Viele Hamburger zeigen sich unter anderem im Internet mit den Beamten der Davidwache nach dem Angriff auf die Polizisten solidarisch. Politiker fordern Ende der Gewalt. Auch Mordkommission ermittelt.

St. Pauli. Es war ein beeindruckender Start, den die Facebook-Seite „Solidarität mit den Beamten der Davidwache“ hinlegte: Am Montagabend, nach nur einem Tag im Netz, hatten schon mehr als 19.000 Menschen ihre Solidarität per „Gefällt mir“-Knopf bekundet. Der digitale Protest richtet sich gegen die Angriffe auf drei Polizisten in der Nacht zum Sonntag auf St.Pauli. Die noch unbekannten Angreifer schleuderten einem Beamten aus nächster Nähe einen Stein ins Gesicht.

Der Polizist erlitt einen Kieferbruch und einen Nasenbeinbruch und muss – wie sich am Montag herausstellte – noch einmal operiert werden. In die Ermittlungen stieg auch die Mordkommission ein. „Unterstützend“, heißt es im Polizeipräsidium. Die Ermittlungen führt die Staatsschutzabteilung der Polizei – mittlerweile kam zu dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs auch versuchter Totschlag hinzu.

In der Politik hat der Angriff auf die Polizisten scharfe Reaktionen hervorgerufen. „Der Angriff auf die Davidwache hat mich schockiert und macht fassungslos“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. „Wer so etwas tut, ist ein Gewalttäter. Ich hoffe, dass die Täter dingfest gemacht und bestraft werden.“ Die „Irren von der Davidwache“, so Dressel, würden auch ihrem angeblichen Anliegen schaden. „Wir können über alles reden, streiten und diskutieren. Aber die Schwelle zur Gewalt darf dabei nie überschritten werden.“

Verärgert zeigte sich Dressel darüber, dass Grüne und Linkspartei auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes aufwerfen: „Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Zu glauben, die Polizei habe angefangen, ist absurd.“

Auch CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich verurteilte die Gewalttaten mit deutlichen Worten. „Die Hamburger haben die Schnauze voll von den Krawallen linksradikaler Chaoten. Hamburgs Polizistinnen und Polizisten sind Bürger unserer Stadt. Sie sind unsere Nachbarn, unsere Freunde, unsere Familienmitglieder“, sagte Wersich. Angesichts der jüngsten Angriffe auf Polizisten im Dienst sei es die Pflicht der Politik und aller Bürger, der Polizei den Rücken zu stärken. Ähnlich sieht das die FDP: „Die brutalen Überfälle auf Polizisten durch die linksautonome Szene müssen durch alle demokratischen Kräfte in der Bürgerschaft klar und deutlich verurteilt werden. Es reicht nicht, wenn die Linke vor Demonstrationen Anti-Gewalt-Appelle mitunterzeichnet, nach den schlimmen Übergriffen auf Polizisten aber schweigt oder sogar unterschwellige Sympathie erkennen lässt. Wer so handelt, sät neue Gewalt und verlässt die Solidarität der Demokraten“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft, Carl Jarchow. Er forderte den Senat auf, ein Handlungskonzept gegen linksradikale Gewalt vorzulegen.

Konkrete Hinweise auf die Täter gibt es bislang nicht. Die Ermittlungen des Staatsschutzes sollen aber auch in Richtung der polizeibekannten „Reisegruppe Kiez“ gehen. Hinter dem Namen verbergen sich mehr als 100 Gewalttäter, die als FC St.-Pauli-nah gelten und unter dem Deckmantel des Fußballs Straftaten begehen. So tauchten sie in der Vergangenheit auch bei Krawallen im Schanzenviertel als Gewalttäter auf.

Die Polizei hatte bereits nach dem ersten Angriff auf die Davidwache kurz vor Weihnachten reagiert. Das Konzept zur Eigensicherung wurde geändert. Mindestens vier Beamte sollen jetzt beim Einschreiten auf dem Kiez oder in der Schanze gemeinsam eingesetzt werden. Aber selbst das könnte nicht mehr ausreichen, befürchtet Freddy Lohse von der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Am Wochenende wurde eine weitere Schwelle überschritten. Wir haben es mit einer neuen Dimension der Gewalt zu tun“, sagte Lohse. „Polizeikräfte müssen jetzt damit rechnen, dass sie jederzeit und völlig grundlos angegriffen werden.“

Lohse fordert eine Anpassung der Polizeiausrüstung. Man habe zur Abwehr von Angriffen Pfefferspray, den Schlagstock oder, als letztes Mittel, die Schusswaffe. Lohse plädiert für eine Ausstattung, die die „Lücke“ zwischen den aus nächster Nähe einzusetzenden Mitteln und der Schusswaffe schließt. Taser (Elektroschockpistolen) seien nötig. Am 1. Januar will die Gewerkschaft während des Neujahrsempfangs des Bürgermeisters eine Mahnwache vor dem Rathaus abhalten. Dabei geht es um die Übergriffe, aber auch um die Beförderungssituation bei der Hamburger Polizei. Ein Zeichen wollen die Demonstranten damit auch gegen den – aus ihrer Sicht – wenig anerkennenden, internen Umgang mit Polizisten nach den jüngsten Krawallen mit verletzten Beamten in Hamburg setzen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert den Senat dazu auf, von weiteren Sparmaßnahmen abzusehen und Beförderungen nicht auszusetzen.