„Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“: Präses Melsheimer fordert, den Ausbau der A7 besser auf andere Baumaßnahmen abzustimmen. Harte Kritik an G9-Initiative und Umweltverbänden

Hamburg. Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer hat massiv vor einem Verkehrschaos in Hamburg gewarnt. Vor der „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ wies Melsheimer darauf hin, dass demnächst der Ausbau der Autobahn7 (zwischen Othmarschen und der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein) zeitgleich mit Arbeiten an der mehrspurigen Kieler Straße erfolgen soll. „Da ist doch das Verkehrschaos im gesamten Hamburger Westen vorprogrammiert“, warnte der Präses vor rund 2200 geladenen Gästen in der Kammer, darunter auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und die meisten Senatsmitglieder. Von Verkehrssenator Frank Horch (parteilos), seinem Vorgänger als Kammer-Chef, forderte Melsheimer eine bessere Koordination der Baumaßnahmen: „Herr Senator Horch, hier sind Managerqualitäten gefragt.“

Dennoch stellte der oberste Vertreter der Hamburger Wirtschaft dem Senat überwiegend ein gutes Zeugnis aus, auch und gerade im Verkehrsbereich. So begrüßte er, dass die Mittel für den Erhalt des Straßennetzes verdoppelt wurden. „Inzwischen dürfen wir uns alle an 64 Kilometern instand gesetzten Straßen und holperfreiem Fahren erfreuen“, dieses Gefühl sei unter den CDU-geführten Vorgängersenaten fast in Vergessenheit geraten.

Opposition von CDU und FDP unterstützt Haltung der Kammer

Von den Oppositionsparteien gab es nach der Rede Lob für die Ausführungen Melsheimers zur Verkehrspolitik. „Der Präses hat zu Recht die Hand in die offensichtlichen Versäumnisse des Senates gelegt und von Stausenator Horch Managerqualitäten bei der Staukoordination auf der A7 eingefordert“, sagte Klaus-Peter Hesse, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Die CDU erwartet endlich Mut und visionäre Verkehrspolitik. Dazu gehört ein Konzept für neue schienengebundene Systeme und ein effektives Verkehrsmanagement.“ Die FDP forderte Horch auf, das Busbeschleunigungsprogramm sofort zu stoppen und die Empfehlungen der Handelskammer und der FDP für ein besseres Baustellenmanagement umzusetzen. „Bessere Koordinierung, mehr Abend- und Sonnabendarbeit und Anreize für die Bauunternehmen, die Baustellen schnell abzuwickeln“, wären laut FDP-Verkehrspolitiker Wieland Schinnenburg die richtigen Mittel.

Gewohnt scharf griff Melsheimer die Umweltverbände für die „unerträgliche Verzögerung“ der Elbvertiefung an. In einer Demokratie habe „die Interessenabwägung im Parlament stattzufinden und nicht mittels Verbänden vor Gericht“, so der Präses. Angesichts der Tatsache, dass Umweltverbände wie der BUND und der WWF das Projekt mit Klagen zu stoppen versuchen, sei das „Verbandsklagerecht in seiner bisherigen Form nicht haltbar“, sagte Melsheimer. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte: „Den Umweltverbänden sollten die Kosten von Verzögerungen angelastet werden, die durch offensichtlich unbegründete Klagen entstehen.“ Die Klagen wurden Mitte 2012 eingereicht. Im Herbst 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig schließlich einen Verhandlungstermin für Juli 2014 angesetzt.

Nachdem der Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze entgegen der Haltung der Kammer erfolgreich war, kündigte Melsheimer mehr Einmischung in die Meinungsbildung an. Wenn das Volk direkt als Gesetzgeber auftrete, werde sich die Kammer auch „unmittelbar an das Volk wenden müssen“. Sie werde als „Akteur“ in der Volksgesetzgebung auftreten müssen. „Vielleicht sogar als Initiator.“ Der Volksinitiative für eine Rückkehr zur neunjährigen Schulzeit an Gymnasien erteilte der Präses eine harsche Absage. Bevor es möglicherweise 2015 zu einem Volksentscheid über diese Frage komme, sollte lieber der 2010 vereinbarte Schulfrieden eingehalten werden, so Melsheimer: „Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass der Zombie der 70er-Jahre, die unfruchtbare Schulreformdebatte, nicht durch die Forderung nach Wiedereinführung des 13-jährigen Abiturs am Gymnasium nach Hamburg zurückkehrt.“

Die Forderung nach einer Schulreform sei ein „Zombie der 70er-Jahre“

Kritik erntete der Senat für sein Eintreten für eine Mietpreisbremse. „Die sogenannte Mietpreisbremse ist in Wahrheit eine Neubaubremse“, sagte Melsheimer. Miete sei Rendite, und wenn die Rendite nicht stimme, würden private Investitionen in den Wohnungsbau zurückgehen. Melsheimer: „Angesichts des bislang erfolgreichen Wohnungsbauprogramms des Senats ist es daher gleichermaßen verwunderlich wie ärgerlich, dass die Initiative für die Mietpreisbremse ausgerechnet aus Hamburg kam.“ Der Senat hatte sich auf Bundesebene für eine Gesetzesänderung eingesetzt, die es den Ländern ermöglicht, schärfere Regeln einzuführen. In Hamburg gilt bereits eine „Mietpreisbremse“, wonach Vermieter die Bestandsmieten binnen drei Jahren nur noch um 15 Prozent erhöhen können. Bislang waren 20 Prozent erlaubt.

Vor dem Gebäude machten Vertreter des Bündnisses „Die Kammer sind wir“ auf ihr Anliegen aufmerksam. Dahinter stecken nach eigenen Angaben 15Hamburger Unternehmer, die mehr Transparenz in der 350 Jahre alten Institution und eine Beitragssenkung fordern. Ihre Ziele wollen sie heute vorstellen. Melsheimer ging in seiner Rede kurz darauf ein und verwies darauf, dass die Kammer seit dem 1. Dezember ein Transparenzportal unterhalte. Außerdem seien die Beiträge für die Mitglieder gesenkt worden. „40 Prozent unserer Mitglieder sind ohnehin von jeglichen Beitragszahlungen freigestellt.“