs Fensterelemente pro Tag eingebaut“, sagte Deußer.

Der Dank von Deußer ging vor allem an die ausführenden Firmen Gartner, einen der weltweit größten Fassadenbauer, und an Spannverbund, zuständig für den Stahlbau des gewaltigen Gebäudedaches, das auf 6000 Quadratmetern aus acht gekrümmten Dachflächen besteht. „Jeder der rund 1000 Träger, von denen einer bis zu acht Tonnen wiegt, ist individuell gebogen und geschweißt. Hut ab vor dieser Leistung, die in vielen Tag- und Nachtschichten vollbracht worden ist.“

Man habe versucht, so Deußer, die Visionen der Architekten umzusetzen. „Und das ist eindrucksvoll gelungen“, sagte Stefan Göddertz, zuständiger Architekt von Herzog & de Meuron. Zwei Jahre habe man gemeinsam geplant und entwickelt, um etwas weltweit Einmaliges zustande zu bringen: Eine Glasfassade, die durch die individuelle Bedruckung der einzelnen Scheiben den Energieeinfall der Sonne minimiert – und durch die Verformung ihr Aussehen immer wieder verändert.

Etwa 35 Prozent der Fassadenfläche haben ein Punkteraster, welches den Sonneneinfall um 75 Prozent reduziert. „Sonst würde es in den Räumen viel zu heiß werden“, sagt Göddertz. Die bedruckten Fenster haben außerdem eine Chrombeschichtung für einen intensiveren Spiegeleffekt. Und 30 Prozent der Scheiben sind nach innen oder außen gebogen. Diese Verformung erfolgte nach der Bedruckung mit dem Punkteraster bei 600 Grad. „Auch das war eine gewaltige Herausforderung für die Ingenieure“, sagte Deußer. Bedruckung und Verformung der gläsernen Fassade führen dazu, dass der Glasblock auf dem Speicher je nach Licht- und Wetterverhältnissen ständig sein Aussehen verändert. „Der futuristische Entwurf ist jetzt vollendet und tritt nun ins Stadtbild ein“, sagte Göddertz.

Damit können auch die vertraglich festgelegten Termine eingehalten werden. Bis Ende Mai muss die restliche Elementfassade, insbesondere die Lichtschächte im Inneren des Gebäudes, fertiggestellt werden. Und am 15. August muss das Dach regendicht sein. Deußer ist sicher, dass die Fristen eingehalten werden: „Das ist für uns ein ganz wichtiger Termin, weil wir danach witterungsunabhängig auf der Baustelle weiterarbeiten können.“

Nach Jahren des Stillstands geht es nun also auf der Jahrhundertbaustelle gut voran. Das liegt auch daran, dass Hochtief und Herzog & de Meuron mittlerweile Hand in Hand arbeiten. „Die Motivation ist kurz vor dem Siedepunkt, wir arbeiten mit richtig viel Spaß zusammen“, sagte der Gesamtprojektleiter von Herzog & de Meuron, Jan-Christoph Lindert am Freitag. Ein Zeichen für den neuen Teamgeist ist auch die neu eingerichtete Mängeldatenbank namens Contrace. Dort sind die Altmängel aus der Zeit vor der Neuordnungsvereinbarung eingearbeitet worden, in die die städtische Realisierungsgesellschaft ReGe uneingeschränkt Einblick nehmen kann. Zum 30. November 2013 waren dort 2012 nicht erledigte Altmängel aufgeführt – gegenüber 7300 nicht erledigten Baumängeln aus dem August 2012.

Dass es beim Bau der Elbphilharmonie mittlerweile ziemlich reibungslos zugeht, zeigt sich auch am Personalabbau der ReGe, die jetzt, wie vertraglich vorgesehen, in ihrer neuen Rolle primär als überwachende Bauherrin tätig ist. Waren zeitweise mehr als 50 städtische Mitarbeiter mit dem Projekt befasst, sind es aktuell noch 13 ReGe-Mitarbeiter. Davon sind fünf ausschließlich für die Elbphilharmonie zuständig, acht weitere zeitweilig.

Außerdem wurde auch der Bauausschuss der Elbphilharmonie Bau KG, der in den Hochzeiten des Konflikts eingerichtet worden war, auf Vorschlag des Aufsichtsrats inzwischen aufgelöst. Im Jahr 2017 soll das Konzerthaus nach offiziellen Angaben eröffnet werden. Die Kosten liegen derzeit bei 789 Millionen Euro.