Tausende Anleger tappten in die Prokon-Falle – jetzt drohen ihnen hohe Verluste

Eine hohe Rendite kassieren und gleichzeitig mit seinem eingesetzten Geld Gutes tun – von dieser Kombination träumt beinahe jeder Kapitalanleger. Und genau die Erfüllung dieses Traumes versprach das Unternehmen Prokon aus Itzehoe. In kaum einer Hamburger S- oder U-Bahn konnte man der Werbebotschaft der norddeutschen Heilsbringer entgehen. An gefühlt jedem zweiten Fenster klebte das Versprechen auf mindestens sechs Prozent Zinsen plus Überschussbeteiligung. Und auf den bunten Marketing-Folien verwandelte sich das böse, gefährliche Atomkraft-Warnsignal auf bunten Bildern in gute, saubere Rotorblätter einer Windkraftanlage. Nun hat Prokon Insolvenz angemeldet, rund 75.000 Anleger bangen um knapp 1,4 Milliarden Euro Kapital. Aus einem schönen Traum ist bittere Realität geworden. Und wenn Menschen Geld verlieren, dann suchen sie meist nach den Gründen – und zwar bei anderen. Dass sie selbst Fehler gemacht haben, zu gierig, zu blauäugig waren – das kommt ihnen leider nur allzu selten in den Sinn.

Alle bisher bekannt gewordenen Details deuten darauf hin, dass die Erfinder und Initiatoren der Prokon-Idee keine Abzocker, keine von hohen Provisionen getriebenen Schwindler waren. Sie wollten offensichtlich die Welt in ihrem Sinne verbessern. Raus aus der unkalkulierbaren Atomenergie, der dreckigen Kohlekraft, stattdessen rein in die grüne, saubere Welt des Ökostroms. Doch zur Finanzierung ihrer Energierevolution benötigten sie viel Geld, das sie leider nicht selbst hatten.

Um es einzusammeln, lockten sie mit Renditen, die selbst für Finanzlaien auf den ersten Blick überzogen waren. Denn wie kann jemand in einer Zeit, in der es auf dem Sparbuch deutlich weniger als ein Prozent Zinsen gibt, ernsthaft auf eine langfristig zugesagte jährliche Rendite von sechs bis acht Prozent vertrauen? Es war diese gefährliche Mischung aus Gier und Gutmenschentum, die fast 75.000 Anleger in die Prokon-Falle trieb. Mitleid verdienen sie nicht – und Schuldzuweisungen an andere Personen oder Institutionen sollten in diesem Fall auch nicht als Ausrede herhalten.

Denn wer den daumendicken Verkaufsprospekt von Prokon zumindest zwei Minuten lang durchgeblättert hat, dem sollte der von dem Unternehmen sogar grafisch hervorgehobene Hinweis auf das Risiko eines Totalausfalls des eingesetzten Kapitals nicht entgangen sein. Selbstverständlich kann man sich nun auch über die Blauäugigkeit und offensichtliche kaufmännische Naivität der Prokon-Initiatoren aufregen. Und es ließen sich Hunderte von Zeilen über die mangelhafte Kontrolle der Geldanlagen am Grauen Kapitalmarkt schreiben, zu denen die ausgegebenen Genussrechte aus der norddeutschen Provinz zählen. Aber der Fall Prokon ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie problemlos sich Menschen ihr Erspartes aus dem Portemonnaie ziehen lassen. Je höher die Rendite, desto höher das Risiko. An diese Faustformel sollte sich jeder Anleger erinnern, bevor er das nächste Mal sein Geld anderen Menschen anvertraut.

Neben den finanziellen Folgen für jeden einzelnen Anleger hat der Fall Prokon auch eine volkswirtschaftliche Dimension. Gerade in einer Zeit, in der ein ganzes Land kontrovers über den Energiemix der Zukunft debattiert, sollte man diesen Insolvenzantrag richtig einordnen. Für Deutschland führt kein Weg an einem kräftigen Ausbau der regenerativen Energie vorbei. Daran ändern die massiven Probleme eines Unternehmens aus diesem Bereich nichts. Die These mag ein wenig steil klingen: Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Prokon mit einer deutlich geringeren Rendite von zum Beispiel zwei Prozent sogar langfristig Erfolg gehabt hätte. Denn die Idee hinter Prokon ist grundsätzlich eine gute, nur schlecht gerechnet.