Erst am Donnerstagmorgen gibt die Stadt Hamburg bekannt, dass der Unterricht ausfällt. Mütter und Väter müssen ihre Kinder kurzfristig abholen.

Hamburg. Für große Verunsicherung und Empörung bei Eltern sowie zum Teil chaotische Zustände an Schulen hat am Donnerstag der Umgang mit Orkan „Xaver“ gesorgt: Da die Schulbehörde erst am Morgen mitteilte, dass Kinder und Jugendliche bis zur Jahrgangsstufe zehn aufgrund des Orkantiefs sofort nach Hause gehen dürfen, fühlten sich viele Familien zu spät und zu schlecht informiert, um auf die Situation zu reagieren. Neben Oppositionspolitikern, die von einer Zumutung für Eltern und Lehrer sprachen, kritisierte die Elternkammer die schlechte Kommunikation der Behörde.

„Ich kann nicht verstehen, warum wir nicht eher informiert worden sind“, sagte Mihriban Cetin. Sie ist die Tante von Serhan, der die erste Klasse der Grundschule Thadenstraße in Altona besucht. „Seine Eltern müssen arbeiten, deshalb musste ich einspringen.“ Zum Glück sei das kein Problem gewesen. Dennoch wirkte sie am Donnerstagvormittag ein wenig genervt. „Hätte die Behörde den Eltern schon am Mittwoch freigestellt, ihr Kind am Tag darauf zu Hause zu betreuen, wäre das Ganze wesentlich unkomplizierter gewesen“, sagte Mihriban Cetin.

Schwierigkeiten bereitete die kurzfristige Mitteilung der Behörde auch Thomas Papenthien, dessen Tochter Greta in die zweite Klasse derselben Schule geht. „Für mich bedeutet es Stress, wenn ich Greta jetzt so kurzfristig abholen muss“, sagte er. Er müsse spätestens um 14 Uhr zum Spätdienst. „Meine Frau kommt aber erst um 15 Uhr von der Arbeit.“ Somit blieb Papenthien nur eine Möglichkeit: „Ich muss meinen Chef anrufen und ihm sagen, dass ich später komme.“

Mit Unverständnis reagierte auch der frühere Grünen-Umweltstaatsrat Christian Maaß, der eine schulpflichtige Tochter hat. „Wie kann es angehen, dass die Schulbehörde anscheinend völlig unvorbereitet auf dieses Wetterereignis reagiert, von dem die ganze Welt seit Montag weiß, dass es auf uns zukommt?“, fragte Maaß. In Niedersachsen sei schon am Mittwochabend entschieden worden, dass die Schule ausfällt. „Es hat sich doch seitdem keine neue Situation ergeben, sondern das Wetter ist so geworden, wie man es gestern prognostiziert hat“, so Maaß.

Behördensprecher Peter Albrecht verteidigte das Abwarten der Schulbehörde. „Es gab am Mittwoch keine konkreten Hinweise des Katastrophenschutzes, die es notwendig machten, schulfrei zu geben“, sagte Albrecht. Für die Hamburger Behörden seien die Fachleute des Katastrophenschutzes maßgeblich, nicht Wetterinstitute. Der Sprecher wies darauf hin, dass sich Eltern angesichts der Gefährdungssituation durch den Orkan entscheiden hätten können, ihr Kind nicht in die Schule zu schicken oder es früher abzuholen. „Das ist dann keine Verletzung der Schulpflicht“, sagte Albrecht. „Vielleicht hätten wir diese Möglichkeit deutlicher kommunizieren müssen.“

Eine andere Informationspolitik der Schulbehörde hätte sich auch die Elternkammer gewünscht. „Das ist alles sehr unglücklich gelaufen“, sagte Gerrit Petrich, Vorsitzender der Elternkammer. Viele Väter und Mütter seien am Donnerstagmorgen sehr unsicher gewesen, ob sie ihr Kind zur Schule schicken müssten oder nicht. „Die Behörde hätte schon am Mittwoch mitteilen müssen, dass die Schulpflicht am Donnerstag freigestellt ist“, sagte Petrich.

„Seit Mittwoch redet ganz Norddeutschland vom Orkan – in Schleswig-Holstein geben die Schulbehörden vorsorglich schulfrei, aber im genauso betroffenen Hamburg verzögert sich das wieder bis zum Donnerstagmorgen“, empörte sich die FDP-Schulexpertin Anna von Treuenfels. Viele Schüler seien gleich wieder nach Hause geschickt worden, viele Eltern hätten sich darauf aber nicht mehr rechtzeitig einstellen können.

Von einer Zumutung für berufstätige Eltern, für Lehrer und Schulleiter sprach auch CDU-Schulpolitikerin Karin Prien. „Die Schulbehörde hat die Situation nicht gut gemanagt. Sie hätte bereits am Mittwochabend informieren müssen“, sagte Prien. Außerdem habe die Website der Schulbehörde, über die sich Eltern informieren, am Donnerstagmorgen zeitweise nicht funktioniert. Dass die Schulbehörde eher reagieren hätte müssen, ist auch die Meinung von Stefanie von Berg, der schulpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Doch immerhin hat die Schulbehörde aus den Vorgängen und der Kritik gelernt. Donnerstagnachmittag um kurz nach 16 Uhr teilte die Behörde nach einer Schaltkonferenz zwischen den norddeutschen Ländern mit, dass heute an allen staatlichen Schulen der Unterricht ausfällt – wie in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und den nördlichen Landkreisen Niedersachsens auch. „An allen schulischen Standorten der Grundschulen, der Klassen 5 bis 10, der Sonderschulen und der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren wird ein Betreuungsangebot gewährleistet“, heißt es in der Mitteilung.

Privatschulen sind an die Entscheidung der Behörde nicht gebunden, können sich aber daran orientieren.