Kronprinzessin Victoria von Schweden besuchte mit ihrem Mann Daniel die Hansestadt. Das Thronfolgerpaar gab sich volksnah und schrieb Autogramme.

Hamburg. Der Kindergarten muss warten. Heute geht Fanny später hin. Denn mit ihrer Mutter Annika Roschitz steht die Fünfjährige lieber hinter der Absperrung am Rathaus. Es ist kalt, doch die Kleine und ihre Mutter, eine Halbschwedin, erwarten hohen Besuch. Heute ist Prinzessinnentag in Hamburg, und Fanny liebt Prinzessinnen. Das Mädchen aus Winterhude und die anderen 100 Schaulustigen müssen sich allerdings gedulden. Es heißt: Frieren, Probewinken, Warten. Zehn Minuten später als geplant fährt die schwarze Limousine vor.

Dafür nehmen sich die schwedische Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel etwas mehr Zeit für eine Extrarunde. Drehung links, Drehung rechts – und dann ab durchs Blitzlicht in die Menge. Das Thronfolgerpaar gibt sich volksnah, schreibt Autogramme, nimmt Geschenke für die zu Hause gebliebene Tochter Estelle entgegen und verteilt nette Gesten. Prinz Daniel trägt einen klassisch dunkelblauen Anzug, die Prinzessin ein cremefarbenes Kleid mit Kastenjäckchen. Nur die schwere Fußschiene und die Krücken aus dem Orthopädiefachhandel führen zu Eleganzeinbußen. Ein Skiunfall zwingt die 36-Jährige bei ihrem zweiten Deutschland-Besuch mit Ehemann zum Humpeln. Doch sie lächelt das alles weg. „Sehr schön“ war die Prinzessin, findet Fanny nach dem fünfminütigen Auftritt. „Zurückhaltend und freundlich“, sagt Mutter Annika. Andere sprechen von einer zauberhaften Frau. Alles in allem: sehr royal.

Vier Stationen in knapp fünf Stunden liegen in Hamburg vor dem Prinzenpaar. Die zweitägige Deutschlandtour der Schwedin und ihrer Wirtschaftsdelegation beginnt am Dienstag mit vielen Informationen über Stadtentwicklung, Handelsbeziehungen und Energiefragen. Rathaus, Handelskammer, Museum für Völkerkunde und HafenCity sollen in Augenschein genommen werden. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt da nicht. Am Nachmittag reist die königliche Entourage weiter nach Nordrhein-Westfalen.

Doch zuvor begrüßt Bürgermeister Olaf Scholz das seit 2010 verheiratete Paar auf der Senatstreppe. Zum Gespräch zieht er sich mit seinen Gästen zurück. Danach zeigen sich Victoria und Daniel bei einem kurzen öffentlichen Auftritt vor der Handelskammer. Für die überschaubare Schar Hamburger Royal-Fans gibt es den ganzen Tag über nur minutenweise Glamour.

Mehr Glück haben die geladenen Gäste in der Handelskammer. Bei der Veranstaltung „Moderne grüne Städte – Chancen für Unternehmen in Schweden und Deutschland“ sitzt das Paar für einen langen Beobachtungszeitraum still. Sie hört aufmerksam zu, er lutscht ein Hustenbonbon. Manchmal tuscheln sie, wirken aber selbst dabei allzeit konzentriert. Inhaltlich geht es um die beiden ehemaligen Umwelthauptstädte Stockholm und Hamburg, um gemeinsame Beziehungen und den Aufbruch in ein neues, ressourcenschonenderes Zeitalter. Den besten Slogan liefert die Prinzessin selbst: „Wir brauchen einen Plan B, denn wir haben keinen Planeten B.“ Applaus. Kaffeepause. Umzug ins Völkerkundemuseum.

Auch dort trotzen einige Hamburger der Kälte. Ein Mädchen übergibt einen Blumenstrauß. Wieder scheut die Prinzessin nicht den Kontakt. Und kämpft sich allein mit ihren Krücken die Stufen hinauf. Im Museum herrscht nach Small-Talk-Gemurmel plötzlich ehrfürchtige Stille. Die Prinzessin ist da – und strahlt. Abgesehen von ihrem Reisepensum macht sie sonst eigentlich nicht viel heute. Wenn sie das Protokoll verlässt, wird es zwar unterhaltsam und entspannt. Aber sonst? Sie lächelt, sie sieht gut aus, sie fragt höflich nach, sie würdigt die Designer ihres Landes als innovative Köpfe und drückt einen roten Knopf, um die Ausstellung für preisgekröntes Design aus ihrer Heimat zu eröffnen.

Später hebt sie für die Fotografen einen 4,4 Kilogramm leichten Carbon-Rollstuhl an und rückt ein paar Gläser auf einem schwedischen Esstisch zurecht. Bei Victoria Ingrid Alice Désirée Bernadotte, wie die Tochter von Königin Silvia und Carl XVI. Gustaf von Schweden vollständig heißt, reicht das, um die Gäste zu verzücken. „So süß“, sagt eine Frau. „Sie sieht so toll aus“, vervollständigt ihre Nachbarin. Wie das Design, so der Auftritt der Prinzessin: einfach, funktional, elegant.

Beim letzten Termin für diesen Tag hält sich der Text der Prinzessin erneut in Grenzen, wieder sind ein paar Schaulustige da. Fotos, lächeln, rein ins Kesselhaus. Zuhören. Reizend aussehen. Nicht die Kameras vergessen. Den königlichen Erziehungsdreiklang beherrscht Victoria perfekt. Neben dem Modell der HafenCity zeigt sie sich freundlich beeindruckt vom neuen Stadtteil. Obwohl sie heute schon allerhand gehört hat, lauscht sie geduldig den Ausführungen von HafenCity-Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg. Danach steigt das Paar in einen grünen Wasserstoffbus, um sich die bereits Wirklichkeit gewordenen Architekturentwürfe anzusehen. Am Nachmittag startet ihre Regierungsmaschine nach Düsseldorf, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wartet dort schon.