Militärsparte belastet Airbus-Mutterkonzern. Neben Süddeutschland setzt Tom Enders den Rotstift wohl noch in Bremen, Stade und Hamburg an.

Hamburg. Ziemlich genau die Hälfte der rund 50.000 Beschäftigten, die der Airbus-Mutterkonzern EADS in der Bundesrepublik hat, arbeitet in Norddeutschland in küstennahen Werken. Doch dabei gibt es eine recht konsequente Aufgabenteilung: Im Norden ist die Ziviljetsparte angesiedelt, während im Süden das rüstungsorientierte Geschäft der europäischen Luft- und Raumfahrtgruppe dominiert. Von den wegen der Flaute im Rüstungsgeschäft ausgearbeiteten Streichungsplänen, die der Vorstand am Montag dem Management und dem Betriebsrat präsentierte, sind daher hauptsächlich die süddeutschen Standorte betroffen.

Aber auch der Norden kommt nicht ungeschoren davon – und dies bekommen vor allem die EADS-Mitarbeiter in Bremen zu spüren. Denn in Bremen hat die Raumfahrtsparte Astrium, die im nächsten Jahr mit dem Rüstungsbereich Cassidian und den Militärflugzeugabteilungen von Airbus zusammengelegt werden soll, ihren Sitz.

Einschließlich der Leihkräfte sind in Bremen gut 6500 Personen für den EADS-Konzern tätig und zusammen mehr als 2000 von ihnen arbeiten bei Astrium und Cassidian. Ebenfalls von der Umstrukturierung berührt sind nach Angaben des dortigen Betriebsrats 700 Airbus-Beschäftigte, die der Entwicklung und Fertigung des Militärtransporters A400M zuzurechnen sind. Im Werk Stade arbeiten 400 Personen an militärischen Programmen.

Die Befürchtungen, die der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall am 28. November während eines sogenannten „Aktionstags“ an allen deutschen EADS-Standorten zum Ausdruck brachten, knüpfen sich aber nicht nur an die Spartenzusammenlegung, die viele Arbeitsplätze kostet. Denn Konzernchef Tom Enders will das gesamte Unternehmen profitabler machen. Sein Ziel: Die operative Umsatzrendite soll bis zum Jahr 2015 auf zehn Prozent steigen. In der ersten Jahreshälfte 2013 erreichte man erst 6,1 Prozent, während der US-Konkurrent Boeing im gleichen Zeitraum auf rund acht Prozent kam.

„Wir machen gute Fortschritte bei unseren Gewinnzielen“, sagte EADS-Chef Enders im September. „Aber wir sind bei der Profitabilität ganz klar noch nicht dort, wo einige unserer Wettbewerber sind.“

Angesichts des hohen Airbus-Anteils von mehr als 70 Prozent am Umsatz der gesamten Gruppe liege es nahe, dass der Zivilflugzeugbauer „auch einen großen Teil des Renditedrucks zu spüren bekommt“, hatte Jan-Marcus Hinz, Vorsitzender des Airbus-Betriebsrats in Hamburg, vor wenigen Tagen in einem Abendblatt-Interview gesagt. Eine wesentliche Stellgröße für die Rendite seien die Personalkosten, und wenn man nach Synergien suche, könne das auch „große Auswirkungen auf Arbeitsplätze im Verwaltungsbereich in Hamburg haben“, so Hinz.

Das jetzt verkündete Stellenabbauprogramm ist auch eine Spätfolge der vor allem am Widerstand der Bundesregierung gescheiterten Fusionspläne von Enders: Im vergangenen Jahr hatte der EADS-Vorstand einen Zusammenschluss mit dem britischen Rüstungs- und Technologieunternehmen BAE Systems angestrebt, um in dieser Branche auf dem Weltmarkt größeres Gewicht zu erlangen.

Auch wenn es dazu nicht gekommen sei, dürfe man das Rüstungsgeschäft, etwa die Entwicklung von Drohnen, nicht allein den Wettbewerbern aus den USA überlassen, warnten die EADS-Betriebsräte und die IG Metall auf dem Aktionstag. „Wir wollen uns aus der Rüstung nicht verabschieden, aber die Konsolidierung der Sparte zeigt, dass wir aus dem Geschäft maximalen Profit herausschlagen wollen“, hatte Enders bereits im Juli angekündigt. Angesichts der Euro-Krise und der Überschuldung vieler europäischer Staaten würden nirgends die Verteidigungshaushalte hochgefahren.

Allein in Deutschland habe EADS in den vergangenen Jahren mehrere Milliarden Euro Auftragsvolumen verloren, so Enders: „Wir können das nicht einfach locker abfedern oder die betroffenen Standorte und Kapazitäten für andere Aufgaben umwidmen.“

Andere Unternehmen der Rüstungsbranche haben ebenfalls Schrumpfprogramme verkündet. So streicht BAE Systems 1775 Jobs auf britischen Werften. Der US-Konzern Lockheed Martin, der unter anderem Kampfjets herstellt, hatte im November mitgeteilt, rund 4000 Stellen müssten wegfallen. Der Konkurrent Northrop Grumman hat im September seine Beschäftigten aufgefordert, angesichts der zurückgehenden Nachfrage Abfindungsangebote anzunehmen, um die Personalkosten des Unternehmens zu senken. Und Boeing hat im März sogar in der Ziviljetsparte wegen des Auslaufens von Entwicklungsprogrammen mehr als 2000 Arbeitsplätze gestrichen, rund 800 Mitarbeitern wurde dabei gekündigt.